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Diabetes: mehr Arthrose und mehr Risiken beim Knie- und Hüftgelenksersatz
Prädiabetes als unterschätzter Risikofaktor
Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2DM) entwickeln nicht nur häufiger eine Arthrose, sie benötigen auch überdurchschnittlich oft ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk. Gleichzeitig tragen sie ein erhöhtes Risiko für Komplikationen rund um den operativen Eingriff: Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel beeinträchtigt die Wundheilung, fördert Entzündungsprozesse und steigert das Infektionsrisiko - auch schon bei Prädiabetes, der Vorstufe des T2DM. Da ein künstliches Gelenk in der Regel elektiv und damit planbar eingesetzt wird, empfiehlt die AE - Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. Menschen mit Diabetes und weiteren Risikofaktoren, ihre Blutzuckerwerte zu kennen und frühzeitig zu optimieren. Endoprothetik bei Diabetes, Adipositas, Krebs und weiteren chronischen Erkrankungen ist eines der Themen der Online-Pressekonferenz der AE am 2. Dezember 2025 im Vorfeld ihrer 27. Jahrestagung in Berlin.
Typ-2-Diabetes: unabhängiger Risikofaktor für Arthrose und OP-Komplikationen
Menschen mit T2DM haben ein deutlich erhöhtes Risiko, eine Knie- oder Hüftarthrose zu entwickeln - nicht allein aufgrund des häufigen Übergewichts. "Der dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel führt zu Entzündungsprozessen im Körper und schädigt Knorpelzellen im Gelenk" [1], erklärt Priv.-Doz. Dr. med. Stephan Kirschner, Past-Präsident der AE und Direktor der Klinik für Orthopädie in den ViDia Christliche Kliniken Karlsruhe.
Ein schlecht eingestellter Blutzucker erhöht zudem die Komplikationsrate bei Operationen: Hohe Zuckerwerte schwächen die Immunabwehr und beeinträchtigen die Wundheilung und das Risiko für Protheseninfektionen steigt.
Auch Prädiabetes ist ein OP-Risikofaktor - und bleibt häufig unerkannt
In Deutschland leben etwa 8,7 Millionen Menschen mit diagnostiziertem T2DM sowie schätzungsweise zwei Millionen, die nichts von ihrer Erkrankung wissen [2]. Weitere 30 bis 40 Prozent der Erwachsenen sind von Prädiabetes betroffen - erhöhten Blutzuckerwerten unterhalb der Diabetes-Schwelle [3]. Auch hier werden bereits kleine Blutgefäße geschädigt, was die Durchblutung und damit die Wundheilung und Infektabwehr beeinträchtigt. "Viele bemerken das nicht, weil Prädiabetes kaum Symptome verursacht", so Kirschner.
Risikofaktoren für Prädiabetes sind unter anderem familiäre Vorbelastung, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, nicht-alkoholische Fettleber sowie Übergewicht - insbesondere ein ausgeprägtes viszerales Fettdepot im Bauchraum. "Dieses aktive Fettgewebe beeinträchtigt die Insulinwirkung und führt zu chronischen Entzündungen im Körper und den Gelenken", erklärt Kirschner.
Gut vorbereitet in die Operation
Da der Einsatz eines künstlichen Gelenks meist planbar erfolgt, empfiehlt das AE-Komitee "Perioperatives Management“ eine gezielte Vorbereitung von Diabetikern [4]. Grundsätzlich sollten Patienten auf die Operation vorbereitet werden. Die wichtigsten Aspekte sind [5]:
Blutzuckerwerte kennen und senken: angestrebter HbA1c < 7 % (idealerweise < 5,6 %)
Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorab abklären und einstellen
Patient Blood Management (körpereigene Blutreserven stärken, um Bluttransfusionen zu vermeiden oder zu reduzieren) und Anämieabklärung
Möglichst kein Nikotin und Alkohol 6 Wochen vor OP
Mangelernährung erkennen und korrigieren
Moderate körperliche Aktivität und Atemtraining
Entzündungsherde sanieren: zahnärztliche Untersuchung
Gewichtsreduktion, falls möglich
Individuelle OP-Planung: Narkose, Stoffwechselkontrolle, perioperatives Risikomanagement.
"Eine sorgfältige Vorbereitung und die enge Zusammenarbeit zwischen Hausärzten, Orthopäden und Anästhesisten sind entscheidend, um das Risiko für Infektionen und Wundheilungsstörungen zu minimieren", betont Professor Dr. med. Robert Hube, Präsident der AE und Chefarzt der Orthopädischen Chirurgie in München (OCM).
Wenn dies gelingt, steht einem erfolgreichen Eingriff aus Sicht der AE wenig im Wege. "Der Gewinn an schmerzfreier Mobilität durch eine erfolgreiche Endoprothesen-Implantation ist enorm - und regelmäßige Bewegung kann sogar dazu beitragen, einen Prädiabetes oder Typ-2-Diabetes zu verbessern", ergänzt AE-Generalsekretär Professor Dr. med. Georgi Wassilew, Direktor der Klinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie am Universitätsklinikum Greifswald.
Quellen
Veronese N, Cooper C, Reginster JY, Hochberg M, Branco J, Bruyère O, Chapurlat R, Al-Daghri N, Dennison E, Herrero-Beaumont G, Kaux JF, Maheu E, Rizzoli R, Roth R, Rovati LC, Uebelhart D, Vlaskovska M, Scheen A.Semin Arthritis Rheum. 2019 Aug;49(1):9-19: Type 2 diabetes mellitus and osteoarthritis.
Diabetes in Deutschland - Zahlen und Fakten (Abruf am 23.11.2025)
Tamayo T, Schipf S, Meisinger C, Schunk M, Maier W, Herder C, Roden M, Nauck M, Peters A, Völzke H, Rathmann W. Regional differences of undiagnosed type 2 diabetes and prediabetes prevalence are not explained by known risk factors. PLoS One. 2014 Nov 17;9(11):e113154. doi: 10.1371/journal.pone.0113154. PMID: 25402347; PMCID: PMC4234669.
Müller M, Weber P: Orthopädie (Heidelb). 2025 Feb;54(2):129-134: Diabetes mellitus und Endoprothetik - was gibt es zu beachten?
- Weber P, Müller M.: Orthopädie (Heidelb). 2025 Feb;54(2):93-94: Perioperatives Management in der Hüft- und Knieendoprothetik
Bildunterschrift: Knieschiene, oder wie Experten sagen; "Knieorthese".
Bildquelle: www.diabsite.de.
