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Diagnostica-Verband: Diabetiker brauchen Blutzuckerselbstmessung

Selbstverwaltung auf Irrweg

Klare Belege werden nicht akzeptiert

Mit Unverständnis hat der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) in seiner heute (20.) eingereichten Stellungnahme auf den Beschlussvorschlag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) reagiert, wonach die Blutzuckerteststreifen bei nicht insulinpflichtigen Typ-2-Diabetikern nicht mehr von der GKV erstattet werden sollen. Der Beschluss ignoriere die vorliegenden Nutzennachweise, so VDGH-Geschäftsführer Dr. Martin Walger in Berlin.

Walger kritisierte, ein entsprechender Beschluss des G-BA würde allen Anstrengungen zuwiderlaufen, die Eigenverantwortung und das Selbstmanagement der Patienten zu stärken. Ein pauschaler Verordnungsausschluss wäre für die betroffenen Patienten ein erheblicher Rückschritt. Offensichtlich meine es die Selbstverwaltung nicht ernst mit Prävention und Eigenverantwortung sowie ihrer jüngsten Ankündigung, eine höhere Versorgungsorientierung anzustreben. "Gerade beim Diabetes braucht es den informierten, selbstbestimmten Patienten, der seinen Lebensstil - am besten schon im Frühstadium der Erkrankung - ändert, um teure Folgeerkrankungen zu vermeiden", so Walger. Dies wäre ohne regelmäßige Selbstkontrolle des Blutzuckers nicht mehr möglich.

Bedenklich sei es auch, dass die mit dem Wegfall der Blutzuckerselbstmessung verbundenen Risiken nicht adäquat berücksichtigt werden. So bestehen beispielsweise im Straßenverkehr erhebliche Gefährdungen durch Hypoglykämien (Unterzuckerung), wenn Diabetiker ihren Blutzucker nicht mehr bestimmen. Auch nicht insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker müssen in vielen Fällen ihre Fahreignung mittels Blutzuckerselbstmessung überprüfen. Dies gilt z. B. für LKW- oder Busfahrer. Unabhängig von den Risiken müsse chronisch Kranken nach den geltenden Bestimmungen des Sozialgesetzbuches die soziale Teilhabe individualisiert ermöglicht werden. Hier darf nach Auffassung des VDGH schon aus rechtlichen Gründen kein genereller Ausschluss der Verordnung von Blutzuckerteststreifen beschlossen werden.

Der VDGH kritisiert ferner, dass sowohl IQWiG als auch G-BA den Besonderheiten der Blutzuckerselbstmessung in ihren Bewertungsverfahren nicht Rechnung tragen. Die Selbstmessung sei kein Arzneimittel und entfalte im Gegensatz zu diesen keine unmittelbare Wirkung. Sie liefere vielmehr eine Information, aus der der Betroffene und der behandelnde Arzt entsprechende Konsequenzen (Lebensstiländerung, Therapieanpassungen) ziehen müssen.

Außerdem müsse die Blutzuckerselbstmessung in Schulungs- und/oder Behandlungsprogramme eingebettet sein und im Alltag entsprechend der individuellen Patientensituation angewendet werden, um ihre volle Wirkung entfalten zu können. Daher sei der vom IQWiG gewählte methodische Ansatz - die Konzentration auf sogenannte randomisierte kontrollierte Studien - nicht angemessen. Die falsche Methodenwahl setze sich bei der Wahl der Beratungsgremien im IQWiG und im G-BA fort. Mit dem Beschlussvorschlag verstoße der G-BA damit gegen seine eigene, für ihn bindende Verfahrensordnung.

"Jetzt liegt der Ball wieder beim Gemeinsamen Bundesausschuss. Wir erwarten, dass sich der G-BA den fachlich fundierten Argumenten des VDGH nicht verschließt", so Walger. Die Beschlussvorlage müsse geändert und die Verordnungsfähigkeit von Blutzuckerteststreifen auch für nicht mit Insulin behandelte Patienten erhalten bleiben.

Der Verband weist darauf hin, dass von einem etwaigen Beschluss nur nicht-insulinpflichtige Diabetiker betroffen wären. Die Bedeutung der Blutzuckerselbstmessung bei insulinpflichtigen Diabetikern wird nicht in Zweifel gezogen. Sie ist bei Ärzten und Wissenschaftlern seit langem anerkannt.

zuletzt bearbeitet: 20.04.2010 nach oben

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