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Männer und Frauen haben häufig unterschiedlichen Diabetesverlauf

DDG fordert mehr Geschlechtersensibilität in Forschung und Praxis

DDG Vizepräsidentin Professor Dr. Julia Szendrödi aus Heidelberg Frauen mit Diabetes haben nach der Menopause ein um 40 Prozent höheres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden als gleichaltrige Männer. Auch ihr Schlaganfallrisiko ist um 25 Prozent erhöht - diese und andere geschlechtssensible Faktoren sollten in der Diabetesprävention und -diagnostik berücksichtigt werden. Das betonte die DDG anlässlich des Diabetes Kongresses 2025, der hybrid vom 28. bis zum 31. Mai 2025 in Berlin und online stattfand. Auch der Umgang mit Gesundheit, die Wahrnehmung von Symptomen und das Ansprechen auf Medikamente variieren zwischen Männern und Frauen deutlich - mit direkten Folgen für den Verlauf einer Diabeteserkrankung. Professor Dr. Julia Szendrödi, Präsidentin der DDG, stellte auf der Kongress-Pressekonferenz am Freitag, den 30. Mai 2025, neueste Erkenntnisse dazu vor, wie eine geschlechtersensible Diabetologie konkret aussehen kann.

Frauen mit Diabetes sind nach der Menopause deutlich stärker gefährdet, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Neben den bekannten Risikofaktoren wie Blutzucker- und Fettstoffwechselstörungen spielen hormonelle Veränderungen und psychosoziale Belastungen eine zentrale Rolle. "Männer und Frauen unterscheiden sich nicht nur biologisch - auch ihre Lebensrealität, ihr Gesundheitsverhalten und ihr Zugang zur Versorgung sind verschieden. Diese Unterschiede müssen wir ernst nehmen", erklärte Professor Dr. Julia Szendrödi, Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und Ärztliche Direktorin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie des Universitätsklinikums Heidelberg. "Nur wenn wir das Geschlecht als medizinischen Einflussfaktor anerkennen, können wir Menschen mit Diabetes bedarfsgerecht behandeln."

Unsichtbare Belastung - strukturelle Benachteiligung

Viele Frauen tragen nach wie vor die Hauptverantwortung für Kinderbetreuung und Pflege - zusätzlich zu beruflichen Anforderungen. Gleichzeitig verfügen sie über geringere finanzielle Mittel, haben seltener Zugang zu höherer Bildung und erleben häufiger strukturelle Hürden im Gesundheitssystem. Diese sozialen Faktoren beeinflussen den Krankheitsverlauf und können eine rechtzeitige Diagnostik oder effektive Therapie erschweren. "Frauen nehmen sich häufig selbst zuletzt wahr", bedauert die Diabetologin. "Das muss sich ändern!" Ein weiterer Aspekt ist die Unterrepräsentation von Frauen in klinischen Studien. Prämenopausale Frauen werden häufig ausgeschlossen, obwohl der Menstruationszyklus nachweislich die Insulinempfindlichkeit beeinflusst. Zwei Drittel aller Frauen mit Diabetes erleben in der zweiten Zyklushälfte eine verminderte Wirksamkeit der Insulinbehandlung. In der Menopause selbst verschärfen Bauchfettzunahme und Insulinresistenz die Stoffwechsellage.

Männer sind häufiger weniger therapietreu als Frauen

Auch bei Männern zeigt sich Handlungsbedarf. Sie weisen häufiger eine mangelnde Therapietreue auf, besonders bei Begleiterkrankungen wie Krebs. Dennoch wird ihr Therapieansprechen oft als Standard angenommen. Auch die unterschiedlichen Auswirkungen von Medikamenten zwischen den Geschlechtern fließen bislang nur selten in Studien und Leitlinien ein.
"Das Ergebnis ist eine Medizin, die beiden Geschlechtern nicht gerecht wird", so Szendrödi. "Eine moderne Diabetologie muss differenzieren - nicht pauschalisieren."

Die DDG fordert, geschlechtsspezifische Unterschiede konsequent in allen Bereichen der Diabetologie zu berücksichtigen - in der klinischen Forschung ebenso wie in der Versorgung. Dazu zählen:

Diabetologie der Zukunft: datengestützt, differenziert und gerecht

"Um Versorgung und Forschung zukunftsfähig zu gestalten, brauchen wir eine Medizin, die geschlechtsspezifische Unterschiede systematisch erfasst, auswertet und in klinische Entscheidungen überträgt", so Szendrödi. "Das erfordert die Verankerung gendersensibler Standards in Studien, die Berücksichtigung hormoneller Lebensphasen und sozialer Rahmenbedingungen sowie gezielte Fortbildungsangebote für alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen."

Bildunterschrift: Professor Dr. Julia Szendrödi, Präsidentin der DDG.
Bildquelle: www.diabsite.de

zuletzt bearbeitet: 03.06.2025 nach oben

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