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Pilot-Projekt für Lehrer und Erzieher auf der Überholspur

Pressemitteilung: Bayer Vital GmbH

Diabetes-Experten weisen sie in den Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 ein

Wenn Eltern von Kindern mit Diabetes ihre Sprösslinge in der Schule oder dem Kindergarten anmelden, setzt bei ihnen häufig ein flaues Gefühl im Magen ein. "Wird ein Problem mit dem Diabetes rechtzeitig erkannt?" "Was wissen die Pädagogen und Erzieher über die Insulintherapie mit einem Pen oder auch einer Insulinpumpe?" Sigrid Schramme kennt solche Gedanken sehr gut. Im Alter von 13 Monaten wurde bei ihrer mittlerweile 10-jährigen Tochter Diabetes mellitus Typ 1 festgestellt. "Viele Pädagogen in Schulen und Erzieher in Kindergärten sind aus Unkenntnis heraus mit der Betreuung von Kindern mit Diabetes überfordert und deshalb ängstlich", erklärt sie. Das soll sich jetzt ändern - zumindest in Rheinland-Pfalz. Dort läuft seit Mai 2015 ein deutschlandweit einzigartiges Pilotprojekt, bei dem ehrenamtliche Teams aus Diabetesberatern und Diabetologen Lehrern und Erziehern ein Basiswissen in Sachen Diabetes Typ 1 vermitteln.

In den Seminaren erfahren die Pädagogen und Erzieher, was zu tun ist, wenn ein Notfall eintritt. Sie lernen zum Beispiel, wie man das richtige Blutzuckermessen begleitet. Seit Mai wurden unter der Federführung des rheinland-pfälzischen Sozialministeriums, dem Bildungs- und Familienministerium durch den Träger der Maßnahme, dem Verein Hilfe für Kinder und Jugendliche bei Diabetes mellitus e.V., rund 320 pädagogische Fach- und Lehrkräfte (Stand Mitte September 2015) in Sachen Diabetes eingewiesen. Weitere Seminare folgen. Der Umgang und ein Grundwissen zu den Techniken wie Blutzuckermesssystem und das Überwachen der Gabe des lebenswichtigen Insulins mittels Insulinpen oder -pumpe bilden die Basis, um den Lehrern und Erziehern Ängste im Umgang mit diabetischen Kindern und Jugendlichen zu nehmen. Die dafür nötigen unterstützenden technischen Hilfsmittel für eine gute Blutzuckerführung werden unter anderem von Bayer Diabetes Care und Medtronic durch qualifizierte Mitarbeiter in Seminaren erklärt. Mit dem Projekt soll die Integration von Kindern mit insulinpflichtigem Diabetes in den Kindergärten und Schulen gelingen, ihre Betreuung sichergestellt und den Eltern ein Stück weit die Sorgen genommen werden.

Auf welche Hürden Eltern von Kindern mit Diabetes in Schule und Kindergarten stoßen, berichtet Sigrid Schramme im Interview.

Wie haben Sie die erste Zeit nach der Diagnose erlebt?

Sigrid Schramme: "Zuerst war die Nachricht Diabetes Typ 1 ein Schock für uns. Im Laufe der Zeit haben wir uns immer besser auf Luisas Diabetes eingestellt. Als dann der Besuch im Kindergarten vor der Tür stand, kam eine neue Hürde auf uns zu. Der Träger hatte große Bedenken als wir Luisa angemeldet haben. Wir mussten deshalb sogar einen Haftungsausschluss unterschreiben. Er wolle seine Mitarbeiter nur schützen, aber für uns war das sehr frustrierend. Unsere Diabetologin hat dann die Erzieherinnen in der Kita geschult und ihnen viele Ängste genommen. Trotzdem wurde ich oft gebraucht und habe mich lange Zeit nicht weiter als 15 Minuten mit dem Auto von dem Kindergarten entfernt. Bis Luisa fünf Jahre alt war, habe ich unbezahlten Urlaub genommen."

War der Start in der Grundschule auch so holprig?

Sigrid Schramme: "Wir hatten eine sehr aufgeschlossene Schulleiterin, sodass es dort ziemlich problemlos lief. Ich selbst habe alle Lehrer im Umgang mit dem Diabetes geschult und ihnen eine Notfallkiste mitgegeben. Auch Luisas Mitschülern habe ich erklärt, warum meine Tochter manche Dinge tun muss und hin und wieder zum Beispiel im Unterricht Saft trinken darf. Das war sehr wichtig, damit kein Neid aufkommt. Auf alle Fälle war sie in der Klasse voll integriert. Dieses Jahr erfolgt der nächste Schulwechsel und ich bin sehr angespannt, wie das funktioniert. Luisa hat jetzt viel mehr Lehrer, die theoretisch alle eine kurze Einweisung brauchen. Aber an der neuen Schule waren schon vorher Kinder mit Diabetes, deshalb muss ich mir wahrscheinlich keine allzu großen Sorgen machen."

Was halten Sie von dem Pilotprojekt in Rheinland-Pfalz zur flächendeckenden Diabetes-Schulung von Lehrern und Erziehern?

Sigrid Schramme: "Das Projekt ist eine wundervolle Sache, weil den Lehrern und Erziehern Ängste genommen werden, sodass sie, wenn es erforderlich sein sollte, handeln. Die Seminare sind sehr praxisnah. Zum Beispiel wird der Umgang mit Blutzuckermesssystem und Insulinpumpe in der Praxis erklärt. Das ist sehr wichtig, denn die Betreuer sollten mit dem Diabetes vertraut sein, falls meine Tochter ein Problem hat. Ich würde mir wünschen, dass das Projekt nach Ablauf der Pilotphase im April 2017 weitergeführt wird und zukünftig auch bundesweit zum Wohle der betroffenen Kinder Einweisungen der pädagogischen Fach- und Lehrkräfte in den Diabetes Typ 1 angeboten werden."

zuletzt bearbeitet: 06.11.2015 nach oben

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