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Tag der Zahngesundheit 2009:

Mundgesundheit und Allgemeingesundheit untrennbar verbunden

Ein wissenschaftlich besonders aktuelles Thema steht dieses Jahr im Fokus der Aktionen rund um den traditionellen Tag der Zahngesundheit am 25. September: Das aktuelle Motto "Gesund beginnt im Mund - krank sein oftmals auch" weist als knappe Botschaft auf die komplexe gegenseitige Beeinflussung von Allgemeingesundheit und Mundgesundheit hin. Hier hat die Wissenschaft in letzter Zeit eine große Anzahl an Zusammenhängen erkannt, die eine veränderte Sichtweise auf die Zahnmedizin werfen und deutliche Relevanz haben für die Prävention von Erkrankungen und die Verbesserung von Heilungschancen. Der Aktionskreis zum Tag der Zahngesundheit, der mit rund 30 Mitgliedsorganisationen seinerseits interdisziplinär besetzt ist, hält es für wichtig und dringlich, sowohl Zahnmedizin, Medizin, Gesundheitspolitik und Krankenkassen, insbesondere aber auch die Bevölkerung auf die enge Verbindung von Mund- und Allgemeingesundheit hinzuweisen. Der gemeinsam gestaltete Tag der Zahngesundheit, dies wurde bei der zentralen Pressekonferenz zum Tag der Zahngesundheit am 11. September 2009 in Berlin betont, biete eine hervorragende Chance, auf breiter Ebene mehr Bewusstsein für diese Thematik zu schaffen.

"Zahnmedizin integraler Bestandteil des medizinischen Fächerkanons"

Als Sprecher der Bundeszahnärztekammer appellierte Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich deshalb auch an alle Beteiligten, bei Prävention und Therapie von Zahn- und Munderkrankungen vermehrt auch allgemeinmedizinische Erkrankungen im Blick zu haben. Beispielhaft für Zusammenhänge von Erkrankungen im Zahn- und Mundbereich mit allgemeinmedizinischen Erkrankungen nannte Dr. Oesterreich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, rheumatische Erkrankungen, chronische Atemswegserkrankungen, Magen- und Darmerkrankungen und nicht zuletzt Erkrankungen des Halte- und Stützapparates.

Umgekehrt führt das Rauchen beispielsweise zu einer deutlichen Verschlechterung der Mundgesundheit. Studien zufolge könnten eine verbesserte Mundhygiene und die effiziente Behandlung von Munderkrankungen risikominimierend für allgemeinmedizinische Erkrankungen sein - eine Verbesserung der Allgemeingesundheit wiederum förderlich für die Mundgesundheit. Dr. Oesterreich: "Zahnmedizin ist ein integraler Bestandteil des medizinischen Fächerkanons." Deshalb - und da die Zahnärzte neben den Hausärzten diejenige Arztgruppe sei, die über die meisten Patientenkontakte verfüge - käme Zahnärzten eine verstärkte Bedeutung auch für die Allgemeingesundheit zu. Auch der Wissensstand der Bevölkerung müsse verbessert werden - dies sei eine Aufgabe für ein ganzes Netzwerk bundesweiter Organisationen, der Tag der Zahngesundheit sei hierfür ein erfolgreiches Beispiel.

Die vermehrte Kenntnis medizinischer Aspekte müsse bereits in der Ausbildung der Zahnmedizinstudenten berücksichtigt werden. Die Novellierung der überfälligen Approbationsordnung sei mit dem Vorschlag der Zahnärzteschaft eingeleitet und seit Jahren gefordert - Reaktionen von Bundespolitik und Landespolitik seien seit langem überfällig. Aber auch die Kammern seien dazu aufgerufen, Fortbildung an medizinischen Inhalten auszurichten. Auch Politik und Gesellschaft müssten die neuen wissenschaftlichen Fakten entsprechend berücksichtigen: Bei der Diskussion über Allokation (Zuweisung, Anm. d. Red.) von Mitteln im Gesundheitswesen dürften mundgesundheitliche Aspekte nicht ausgeklammert werden, entsprechende Vorschläge der Zahnärzteschaft, wie beispielsweise Festzuschüsse, seien in Vorbereitung.

