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Patienten mit Typ-2-Diabetes
Der richtige Start macht die Insulintherapie leichter
Ein rücksichtsvoller Start kann Typ-2-Diabetikern den Einstieg in die Insulintherapie erleichtern. Dabei kommen viele mit Humaninsulin sehr gut zurecht. Vor der ersten Injektion stellen sich allerdings drei Fragen, sagte Dr. Martin Lederle aus Stadtlohn bei einem Symposium von B. Braun im Rahmen der 43. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in München: "Was will der Patient, was braucht der Patient und was kann der Patient."
Der Patient will in der Regel keine Insulintherapie. Also erklärt Lederle ihm, warum und wann Insulin nötig ist. Der Start fällt zudem oft leichter, wenn man mit nur einer Injektion am Tag beginnt: Dann akzeptieren die meisten Patienten nach einiger Zeit auch Therapieregime mit mehreren Injektionen. Die Therapieziele sollten Arzt und Patient gemeinsam festlegen. Denn wenn er die Ziele selbst vertreten kann, fällt dem Patienten das Befolgen der ärztlichen Empfehlungen leichter.
Dabei spielen langfristige Ziele wie das Vermeiden von Diabetes-Folgekrankheiten für über 75-Jährige teilweise keine große Rolle mehr, weil viele Schäden sich erst nach Jahren entwickeln. Da diese Patientengruppe aber sehr heterogen ist, variieren die Therapieziele stark. So kann für jung gebliebene Senioren ein HbA1c-Wert unter 7 Prozent erstrebenswert sein, während für weniger fitte eine Schwelle von 8 Prozent sinnvoller ist. Bei stark beeinträchtigten geriatrischen Patienten sollten vor allem hyperglykämische Symptome reduziert werden, so Lederle. Für alle drei Gruppen aber gilt: Schwere Hypoglykämien müssen vermieden werden.
Was kann der Patient bewältigen?
Vor dem Insulinstart muss geklärt werden, ob und in welchem Umfang ein Typ-2-Diabetiker die Insulintherapie alleine bewältigen kann oder ob er Hilfe von Angehörigen oder Pflegepersonal benötigt. Notwendig sind ein zuverlässiges Gedächtnis - und ein Insulinpen, mit dem er gut zurechtkommt. Denn er muss die richtige Dosis einstellen, Insulinampulle und/oder Pennadeln regelmäßig wechseln und natürlich selbst injizieren können. Auch die Insulinsorte wird individuell ausgewählt.
So kommen viele Patienten mit humanem Normalinsulin und NPH-Basalinsulin sehr gut zurecht, andere profitieren von Insulinanaloga. Das gilt auch für den Spritz-Ess-Abstand, so der Diabetologe: Ein Teil der Patienten braucht ihn, andere nicht bei jedem Insulin. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Humaninsulin, wie bei den Insulinen von B. Braun, ist evidenzbasiert durch prospektive, kontrollierte Langzeitstudien belegt. Sie werden, auch ohne Rabattverträge, zur Regress-Prophylaxe bei Budgetüberschreitung 13 Prozent unter Festbetrag angeboten.
Auch bei Niereninsuffizienz einsetzbar
Während der Einsatz oraler Antidiabetika bei Niereninsuffizienz oft nur begrenzt möglich ist, existieren für Insulin keine Einschränkungen hinsichtlich der glomerulären Filtrationsrate, so Professor Jan Galle aus Lüdenscheid.
Allerdings liegen - abgesehen vom Hinweis auf eine Verringerung der üblichen Dosis - keine klaren Empfehlungen zur Dosierung in den verschiedenen Stadien der Nierenerkrankung vor. Auch Leitlinien-Empfehlungen zu der Frage, welche Insuline zu bevorzugen sind und ab welcher glomerulären Filtrationsrate eine Kürzung der Insulinmenge in Betracht zu ziehen ist, fehlen.
Nach Erfahrung des Nephrologen sind sowohl kurz- als auch langwirksame Insuline bei Nierenkranken sicher einsetzbar. Häufigere Unterzuckerungen bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz beruhen darauf, dass Insulin normalerweise renal ausgeschieden wird. Bei Niereninsuffizienz erfolgt dies reduziert und das Insulin wirkt länger im Körper. Wenn die glomeruläre Filtrationsrate weniger als 30 ml/min betrage, sei meist eine Dosisreduktion um 15 bis 25 Prozent erforderlich, so Galle. Das kann jedoch individuell stark variieren.
Gute Glukosewerte beugen dem diabetischen Fuß vor
Rund 30.000 mal im Jahr werden in Deutschland bei Diabetikern Amputationen durchgeführt. Die Hälfte davon sind Majoramputationen, bei denen der Eingriff oberhalb des Sprunggelenks ansetzt. Die Prognose dieser Patienten ist schlecht; nach vier Jahren lebt nur noch jeder vierte von ihnen.
Risikofaktor Nr. 1 für das diabetische Fußsyndrom ist die diabetische Polyneuropathie (PNP). Sie führt dazu, dass die Patienten Schmerzen, Temperatur und Berührung an den Füßen zunehmend schlechter wahrnehmen und betrifft bis zu 20 Prozent aller Diabetiker. Risikofaktoren sind außerdem ein früheres Fußulkus, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, Zehen-Fehlstellungen, eingeschränkte Beweglichkeit der Gelenke und ein fortgeschrittenes Alter. Diabetiker mit bestehendem Ulkus sollten in spezialisierten Fußambulanzen behandelt werden.
Eine dauerhaft gute Blutzucker-Einstellung beugt der Neuropathie am besten vor, so Dr. Wolf-Rüdiger Klare aus Radolfzell. Liegt bereits eine PNP vor, dann können unbemerkte Druckstellen oder Verletzungen an den Füßen zu Komplikationen führen. Diabetiker sollten deshalb beim Schuhkauf gezielt auf ausreichend weites Schuhwerk achten. Denn auf ihr "Fußgefühl" können sie sich mit einer PNP nicht mehr verlassen: Sie merken nicht, wenn der Schuh zu stramm sitzt und kaufen sie deshalb oft zu eng. Solche Schuhe dürfen sie nicht tragen, betont Klare: Sie müssen sie aussortieren, auch wenn sie neu sind.
Bildunterschrift: Dr. Martin Lederle
Bildquelle: B. Braun Melsungen AG