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Typ-1-Diabetes
Teilnehmerzahl für Fr1da-Insulin-Interventions-Studie erhöht
Fr1da, Fr1dolin, Freder1k - diese neuen Reihenuntersuchungen zur Früherkennung von Typ-1-Diabetes in Bayern, Niedersachsen und Sachsen haben eines gemeinsam: Sie sollen Kinder erkennen, bei denen ein hohes Erkrankungsrisiko oder bereits ein asymptomatisches Frühstadium der Autoimmunerkrankung vorliegt. Ergänzend zu diesen Screening-Projekten bietet das Institut für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München, Kindern mit einem Frühstadium des Typ-1-Diabetes die Teilnahme an einer Studie zur Prävention der klinischen Erkrankung an. Die Teilnehmerzahl dieser "Fr1da-Insulin-Interventions-Studie" wurde jetzt von 62 auf 220 erhöht.
Neun von zehn Kindern, die einen Diabetes entwickeln, haben keinen Angehörigen mit Typ-1-Diabetes. Durch die Messung von diabetesspezifischen Autoantikörpern lässt sich die Erkrankung aber vorhersagen beziehungsweise früh erkennen. Zu diesem Zweck wurde im Jahr 2015 in Bayern die erste bevölkerungsweite Früherkennungsuntersuchung für Typ 1 Diabetes, die Fr1da-Studie[1], initiiert. Bei etwa vier von 1000 der in Fr1da untersuchten Zwei- bis Fünfjährigen liegt ein Frühstadium des Typ-1-Diabetes vor. "Diese Diagnose kann bereits gestellt werden, ohne dass klinische Symptome vorliegen, wenn im Blut mehrere diabetesspezifische Autoantikörper nachweisbar sind", sagt PD Dr. Peter Achenbach vom Institut für Diabetesforschung.
Das Immunsystem hochdosiert mit oralem Insulin konfrontieren
Um Kindern mit einem Frühstadium des Typ-1-Diabetes eine frühe Behandlungsmöglichkeit zu bieten, haben die Initiatoren des bayerischen Pilotprojektes Fr1da, das Institut für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München, im Jahr 2016 die Fr1da-Insulin-Interventions-Studie ins Leben gerufen. Die Studienteilnehmer nehmen täglich Insulinpulver oder ein Placebopulver ein. Ähnlich wie bei einer Desensibilisierung, soll das Immunsystem über den Magen-Darm-Trakt mit dem Insulin konfrontiert und dadurch eine schützende, insulinspezifische regulative Immunantwort hervorgerufen werden. Dies hätte bestenfalls zur Folge, dass die Entstehung des klinisch-symptomatischen Typ-1-Diabetes verhindert werden könnte. In einer Pilotstudie (Pre-POINT-Studie[*]) verlief eine präventive Behandlung mit oralem Insulin bei Kindern ohne diabetesspezifische Autoantikörper erfolgversprechend.
Das Forscherteam um Professor Anette-Gabriele Ziegler hat jetzt die Teilnehmerzahl der Fr1da-Insulin-Interventions-Studie von 62 auf 220 Probanden erhöht. Die ursprünglich vorgesehene Teilnehmerzahl wurde bereits im ersten Studienjahr erreicht. "Die Aufstockung ermöglicht uns nun zu prüfen, ob eine durch die Behandlung ausgelöste insulinspezifische regulative Immunantwort das Fortschreiten der Erkrankung verhindert beziehungsweise vor dem Auftreten einer gestörten Glukosetoleranz[2] und einem klinischen Diabetes schützt", kommentiert Ziegler die Entscheidung für die Erhöhung der Teilnehmerzahl.
Voraussetzungen für eine Teilnahme
An der Fr1da-Insulin-Interventions-Studie können Kinder teilnehmen im Alter von zwei bis zwölf Jahren, die mehrere diabetesspezifische Autoantikörper und normale Blutzuckerwerte aufweisen. So können zum Beispiel gegebenenfalls auch ältere Geschwister von Kindern aus der Fr1da-Studie sowie Kinder aus Familien der Freder1k-Studie[3] oder der Fr1dolin-Studie[4] teilnehmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob bereits ein Familienmitglied an Typ-1-Diabetes erkrankt ist oder nicht. Die Studie wird voraussichtlich noch bis Mitte 2018 laufen.
Hintergrund
Die Fr1da-Studie ist die weltweit erste bevölkerungsweite Früherkennungsuntersuchung für Typ-1-Diabetes. Die Fr1da-Studie richtet sich an alle bayerischen Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren. Sie wurde 2015 unter der Schirmherrschaft der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml und unter Beteiligung der bayerischen Kinderärzte gestartet. Sind mehrere körpereigene diabetesspezifische Antikörper vorhanden, liegt ein Typ-1-Diabetes im Frühstadium vor. Unterstützt wird die Fr1da-Studie mit Fördermitteln von der JDRF, der LifeScience-Stiftung, dem Bayerischen Gesundheitsministerium, der Deutschen Diabetes Hilfe, der B. Braun Stiftung, den BKK Betriebskrankenkassen und der Deutschen Diabetes-Stiftung.
Unter einer "gestörten Glukosetoleranz" versteht man auffällig erhöhte Blutzuckerwerte beim Zwei-Stundenwert im oralen Glukosetoleranztest (OGTT) im Bereich von 140 bis 200 mg/dl.
In der sächsischen Freder1k-Studie werden Neugeborene auf Diabetes-Risikogene getestet. Koordiniert wird die Studie durch das Center for Regenerative Therapies (CRTD) der TU Dresden in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, dem Universitätsklinikum Leipzig und weiteren teilnehmenden Kliniken sowie dem Institut für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München.
Bei der Fr1dolin-Studie werden Zwei- bis Sechsjährige aus Niedersachsen auf zwei Erkrankungen getestet: Neben dem Frühstadium des Typ-1-Diabetes wird hier zusätzlich das Vorliegen einer familiären Hypercholesterinämie abgeklärt. Koordiniert wird die Studie durch das Diabeteszentrum im Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf der BULT in Hannover in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Psychologie der Medizinischen Hochschule Hannover sowie dem Institut für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum in München.
* Grundlagen-Publikation zur Pre-POINT Studie:
Ezio Bonifacio, PhD; Anette-G. Ziegler, MD; Georgeanna Klingensmith, MD; Edith Schober, MD; Polly J. Bingley, MD; Marietta Rottenkolber,
Dipl Stat; Anke Theil, PhD; Anne Eugster, PhD; Ramona Puff, PhD; Claudia Peplow, Dipl EocTroph; Florian Buettner, PhD; Karin Lange, PhD; Jörg Hasford, MD; Peter Achenbach, MD; for the Pre-POINT Study Group: Effects of High-Dose Oral Insulin on Immune Responses in Children at High Risk for Type 1 Diabetes. The Pre-POINT Randomized Clinical Trial. JAMA. 2015; 313(15):1-10. doi:10.1001/jama.2015.2928
Bildunterschrift: Insulinpulver soll bei Kindern mit einem Frühstadium des Typ-1-Diabetes die Entstehung der klinisch-symptomatischen Erkrankung verhindern.
Bildquelle: Institut für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München