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Nintamed-Workshop auf dem DDG-Kongress stößt auf großes Interesse
Kostenübernahme für CGM-Systeme ist durchaus möglich
"Erneuert Dexcom-CGM die Diabetes-Therapie? Update und rechtliche Aspekte" lautete das Thema des Nintamed-Workshops anlässlich des diesjährigen Frühjahres-Kongresses der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Berlin. Vor dicht gedrängtem Auditorium informierte Anwalt Oliver Ebert über die Rechtsgrundlagen kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) in der Praxis. Diabetologe Dr. Bernhard Gehr gab Einblicke in "CGM und Nadeltechnologie - gestern. heute. morgen."
Der große Vorteil von CGM-Systemen liegt darin, dass sie bei drohender Unterzuckerung Alarm schlagen. So können Diabetiker rechtzeitig Gegenmaßnahmen treffen und den Glukosespiegel stabil halten. "Für die Antragstellung auf Kostenübernahme der nutzbringenden Geräte bei Krankenkassen ist es wichtig, die individuelle Notwendigkeit dieser Alarmfunktion umfassend medizinisch darzulegen", betonte Oliver Ebert, REK Anwaltskanzlei Stuttgart Balingen. Sie kann beispielsweise in einer unzureichenden Hypo-Wahrnehmung, häufigen Stoffwechselentgleisungen, nächtlichen Hypoglykämien oder motorischen Störungen begründet sein.
Patienten erhöhen ihre Chancen auf Kostenerstattung, wenn sie nachweisen, dass sie Selbstmessung der Blutglukose (SMBG) sowie leitliniengerechte, günstigere Therapieoptionen erfolglos ausgeschöpft haben. "Hilfreich ist außerdem, eine umfassende Dokumentation der SMBG und der Insulingabe vorzulegen sowie zum Beispiel den standardisierten Antrag der AGDT (Arbeitsgemeinschaft Diabetologische Technologie), als Grundlage zu verwenden. Lassen sich diese Punkte erfüllen, ist eine Kostenübernahme durchaus möglich", so der anerkannte Experte zum Thema Diabetes und Recht.
CGM und Nadeltechnologie ? gestern. heute. morgen.
Neues zu Pen-Nadeln
"Pen-Nadeln zählen in der Diabetes-Therapie zu den vernachlässigten Produkten, dabei kommt ihnen ein hoher Stellenwert zu", darauf verwies Dr. Bernhard Gehr, Zentrum für Diabetes- und Stoffwechselerkrankungen, Fachklinik Bad Heilbrunn. 47 Prozent der Insulinanwender würden ihr Insulintherapieschema bei weniger Schmerz und Unbehagen leichter einhalten.[1] Kurze, dünne Pen-Nadeln mit möglichst kleinem Außendurchmesser und vorteilhaftem Schliff tragen daher zu einer deutlich verbesserten Compliance bei. Dank innovativer Technologie, wie sie bei der Herstellung der Pen-Nadeln mit nur 33G (= 0,20mm Außendurchmesser) zum Einsatz kommt, ist die Einstichkraft zum Beispiel bei der Insupen 33G Extreme 4mm um 21 Prozent verringert. Gleichzeitig ist bei den kurzen Pen-Nadeln mit nur 4mm Nadellänge der Innendurchmesser der Kanüle deutlich erweitert. In diesen "High Flow Thin Wall"-Pen-Nadeln ist so der Insulinfluss stark verbessert.[2] Dies alles macht die Injektionszeit kürzer und die Injektion alles in allem angenehmer.
Neue Studie zu CGM
"Autofahrer, beruflich aktive bzw. gestresste Menschen, Sportler und Kinder profitieren von den Alarmfunktionen von CGM-Systemen", betonte der Diabetologe. Ebenfalls bei einer Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung oder während Schwangerschaft und Stillzeit leisten die aufmerksamen Geräte wertvolle Dienste. Mithilfe des Dexcom G4-Platinum Systems konnten Forscher in einer aktuellen Studie an 72 Probanden zeigen, wie rasch CGM Anzahl und Dauer nächtlicher Hypoglykämien reduziert:[3] Bereits nach sechs Nächten sank durch Tragen des Dexcom-Systems die Anzahl von Ereignissen schwerer nächtlicher Hypoglykämien (≤ 55 mg/dl) von 40 auf neun. Auch die zeitliche Dauer der Hypoglykämien verringerte sich: bei Werten von ≤ 70 mg/dl um 72 Prozent bzw. bei Werten ≤ 55 mg/dl um 84 Prozent. Dank der individuell einstellbaren Alarmfunktionen lassen sich gefährliche Situationen im Vorfeld rechtzeitig verhindern. CGM sorgt somit für mehr Sicherheit - Tag und Nacht.
