Der Streit um Insulinanaloga für Diabetes-Patienten im „stern“

Am 8. August gab es auf der Internetseite vom „stern“ wieder einmal ein Interview mit dem Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Professor Peter Sawicki. Beinahe jede Woche berichtet das Magazin derzeit über das IQWiG und schlägt dabei mit Wonne auf die Pharmaindustrie ein.

Unter der Überschrift „Die Pillenprüfer“ berichtet die Zeitschrift vor allem über den schweren Start, den das Institut 2004 hatte, seine Lage auf der rechten Seite des Rheins in Köln und den erbitterten „Widerstand der Pharmalobby“, den sich der „arme“ Institutsleiter gefallen lassen muss. Es scheint fast so, als habe sich der „stern“ in Herrn Sawicki verliebt. Wirklich liebevoll und nicht wie von einem unabhängigen Medium erwartet, schildert der „stern“ wie Professor Sawicki in der Dillenburger Straße 27 beinahe wie in einer Trutzburg residiert – mit immerhin rund 60 Mitarbeitern auf vier Stockwerken. Der Redakteur versichert, das als „Sparinstitut“ abgekanzelte IQWiG sei „keine Finanzbehörde“, in der „Excel-Tabellen rauf- und runtergescrollt“ würden.

Doch was heißt es, wenn das IQWiG zu dem Schluss kommt, Insulinanaloga brächten keinen Zusatznutzen für Diabetiker? Weiß Peter Sawicki, der zwar Diabetologe aber kein Diabetiker ist, welchen Nutzen moderne Insuline für Diabetiker wirklich haben? Muss er seinen gewiss stressigen Alltag mit einem Humaninsulin bewältigen? Nein! Und ich wage zu bezweifeln, dass er mit Diabetikern, die im Berufsleben stehen und bald kein Analogon mehr bekommen, von Angesicht zu Angesicht gesprochen hat. Mich hat er jedenfalls nicht gefragt.

„Gegen Sawicki fuhren die Pharmakonzerne schweres Geschütz auf. Sie bangten um ihre Millionenumsätze mit dem teuren Insulin“, heißt es im Artikel weiter. Ja, Insulinanaloga sind teurer als herkömmliches Humaninsulin. Denn ihre Entwicklung, die von Diabetologen gefordert wurde, weil sie ein Insulin wünschten, das der natürlichen Insulinabgabe möglichst nahe kommt, hat viel Geld verschlungen. Das postuliert jedenfalls die Industrie, die den Preis für Analoginsuline vielleicht trotzdem irgendwann senken wird.

Ich selbst, seit mehr als 37 Jahren Typ-1-Diabetikerin, habe von der konventionellen Therapie mit tierischen Insulinen über die intensivierte Therapie bis hin zur Insulinpumpe mit einem Analogon nahezu alle Therapieformen am eigenen Körper erfahren. Dass ich mit einem Humaninsulin meine verantwortungsvollen Tätigkeiten in der Apotheke und für das Diabetes-Portal DiabSite mit der unbedingt notwendigen Konzentration ausüben könnte, glaube ich nicht. Jedenfalls wäre ich dann weniger produktiv. Die immensen Fortschritte, die Diabetiker der pharmazeutischen Industrie verdanken, möchte ich persönlich jedenfalls nicht missen. Ich hoffe, Sie gestatten mir daher diesen persönlichen Kommentar zum Streit um die Insulinanaloga.

Übrigens bin ich weder Mitglied des im Artikel verunglimpften DDB, noch stehe ich in irgendeiner Abhängigkeit zur Pharmaindustrie – ebenso wie die meisten Diabetiker, die sich an Unterschriftenaktionen beteiligen und oft glauben, weil sie alt sind sollen sie bewusst keine optomale Therapie mehr bekommen. Diese Diabetiker haben es nämlich nicht nötig, sich von der Industrie oder sonstigen Institutionen „mobilisieren“ zu lassen, sondern können sehr gut eigene Entscheidungen treffen – auf der Basis ihrer Erfahrungen.