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Diabetes und Parodontitis beeinflussen sich gegenseitig

Pressemitteilung: Gesund im Mund bei Diabetes

Dieser Zusammenhang wird oft verkannt

Selbsttest ermöglicht Ermittlung der persönlichen Parodontitis-Gefährdung

Parodontitis muss als Folgeerkrankung des Diabetes anerkannt werden. Beide Volksleiden beeinflussen sich gegenseitig und sollten daher fächerübergreifend von Zahnärzten und Diabetologen behandelt werden, fordert die Initiative "Gesund im Mund bei Diabetes".

Parodontitis, die bakterielle Entzündung des Zahnbetts, zählt zu den häufigsten Erkrankungen weltweit. In Deutschland sind etwa 40 Prozent der Erwachsenen und Senioren von einer moderaten und vier bis acht Prozent der Erwachsenen bzw. 14 bis 22 Prozent der Senioren sogar von einer schweren Form betroffen.[1]

An Diabetes leiden in Deutschland etwa vier Millionen Menschen und es kann davon ausgegangen werden, dass etwa jeder Dritte im Laufe des Lebens einen Diabetes bekommen wird.[2,3] Eine Parodontitis gilt heute unter anderem als Risikofaktor für Infarkterkrankungen[4], chronische Erkrankungen der Atemwege[5], entzündliche rheumatische Veränderungen[6] sowie für Frühgeburten[7] und auch Diabetes.[8]

Diabetes fördert vor allem Erkrankungen der Blutgefäße mit Folgeleiden wie Infarkterkrankungen, Erblindung, Nervenschädigungen und ebenfalls Schwangerschafts- sowie Geburtskomplikationen.[9] Auf diese Risiken und besonders den Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabetes macht die aus jeweils vier Experten aus den Gebieten Diabetologie und Zahnmedizin bestehende Initiative in einem Konsensuspapier aufmerksam, das in der April-Ausgabe der Fachzeitschrift Der Internist (Springer-Verlag) veröffentlicht wurde.

Ziel der Initiative, die vor einem Jahr von der Bundeszahnärztekammer und Colgate-Palmolive ins Leben gerufen wurde, ist es, Patienten und (Zahn)Ärzte über diese Thematik aufzuklären sowie Therapie- und Vorsorgeoptionen aufzuzeigen. Weiterführende Informationen erhalten Betroffene und Interessierte ab sofort auf der neuen Website www.gesund-im-mund-bei-diabetes.de. Dort steht zudem ein Online-Selbsttest bereit, mit dem das persönliche Risiko für eine Parodontalerkrankung ermittelt werden kann.

Vielen Diabetikern ist nicht bekannt, dass sie ein dreifach erhöhtes Risiko für Parodontitis tragen.[10] Parodontale Erkrankungen schreiten bei Diabetikern zudem schneller voran, während die Patienten schlechter auf eine Parodontitistherapie ansprechen. Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass Parodontitis die Blutzuckereinstellung bei Diabetikern verschlechtert und so Folge- und Begleiterkrankungen begünstigt.[11,12,13] Außerdem kann eine chronische Parodontitis bei Nicht-Diabetikern die Entstehung eines Diabetes mellitus fördern.[14,15] Umgekehrt liefern zahlreiche klinische Studien Hinweise darauf, dass der Blutzuckerwert durch eine gezielte parodontale Behandlung gesenkt werden kann.[16,17,18,19]

Die wechselseitige Beziehung zwischen Diabetes mellitus und Parodontitis wurde bislang jedoch in der Therapie von Diabetikern und Parodontitispatienten nicht ausreichend berücksichtigt. Dies möchten die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses der Initiative "Gesund im Mund bei Diabetes" mit dem nun veröffentlichten Konsensuspapier, das auf wissenschaftlichen Studiendaten basiert, ändern. Es soll eine Grundlage bieten, die Empfehlungen zur ärztlichen Vorgehensweise in der Versorgung von Diabetes- und Parodontitispatienten zu ergänzen und damit zu verbessern.

Bedeutung für die Praxis

Eine Diabetes- und Parodontitis-Behandlung wird jedoch nur dann erfolgreich sein, wenn nicht nur Ärzte und Zahnärzte über die Fachgrenzen hinaus zusammenarbeiten, sondern auch die Patienten selbst ausreichend informiert sind. Auch die Blutzuckereinstellung und eine sehr gute häusliche Mundhygiene sind entscheidend. Oftmals bleibt die Parodontitis lange Zeit unerkannt, da sie sich zunächst schmerzfrei entwickelt. Ebenso wird eine Diabeteserkrankung unter Umständen erst erkannt, wenn Begleiterkrankungen wie eine Parodontitis auftreten. Sowohl Ärzte und Zahnärzte als auch die Patienten selbst sollten daher auf Warnsignale achten und den Zahnstatus regelmäßig kontrollieren. Dies kann mithilfe eines Patientenfragebogens erleichtert werden. Bei schlecht therapierbarer Parodontitis sollte ebenfalls die Möglichkeit einer unentdeckten Diabeteserkrankung in Betracht gezogen werden.

Neue Website www.gesund-im-mund-bei-diabetes.de

Weiterführende Informationen zur Wechselwirkung zwischen Diabetes mellitus und Parodontitis erhalten Patienten und Interessierte ab sofort auf der neuen Website www.gesund-im-mund-bei-diabetes.de. In einem speziell für Patienten erstellten Bereich gibt die Rubrik "FAQs" kurz und prägnant Auskunft über die wichtigsten Fragestellungen zu dieser Thematik. Ein Online-Selbsttest hilft, dass persönliche Risiko für eine Parodontalerkrankung einzuschätzen. In einem Service-Bereich kann kostenlos die Broschüre "Gesund im Mund bei Diabetes" als PDF-Datei herunter geladen werden. Arzt-Suchmaschinen unterstützen bei der Suche nach dem richtigen Ansprechpartner vor Ort.

Quellen

  1. Micheelis W et al. DZZ 63 (7),2008:464-72.
  2. Icks A et al. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Heft 24. Diabetes mellitus. Robert-Koch-Institut; 2005.
  3. Nuber G et al.: Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2008. Vorgelegt von NAFDM zum Weltdiabetestag;Nov 2007.
  4. Mattila KJ et al. Atherosklerosis 1993;103,205.
  5. Hayes C et al. Annals Periodontol 1998;3:257-61.
  6. Molitor JA et al. Ann Rheum Dis 2009; 68 (Suppl 3): 399.
  7. Offenbacher S et al. J Periodontol 1996; 67:1103-13.
  8. Demmer RT, Jacobs DR Jr, Desvarieux M Diabetes Care 2008;31: 373-9.
  9. Giani G et al. Evidenzbasierte Leitlinie DGG - Aktualisierung 05/2004.
  10. Emrich LJ et al. J Periodontol 1991;62:123-31.
  11. Taylor GW. JADA 2003;134:41S-8S.
  12. Ryan ME et al. JADA 2003; 34S-40S.
  13. Rosenthal I, Abrams H, Kopczyck A. J Clin Periodontol 1988; 15:425-9.
  14. Demmer RT et al. Diabetes Care 2010; 33(5):1037-43.
  15. Saito T et al. J Dent Res 2004;83:485-90.
  16. Navarro-Sanchez AB et al. J Clin Periodontol 2007;34:835-43.
  17. Singh S et al. Int J Diabets Dev Ctries 2008;28:38-44.
  18. O'Connell PA et al. J Clin Periodontol 2008;35:277-90.
  19. Correa FO et al. J Clin Periodontol 2010;37:53-8.

zuletzt bearbeitet: 15.06.2011 nach oben

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