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Besonders eng verzahnt: Parodontitis und Diabetes mellitus

Wie Prof. Dr. James Deschner (Universität Bonn), wissenschaftlicher Referent bei der zentralen Pressekonferenz zum Tag der Zahngesundheit 2009, verdeutlichte, zeigen Parodontitis und Diabetes mellitus viele Gemeinsamkeiten - und auch enge gegenseitige Wirkungen: Bei beiden Erkrankungen handele es sich um eine chronische Entwicklung, die lange Zeit unerkannt fortschreiten und die Lebensqualität beachtlich einschränken könne. Der bei Diabetes erhöhte Zuckerspiegel, der sich auch im Speichel und in Zahnfleischtaschen nachweisen ließe, führe insbesondere bei schlecht eingestellten Diabetikern zu krankhaften Veränderungen an den Blutgefäßen. Typische entzündungsfördernde Proteine lagerten sich nicht nur im Körpergewebe ab, sondern auch im Zahnhalteapparat und verstärkten dort eine sich entwickelnde orale Entzündung. Parodontitis muss somit als sechste Komplikation eines Diabetes angesehen werden.

Gleichzeitig zeigten Studien, dass durch eine Beseitigung der Infektion in der Mundhöhle der Blutzuckerspiegel bei Diabetes habe gesenkt werden können: Vermutlich hemmen die aus den infizierten Zahnfleischtaschen über die Blutbahn in den Körper wandernden Bakterien und Entzündungsmoleküle die Insulinwirkung mit der Folge eines höheren Blutzuckerspiegels: "Durch die Therapie einer Parodontitis", so Prof. Dr. Deschner, "wird die Infektions- und Entzündungsquelle im Mund reduziert und dadurch offenbar die Wirkung des Insulins verbessert. "Eng miteinander verbunden sei Parodontitis auch mit kardiovaskulären Erkrankungen - die Keime und Entzündungsmoleküle aus dem Zahnbett schädigten Blutgefäße und förderten Atherosklerose und Blutgerinnung. Auch hier können Parodontaltherapien risikominimierend wirken.

Möglicherweise führen die Mundkeime und Entzündungsfaktoren auch zu vorzeitigen Wehen und zu Blasensprung sowie zu einer Wachstumshemmung des Föten im Mutterleib - erhöht sei dadurch das Risiko für Frühgeburtlichkeit und Untergewicht der Neugeborenen. Prof. Dr. Deschner: "Orale und systemische Gesundheit hängen stärker zusammen als bisher vermutet." Zahnarzt, Arzt und Patient müssten zusammenarbeiten, um Erkrankungen erfolgreich unter Kontrolle zu halten - so könnten negative Folgen minimiert werden.

Umfassender Ansatz wird begrüßt

Wie Dr. Michael Kleinebrinker als Vertreter des GKV-Spitzenverbandes im Rahmen der Pressekonferenz betonte, begrüßten die Krankenkassen den umfassenden Ansatz von Thematik und Ziel des diesjährigen Tages der Zahngesundheit ausdrücklich. Er wies auf die wichtige Rolle der Krankenkassen und ihr breit angelegtes präventives und therapeutisches Leistungsangebot für die Bevölkerung hin - bedauerte aber, dass trotz der hohen gesundheitlichen Bedeutung der Parodontitis nur ein kleiner Teil der Patienten bisher die notwendigen Versorgungsangebote in Anspruch nähme.

Die Anzahl der an schwerer Parodontitis leidenden Menschen sei nach wie vor hoch, obwohl "in den letzten Jahren viel dafür getan wurde, um das Problembewusstsein für Zahnfleischerkrankungen zu verbessern." Zahnärztinnen und Zahnärzte seien daher umso mehr gefordert, ihr enges und vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Patientinnen und Patienten zur Bewältigung dieser Problemlage zu nutzen - die Krankenkassen und der öffentliche Gesundheitsdienst "werden das zahnärztliche Engagement gern aktiv unterstützen, wo immer es geht."

zuletzt bearbeitet: 11.09.2009 nach oben

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