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Bestandsaufnahme
Robert-Koch-Institut trägt Diabetes-Zahlen zusammen
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat im "Journal of Health Monitoring' neue Daten zu verschiedenen Krankheitsbildern präsentiert. Ein sogenannter Focus-Beitrag befasst sich auch mit Diabetes mellitus. Basierend auf einer umfassenden Literaturrecherche erhoben die Autorinnen und machen sich für eine systematische Datensammlung in der Zukunft stark.
Für die wissenschaftliche und politische Einordnung des Diabetes mellitus ist eine solide Datengrundlage unerlässlich. Das RKI hat nun entsprechende Studien zusammengefasst. Dabei untersuchten die Autorinnen die Häufigkeit des Vorliegens (Prävalenz), die Häufigkeit von Neuerkrankungen (Inzidenz) und Sterblichkeit (Mortalität) des Diabetes bei Erwachsenen in Deutschland. Sie unterschieden dabei nach bekanntem und unerkanntem Diabetes, jedoch nicht zwischen einzelnen Diabetes-Typen.
Während noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für Europa Diabeteshäufigkeiten von meist deutlich unter einem Prozent angenommen wurden, gelte Diabetes in Deutschland seit den 1960er Jahren aufgrund der beobachteten deutlichen Zunahme als Volkskrankheit, heißt es in dem Bericht. Gegenwärtig habe die Diabetesprävalenz weltweit eine alarmierende Größenordnung angenommen, was sogar zur Formulierung des Begriffs "Diabetes-Pandemie" geführt habe.
Aktuelle bundesweite Schätzungen zur Häufigkeit von Diabetes ergaben Werte von 7,2 Prozent (aus Untersuchungsbefragungen des RKI bei 18- bis 79-Jährigen) über 8,9 Prozent (RKI-Telefonumfrage bei 18-Jährigen und Älteren) bis hin zu 9,9 Prozent (Daten gesetzlich Krankenversicherter aller Altersgruppen). Auch die Zahl der Neuerkrankungen bei den 18- bis 79-Jährigen steigt dem Bericht zufolge und liegt laut RKI aktuell bei rund 442.000 neuen Fällen pro Jahr in dieser Altersgruppe.
Alles nur Definitionssache?
Gründe für den Anstieg sind zum einen eine verbesserte Diabetes-Früherkennung, durch erhöhte Aufmerksamkeit von ärztlicher Seite und häufigere Messungen, beispielsweise des Zuckers im Urin. Aber auch die diagnostischen Kriterien wurden verschärft: Während Ärzte heute bereits ab einem Nüchtern-Glukose-Wert von 126 mg/dl von Diabetes sprechen, musste nach Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO der Wert im Jahr 1980 mindestens bei 145 mg/dl liegen.
Außerdem spielen veränderte Verhaltensweisen wie Ernährungsgewohnheiten, körperliche Aktivität, Veränderungen des Körpergewichts sowie auch wirtschaftliche und soziale und umweltbedingte Faktoren eine Rolle.
Gute Nachrichten gibt es laut RKI hinsichtlich der Sterblichkeit: Hier sei die Datenlage zwar unbefriedigend, es zeichne sich aber bei Menschen mit Diabetes über die letzten Jahrzehnte ein Rückgang des Sterberisikos (verglichen mit Menschen ohne Diabetes) ab. Dies sei auf ein verbessertes Diabetesmanagement zurückzuführen, stehe aber auch mit der allgemein gestiegenen Lebenserwartung in Zusammenhang.
Beim unerkannten Diabetes können die Autorinnen aufgrund der begrenzten Datenlage und unterschiedlicher Definitionskriterien derzeit keine Aussagen über Trends hinsichtlich Prävalenz, Inzidenz und Mortalität machen.
Forschung braucht valide Daten
Für eine verlässliche Beurteilung der epidemiologischen Entwicklung des Diabetes in Deutschland seien ein Ausbau bestehender Ansätze sowie eine verbesserte Zugänglichkeit zu vorhandenen Sekundärdatenquellen notwendig, so die Autorinnen. Tatsächlich werde am RKI derzeit eine sogenannte Nationale Diabetes-Surveillance aufgebaut: Das Forschungsprojekt erstreckt sich über einen Zeitraum von vier Jahren. Es wird durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert. Ziel ist es eine regelmäßige Diabetesberichterstattung basierend auf Verknüpfungen zahlreicher Daten auf Bundes- und Landesebene.
Quelle: Heidemann, C. & Scheidt-Nave, C.: Prävalenz, Inzidenz und Mortalität von Diabetes mellitus bei Erwachsenen in Deutschland - Bestandsaufnahme zur Diabetes-Surveillance (ab Seite 105). In: Journal of Health Monitoring, 2017, DOI: 10.17886/RKI-GBE-2017-050