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Daddeln für den Blutzucker
Nachricht aus der Diabetesforschung
Über ein Smartphone lassen sich Zellen dazu bringen, Insulin auszuschütten. Das berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Magazin 'Science Translational Medicine'. In diabetischen Mäusen konnten sie so den Blutzucker über WLAN stabilisieren.
"Medizin der Zukunft" heißt die Auftaktfolge unserer Videoreihe rund um die Diabetesforschung. Ob der folgende Ansatz künftig auch eine Rolle in der Praxis spielen wird, bleibt abzuwarten. Spektakulär klingt er aber allemal.
Forscher im chinesischen Shanghai haben Zellen so verändert, dass sie auf Licht nahe dem Infrarotbereich reagieren, so genanntes far-red light (FRL). Werden sie damit bestrahlt, beginnen sie das Blutzucker senkende Hormon Insulin zu produzieren und auszuschütten.
In einem nächsten Schritt betteten die Forscher diese Zellen zusammen mit einer entsprechenden LED-Lichtquelle in eine Hydrogel-Kapsel ein und implantierten sie diabetischen Mäusen. Über eine App am Smartphone konnten sie nun die Lichtdauer und -stärke kontrollieren und so über die Insulinausschüttung der Zellen den Blutzucker der Mäuse steuern. Dieses Prinzip konnten sie über mehrere Wochen aufrechterhalten.
In einem weiteren Versuch koppelten die Forscher die Aktivität der Insulin produzierenden Zellen per Smartphone an ein Blutzuckermessgerät, was die Werte der behandelten Mäuse per Bluetooth übermittelte. So passte die App die Insulinausschüttung an den Blutzuckerwert an. Das Ergebnis ist ein sogenannter halbautomatischer Closed-Loop, also ein geschlossener Regelkreis, der aber durch die Messung angestoßen werden muss.
Neben jenen Zellen, die Insulin produzieren, konnten die Wissenschaftler auch solche entwickeln, die das Darmhormon GLP-1 herstellen - ebenfalls eine Stellschraube im Zuckerstoffwechsel und ein möglicher Ansatzpunkt für Therapien.
Der Schlüssel zu dieser neuen Technologie war den Autoren zufolge die Kombination verschiedener Fachbereiche wie Elektroingenieurswesen, Softwareentwicklung und synthetische Biologie. Gerade der Bereich der Optogenetik, also das An- und Abschalten von Genen durch Licht bestimmter Wellenlänge wird immer wieder im medizinischen Kontext verwendet.
Derzeit werden in Deutschland mehr als 40.000 Menschen mit Diabetes mit einer Insulinpumpe behandelt. Aktuelle Bestrebungen versuchen die Steuerung des Blutzuckers zu automatisieren. Die hier gezeigte Studie verbindet das Prinzip der klassisch technischen Closed-Loop-Systeme mit dem des Bioreaktors. Inwieweit sie aber für menschliche Patienten geeignet ist, muss sich erst noch zeigen.
Quellen
Shao, J. et al.: Smartphone-controlled optogenetically engineered cells enable semiautomatic glucose homeostasis in diabetic mice. In: Science Translational Medicine, DOI: 10.1126/scitranslmed.aal2298
medicalxpress.com: Using a smartphone and engineered cells to control diabetes in mice.. Artikel vom 27. April 2017 (mit Video)