CGM ist kosteneffektiv
"Eine zivilisierte und wohlhabende Gesellschaft muss es sich leisten können, die Kosten für CGM übernehmen", so das Fazit des Vortrags von Dr. Andreas Liebl, Chefarzt des Diabetes- und Stoffwechselzentrums und der Abteilung für Innere Medizin, Fachklinik Bad Heilbrunn, im Rahmen des AGDT-Treffens auf dem DDG-Kongress.[4] "Neue gesundheitsökonomische Modellierungen belegen, dass der dauerhafte Einsatz von CGM durch die Verbesserung von HbA1c-Werten langfristig kosteneffektiv ist", so Liebl. Diese Modellierungen berücksichtigen neben den medizinischen Kosten für CGM-Sensoren und die Behandlung von Diabeteskomplikationen, auch alle für die Gesellschaft zusätzlich zu tragenden Kostenarten wie etwa Verlust von Arbeitskraft oder Frühverrentung.
Eine andere, einfachere Modellrechnung für die Kosteneffektivität von CGM berücksichtigt lediglich die finanziellen Aufwendungen für eine Klinikeinweisung nach schwerer Hypoglykämie. Die Kosten betragen hier je nach Komplikationsstatus des Patienten und Aufenthaltsdauer in der Klinik zwischen circa 600 und 3.100 Euro pro Fall. Dies entspräche laut Liebl dem Wert von zehn bis 50 CGM-Sensoren. Bei einem Patienten mit multiplen Komplikationen, welcher mit einer schweren Hypoglykämie in die Klinik eingewiesen wird, übersteigen die Gesundheitsausgaben bereits ab dem dritten Kliniktag einen Wert von 3.000 Euro deutlich. Die Kosten von CGM lohnen sich folglich, wenn bei der Anwendung die Indikationen eingehalten werden, sich HbA1c-Werte HbA1c-Werte bessern und/oder Unterzucker vermieden werden können.
IQWIG belegt Nutzen von CGM
Seit dem 21. Mai liegt der Abschlussbericht des IQWiG (Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) zur Nutzenbewertung von kontinuierlichen Glukose-Monitoring-Systemen vor.[5] Der Bericht verdeutlicht, dass CGM anhand der Studienlage der Blutzuckermessung überlegen ist: Für die rtCGM plus BGSM im Vergleich zu BGSM zeigt sich ein Beleg für einen Nutzen bei Erwachsenen bzw. ein Hinweis auf einen Nutzen bei Kindern im Hinblick auf schwere Hypoglykämien und HbA1c-Wert, ein Hinweis auf einen Nutzen bei Erwachsenen bzw. bei Kindern in punkto schwerwiegender Hypoglykämien und HbA1c-Wert. Der Bericht lässt nicht den Schluss zu, dass eine Krankenkassenerstattung damit zwingend ist. Er macht lediglich wahrscheinlicher, dass Krankenkassen Einzelanträge eher genehmigen. Der G-BA (Gemeinsame Bundesausschuss) muss nun entscheiden, für welche Indikation CGM zugelassen wird und ob CGM als Hilfsmittel oder als neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode (NUB) eingestuft wird. Bei letzterer muss ein gesetzlich vorgeschriebenes Bewertungsverfahren[6] die Evidenz der Methode, sprich ihre Wirksamkeit, erst beweisen, bevor eine Kostenübernahme erfolgen kann.
Quellen
Howe CJ, Ratcliffe SJ, Tuttle A, Dougherty S, Lipman TH: Needle anxiety in children with type 1 diabetes and their mothers. AM J Matern Child Nurs 2010;36:25-31
data available at Artsana
Nakamura K, Balo A: The Accuracy and Efficacy of the Dexcom G4 Platinum Continuous Glucose Monitoring System. Journal of Diabetes Science and Technology 2015 Mar 23. pii: 1932296815577812. [Epub ahead of print]
Vortrag von Dr. Andreas Liebl: "Kontinuierliches Glukosemonitoring CGM - rentieren sich die hohen Kosten?", Veranstaltung: Diabetes-Technologie: ein relevantes Thema für die Patientenbetreuung jetzt und in der Zukunft (AG Diabetes und Technologie der DDG), DDG Kongress 13.05.-16.05.2015, Berlin, Vortrag verfügbar unter: http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/mediathek.html
Bildunterschrift: Der Nintamed-Messestand auf dem DDG-Kongress, 13.-16. Mai 2015, CityCube, Berlin
Bildquelle: Warenpräsentation GmbH & Co.KG/Nintamed