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Leben retten
Adipositas und Diabetes Typ 2 wirksam vorbeugen
COVID-19 steht seit Beginn der Coronapandemie als übertragbare Krankheit im Fokus der Öffentlichkeit. Nicht mit gleicher Geschwindigkeit, doch schleichend und stetig nimmt die Zahl der Menschen mit Adipositas, einer nichtübertragbaren Erkrankung zu. Weltweit hat etwa ein Drittel der Bevölkerung Übergewicht oder Adipositas. Circa 2,8 Millionen Menschen sterben jährlich an den Folgen von Übergewicht und Adipositas.[1] Auch das Risiko für einen schwerwiegenden COVID-19-Verlauf ist bei Menschen mit Adipositas erhöht.
Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) fordern deshalb mehr Prävention für nichtübertragbare Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes Typ 2. Welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, erläutern Experten beider Fachgesellschaften bei einer Online-Pressekonferenz, die im Vorfeld der Diabetes Herbsttagung stattfindet.
In Deutschland sind etwa zwei Drittel der Männer und Frauen von Übergewicht und etwa ein Viertel von Adipositas betroffen, Tendenz steigend. Während der Corona-Pandemie hat sich dieser Trend sogar noch verstärkt: 39 Prozent der Deutschen haben im Durchschnitt 5,6 Kilo zugenommen, bei Menschen mit Adipositas waren es sogar 7,2 Kilogramm.[2] "Adipositas geht mit einem hohen Leidensdruck einher. Die Betroffenen sind tagtäglich Stigmatisierung und Diskriminierung ausgesetzt, zum Beispiel in der Familie, am Arbeitsplatz, in den Medien aber auch im Gesundheitssystem", sagt Professor Dr. med. Sebastian M. Meyhöfer, Tagungspräsident der DAG. "Die Therapie der Adipositas ist zudem langwierig und nicht immer finden die Betroffenen adäquate Hilfe in Form einer wissenschaftlich fundierten und individuell angepassten Behandlung, um dauerhaft Gewicht zu reduzieren“, ergänzt der Leiter der Abteilung Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel der Medizinischen Klinik 1 am UKSH - Campus Lübeck.
Menschen mit Adipositas leiden zudem unter vielen körperlichen Folgen. So haben Betroffene ein besonders hohes Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. "Sie haben sechs- bis zehnmal so häufig Typ-2-Diabetes wie Normalgewichtige", so Meyhöfer. Adipositas ist zudem Mitverursacher für gesundheitliche Folgen wie Fettleber, Bluthochdruck oder Herz- und Gefäßerkrankungen sowie Risikofaktor für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Infektion. Adipositas verkürzt je nach Schweregrad das Leben um bis zu zehn Jahre.[3] Die DAG und DDG machen schon seit Langem darauf aufmerksam, dass sich viele dieser frühzeitigen Todesfälle durch verhältnispräventive Maßnahmen verhindern ließen.
Maßnahmen wie eine Besteuerung ungesunder Lebensmittel, verbindliche Qualitätsstandards für die Kita- und Schulverpflegung oder ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel und Getränke sind aus Sicht der Fachgesellschaften ein wichtiger Schritt zur Eindämmung der Adipositas. "Außerdem braucht es ein strukturiertes Behandlungsprogramm zur Behandlung der Adipositas", sagt Professor Dr. med. Jens Aberle, designierter Präsident und Vizepräsident der DAG. Im Rahmen eines solchen Disease Management Programms (DMP) Adipositas hätten Betroffene die Möglichkeit einer kontinuierlichen, strukturierten, qualitätsgesicherten Versorgung und Behandlung in einem multimodalen- und multiprofessionellen Behandlungssetting über alle Sektoren der Versorgung im Gesundheitssystem hinweg. "Ein solches DMP würde die Versorgung von Menschen mit Adipositas deutlich verbessern und damit die Zahl der Neuerkrankungen an Diabetes Typ 2 reduzieren", ergänzt Aberle.
Welche präventiven Maßnahmen es braucht, um das Voranschreiten der Adipositas- und Diabetes-Pandemie aufzuhalten, diskutieren Experten der DAG und DDG bei der Vorab-Pressekonferenz der Diabetes Herbsttagung, die am 27. Oktober online stattfindet.
Quellen
Robert Koch-Institut 2014, Studie DEGS1, Erhebung 2008-2011.
Krankheitsbild der Adipositas,Ursachen und Risikofaktoren der Adipositas. Kap. 1.4, in: KleinS, Krupka SD, Behrendt S, Pulst A, Bleß H: Weißbuch Adipositas. Versorgungssituation in Deutschland. MMV Berlin (2016)
Bildunterschrift: Prof. Dr. med. Jens Aberle, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie.
Bildquelle: www.DiabSite.de