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Typ-1-Diabetes

Körperliche Aktivität und nächtliche Unterzuckerungen

Der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität tagsüber und dem Auftreten von Unterzuckerungen in der Nacht war Gegenstand einer Studie an drei Schweizer Diabeteszentren. Trotz des "Hypo"-Risikos ist sportliche Bewegung auch für Menschen mit Typ-1-Diabetes wichtig. Kontinuierliche Glukosemessung (CGM) kann helfen, die schwankenden Blutzuckerwerte richtig einzuschätzen und rechtzeitig gegenzusteuern.

Das Schweizer Studienteam beobachtete 51 Kinder und Jugendliche im Alter von zwei bis siebzehn Jahren mit Typ-1-Diabetes über einen Zeitraum von sechs Tagen und Nächten. Fünfzehn Kinder trugen eine Insulinpumpe, die übrigen wurden mit intensivierter konventioneller Insulintherapie behandelt. Während der Studie wurde die tägliche körperliche Bewegung der Kinder mithilfe eines tragbaren Messgeräts (sog. Akzelerometer) erfasst. Ein CGM-Gerät zeichnete die Blutglukosewerte lückenlos auf, sowohl tagsüber als auch nachts.

Im Verlauf der sechs Nächte traten bei den 51 Mädchen und Jungen insgesamt 128 Hypoglykämien mit Werten unter 67 mg/dl (3,7 mmol/l) auf. Meist blieben diese asymptomatisch, ein Drittel davon dauerte kürzer als eine Stunde, ein Drittel hielt jedoch länger als drei Stunden an.

Die Wissenschaftler beobachteten einen eindeutigen Zusammenhang zwischen sportlicher Aktivität der Kinder am Tag und dem Auftreten von Unterzuckerungen in der Nacht. Je intensiver die Aktivität war, desto größer das Risiko, nachts eine Unterzuckerung zu erleiden. Eine Stunde mäßiger Bewegung erhöhte das Risiko um 52 Prozent, eine Stunde intensiver Bewegung erhöhte es sogar um 81 Prozent. Richtungsweisend war außerdem der abendliche Blutzuckerspiegel. Lag dieser beim Schlafengehen unter 108 mg/dl (6 mmol/l), war das nächtliche Hypo-Risiko 2,8 fach erhöht.

Die Vorgänge des Zuckerstoffwechsels erklären die verzögerte Blutzuckerabsenkung nach dem Sport: bei körperlicher Aktivität wird nicht nur Glukose direkt verbraucht. Sinkt der Blutzuckerspiegel zu stark, wird das Hormon Glukagon freigesetzt. Es sorgt für die Zuckerneubildung aus den Reserven (Glykogen) der Leber. Diese Glykogenspeicher werden dann im Laufe der Nacht wieder aufgefüllt, was den Blutzuckerspiegel weiter absenkt. Außerdem erhöht sich bei sportlich aktiven Menschen die Empfindlichkeit der Körperzellen auf Insulin. Langfristig sinkt also der Insulinbedarf.

Der Umgang mit schwankenden Blutzuckerwerten nach körperlicher Aktivität lässt sich erlernen, so dass sogar Leistungssport möglich ist. Entscheidend ist eine regelmäßige und speziell nach dem Sport häufige Blutzuckermessung und bei niedrigen Werten eine Anpassung der Basalinsulindosis am Abend. Vollkornbrot zum Abendessen ist empfehlenswert aufgrund der langsam freiwerdenden Kohlenhydrate.

Soweit die Theorie - in der Praxis stellt sich dies trotz allem nicht nur bei Kindern häufig schwierig dar. Die kontinuierliche Glukosemessung mit CGM-Geräten könnte eine Erleichterung bringen. Die gute Nachricht: Seit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesauschusses vom 16. Juni 2016 fällt die kontinuierliche Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen.

Quellen

zuletzt bearbeitet: 04.08.2016 nach oben

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