Das unabhängige Diabetes-Portal DiabSite

Home > Aktuelles > Diabetes-Nachrichten > Archive > 2025 > 250626

Mit Diabetes sicher durch Partynächte und Sommerfeste

Feiern, trinken, lieben - was junge Menschen mit Diabetes wissen sollten

Diabetes Typ 1 bei Kindern früh erkennen. Die Ferienzeit beginnt, Open-Air-Festivals und Sommerpartys locken insbesondere junge Menschen - auch solche mit Typ-1-Diabetes. Doch für Jugendliche mit Diabetes sind Partynächte oft mit vielen Fragen verbunden: Was muss ich tun bei einer Unterzuckerung? Wie wirkt Alkohol auf den Blutzucker? Und was muss beim Geschlechtsverkehr mit Diabetes beachtet werden? Der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD) macht deutlich: Nur wer gut informiert ist, kann Risiken einschätzen und damit umgehen.

Jugendliche mit Diabetes wollen, wie andere Gleichaltrige, am Leben teilnehmen - Partys, Alkohol und Sexualität gehören dazu. "Viele jüngere Menschen mit Diabetes verunsichert ihre Erkrankung jedoch, da sie nicht wissen, wie sie im Nachtleben oder auf Festivals mit möglichen Komplikationen umgehen sollen", sagt Yvonne Häusler, Vorstandsmitglied des VDBD und Diabetesberaterin bei den DRK Kliniken Berlin. In ärztlichen Gesprächen oder im Elternhaus finden sie häufig keine passende Anlaufstelle. Sie selbst haben oft auch Hemmungen, diese Themen proaktiv anzusprechen. "Die Diabetesberatung ist ein geschützter Rahmen, in dem sich junge Menschen öffnen können", ergänzt Gülcan Celen, ebenfalls Diabetesberaterin bei den DRK Kliniken Berlin und VDBD-Mitglied. Beide Expertinnen betonen, dass junge Menschen mit Diabetes unbedingt über Risiken, aber auch Möglichkeiten in diesem Themenfeld aufgeklärt sein sollten.

Lange Nächte, Alkohol und Glukosewerte - was zu beachten ist

Alkohol ist ein Zellgift und der Konsum nicht risikofrei. Bei Menschen mit Diabetes kann er zu starken Blutzuckerschwankungen führen - je nach Getränk und Menge steigt der Blutzuckerwert deutlich an oder fällt gefährlich ab. Besonders riskant ist Alkohol in Kombination mit Insulin oder bestimmten Tabletten: Hier droht eine Unterzuckerung, da Alkohol die Zuckerfreisetzung der Leber hemmt. Gleichzeitig enthalten viele alkoholische Getränke große Mengen Zucker. Deshalb gilt: maßvoll genießen, immer mit einer Mahlzeit kombinieren und den Glukosewert regelmäßig kontrollieren. Außerdem erhöhen Bewegung wie Tanzen und auch wenig Schlaf die Gefahr für gefährliche Unterzuckerungen.

Ein Notfall-Kit gehört in jede Partytasche

"Eine gute Vorbereitung schützt: Vor dem Event sollten Menschen mit Diabetes einen leicht erhöhten Zielwert (Sicherheitswert) haben - so etwa 150 bis 180 mg/dl. Diesen gilt es regelmäßig zu überprüfen. "Bei Jugendlichen, die noch wenig Erfahrung im Umgang mit ihrem Diabetes haben, ist die Gefahr für gefährliche Stoffwechselentgleisungen besonders groß", sagt Häusler. Sie rät daher, niemals ohne Notfall-Kit auf eine Party zu gehen. Dazu gehören schnell wirkende Kohlenhydrate wie Traubenzucker oder Fruchtsaft, bestenfalls ein Glukagon-Notfallset und ein Hinweis auf die Erkrankung - etwa in Form eines Armbands oder einer Notfallkarte im Handy. Eine Einschränkung gibt es allerdings: Das Glukagon-Notfallset ist unter Alkoholeinfluss nicht zuverlässig wirksam, denn bei starkem Alkoholkonsum (und auch bei bestimmten Drogen) kann die Leber in ihrer Funktion beeinträchtigt sein  - insbesondere in der Fähigkeit, Glukose aus ihren Reserven freizusetzen. Da das Glukagon im Notfall-Kit genau diese Glukosefreisetzung triggern soll, kann die Wirkung bei Alkohol- oder Drogenkonsum ausbleiben oder deutlich abgeschwächt sein. In solchen Fällen sollte möglichst frühzeitig der Rettungsdienst (112) alarmiert werden. Angehörige und das Umfeld sollten über diese Einschränkung informiert sein, um richtig zu reagieren.

