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Irisin, ein stoffwechselaktives Hormon aus dem Muskel

Widersprüchliche Resultate und Zweifel

Aktuelle Studien vorgestellt und kommentiert von Prof. Helmut Schatz

In Irisin wurden große Hoffnungen für die Behandlung von Übergewicht und Diabetes gesetzt. Nach seiner Erstbeschreibung durch Boström et al. in Nature wurde im DGE-Blog am 17. März 2012 darüber berichtet. Jetzt erscheint eine umfassende, kritische Übersichtsarbeit von Sanchis-Gomar et al., welche zeigt, wie widersprüchlich, teilweise sogar entgegengesetzt die vorliegenden Publikationen über zirkulierende Irisin-Spiegel sind.

So wurden sowohl positive als auch negative Korrelationen des Irisinspiegels mit dem Body-Mass-Index (BMI) beschrieben. Mehrere Autoren fanden, dass körperliches Training beim Menschen die zirkulierenden Irisin-Spiegel nicht veränderte, andere wieder initiale Irisin-Anstiege. Einer der Gründe für die Widersprüche wird in Unterschieden der drei kommerziellen Bestimmungsansätze nach der ELISA-Technik der Firmen Aviscera, Phoenix und Adipogen gesehen. In den Studien schwankten die Meßergebnisse von 24 picogramm/ml bis zu 2 microgramm/ml, einer für ein Hormon sehr großen Konzentration.

Kommentar

Die heute erhältlichen Irisin-Bestimmungsansätze, vor allem die verwendeten Antikörper, müssen dringend validiert werden. Bis dahin sollten die erzielten Ergebnisse nur mit Zurückhaltung betrachtet werden. Erickson stellt auch die Resultate und Schlussfolgerungen der Erstbeschreiber in Frage, da diese ein verkürztes rekombinantes Irisin/FNDC5-Peptid verwendeten, mit dem sie in der Zellkultur die Umwandlung von weissen in braune Fettzellen fanden. Sanchis-Gomar et al. empfehlen zu prüfen, ob

  1. Irisin-Spiegel wirklich mit dem BMI assoziiert sind,
  2. ob Irisin mit anderen biologischen Variablen korreliert,
  3. die beobachteten Differenzen durch Unterschiede in der geprüften Population oder methodisch bedingt sind,
  4. ob es Unterschiede bei Messungen in Plasma und im Serum gibt,
  5. ob die Irisin-ELISA -Assays wirklich zirkulierendes Irisin oder nur kreuzreagierende Antigene erfassen, und schließlich
  6. ob Irisin (als Hormon, Anmerkung des Kommentators) wirklich existiert.

Literatur

  • P. Boström et al.: A PGC1-alpha-dependent myokine that drives brown-fat-like development of white fat and thermogenesis. Nature 2012. 481: 463-468

  • H. Schatz: Irisin, ein neues Hormon aus dem Muskel zur Behandlung von Übergewicht und Zuckerstoffwechselstörungen? Beitrag im DGE-Blog vom 17. März 2012

  • F. Sanchis-Gomar et al.: Inconsistency in circulating irisin levels: what is really happening? Horm. Metab. Res. 2014. 46: 591-596

  • H.P. Erickson: Irisin and FNDC5 in retrospect: An exercise hormone or a transmembrane receptor? Adipocyte 2013. 2: 289-293

zuletzt bearbeitet: 08.08.2014 nach oben

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