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Diabetesversorgung heute und morgen

Expertenstatement von Professor Dr. med. Andreas Neu, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Kommissarischer Ärztlicher Direktor an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Tübingen, im Rahmen der Jahrespressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) am 18. Mai 2022, online.

Diabetologische Aus- und Weiterbildung stärken statt schwächen!

Professor Dr. med. Andreas Neu. In Deutschland leben derzeit acht Millionen Menschen mit Diabetes. In wenigen Jahren - so unsere Hochrechnungen - werden es 12 Millionen sein. Manche dieser Menschen erkranken im fortgeschrittenen Lebensalter, wie dies üblicherweise beim Typ-2-Diabetes der Fall ist, andere erkranken bereits in der frühen Kindheit (Typ 1) und werden ein Leben lang von dieser Erkrankung begleitet.

Chronische Erkrankungen erfordern eine chronische Betreuung. Oder anders ausgedrückt: Chronisch Betroffene brauchen eine chronische Behandlung! Die Diabetologie ist ein Fachgebiet, von dem während des Studiums nur wenige Grundlagen vermittelt werden. Viele Kenntnisse auf diesem Gebiet lassen sich nur durch praktische Erfahrung erwerben. Das heißt, Studierende oder junge Ärztinnen und Ärzte brauchen den Kontakt zu Menschen mit Diabetes während ihres Studiums oder ihrer Weiterbildung. Für die Aus- und Weiterbildung impliziert dies zwei Dinge:

  1. Wir brauchen diabetologische Fachabteilungen und diabetologische Expertise an allen Häusern der Maximalversorgung, in der Regel sind das universitäre Häuser oder akademische Lehrkrankenhäuser.

  2. Wir brauchen Lehrende, die diese Kenntnisse vermitteln, also Lehrstühle an allen Medizinischen Fakultäten mit entsprechender fachlicher Ausrichtung.

Noch vor wenigen Jahren waren endokrinologisch/diabetologische Lehrstühle breit über die Bundesrepublik Deutschland verteilt. Inzwischen finden sich solche Lehrstühle nur noch sporadisch. Sparmaßnahmen, aber auch neue Schwerpunktsetzungen haben dazu geführt, dass die diabetologische Ausbildung ausgedünnt wurde, und dies trotz wachsenden Bedarfs. Zahlreiche Diabetologinnen und Diabetologen in Klinik und Praxis werden in den kommenden Jahren altersbedingt ihre Tätigkeit aufgeben. Die Zahl der nachfolgenden jungen Kolleginnen und Kollegen deckt diese Lücke nicht.

Wir als Fachgesellschaft, die Deutsche Diabetes Gesellschaft, haben dieses Problem längst erkannt und versuchen deshalb, dieser Entwicklung gegenzusteuern und junge, angehende Medizinerinnen und Mediziner für die Diabetologie zu gewinnen: Bereits während des Studiums fördern wir die Beschäftigung mit der Diabetologie im Rahmen einer Dissertationsarbeit durch unser Promotionsförderprogramm. Bei unseren Kongressen sind Studierende oder junge Medizinerinnen und Mediziner als Stipendiatinnen und Stipendiaten in unserem Nachwuchsprogramm willkommen. Ein entsprechendes Mentoring haben wir seit etlichen Jahren etabliert. Nicht zuletzt deshalb begegnen Ihnen auf diesem Kongress neben etablierten, langjährig erfahrenen Diabetologinnen und Diabetologen auch viele junge Gesichter.

Dennoch reichen solche flankierenden Maßnahmen nicht aus. Auch gesundheitspolitisch muss dem wachsenden Versorgungsbedarf Rechnung getragen werden. Erhalt und Ausbau der Fachabteilungen, Erhalt und Ausbau der Lehrstühle sind zentrale Forderungen auf unserer politischen Agenda. Wir werden nicht müde, diese Forderungen an die Öffentlichkeit und die Politik heranzutragen. Denn eines ist sicher: 12 Millionen Menschen mit Diabetes sind auch 12 Millionen zukünftige Wähler.

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Bildunterschrift: Professor Dr. med. Andreas Neu
Bildquelle: www.DiabSite.de

zuletzt bearbeitet: 28.05.2022 nach oben

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