Um mit einem Diabetes lange Partys unbeschadet zu überstehen, empfehlen Häusler und Celen:

  1. Die Blutzucker senkende Eigenschaft von Alkohol stets im Blick haben.

  2. Kontinuierliches Glukosemonitoring (CGM) verwenden und den Alarm für niedrige Glukosewerte (Hypoglykämiegrenze) nach oben setzen.

  3. Kurzwirksames Insulin bei Mahlzeiten ggf. anpassen.

  4. Bei Insulinpumpen die temporäre Basalrate anpassen oder den Sportmodus nutzen. Sofern das AID[*] angeschaltet ist, den Zielwert ggf. korrigieren.

  5. Basalinsulin reduzieren, um Unterzucker zu vermeiden.

  6. Kurzwirksames Insulin bei Mahlzeiten ggf. anpassen.

  7. Begleitpersonen einbeziehen, sodass sie im Notfall unterstützen können.

Sexualität und Diabetes - ein Thema mit Unsicherheiten

Sex ist körperliche Aktivität - und kann wie Sport den Blutzuckerspiegel senken. Besonders bei insulinpflichtigen Menschen steigt dadurch das Risiko für Unterzuckerungen. Weil Symptome wie Herzrasen oder Schwitzen sowohl auf Lustempfindungen als auch auf eine Unterzuckerung hindeuten können, braucht es ein Bewusstsein dafür und gute Vorbereitung. Dazu gehört: Blutzuckerwerte vor und nach dem Sex überprüfen und kohlenhydrathaltige Snacks bereithalten. "Wichtig ist aber auch eine offene Kommunikation mit dem Partner oder mit der Partnerin über das Thema Diabetes und mögliche Risiken", so Häusler.

Fragen zum Umgang mit Insulinpumpen oder Sensoren bei körperlicher Nähe lassen sich vorab in der Beratung klären. "Es ist wichtig, auf die individuellen Vorlieben der Betroffenen zu schauen: Einigen ist die Insulinpumpe beim Feiern und Flirten unangenehm. Ob sie für einen Abend abgekoppelt werden kann, sollte mit dem Diabetes-Team individuell besprochen werden", führt Celen aus.

Mehr Mut zur offenen Ansprache

Ein Grund für das Schweigen zum Thema Sexualität und Diabetes ist die Berührungsangst und Scham vieler Betroffener. Celen berichtet: "Sobald wir in der Schulung Unterzuckerungen durch Alkohol, lange Nächte und Sex ansprechen, kommen automatisch Fragen und die Aufmerksamkeit ist groß." Die Diabetesberaterinnen Häusler und Celen betonen daher: "Wer Fragen stellt, zeigt Stärke: Offene Gespräche über Partys, Sexualität oder die Folgen von Alkoholkonsum helfen, Risiken zu erkennen und damit umgehen zu können."

Quellen

Ein AID-System (Automatisiert Insulin Delivery) ist ein System, das die Insulinabgabe bei Menschen mit Typ-1-Diabetes automatisch an die jeweils gemessenen Blutzuckerwerte anpasst. Es besteht aus einem rtCGM-System (real-time Continuous Glucose Monitoring) zur kontinuierlichen Glukosemessung, einer Insulinpumpe und einem Algorithmus, der die Insulinabgabe steuert.

Bildunterschrift: Feiern, trinken und lieben mit Diabetes Typ 1.
Bildquelle: Monika Gause für www.diabsite.de.

zuletzt bearbeitet: 26.06.2025 nach oben

Weitere Angebote:

Spendenaufruf Ukraine

Hilfeaufruf Ukraine

Diabetes-Portal DiabSite startet Spendenaufruf für Menschen in der Ukraine.