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Wenn Diabetes ins Auge geht so geht das Leben weiter

Geplanter Vortrag von Diana Droßel, Eschweiler, zur bundesweiten Hauptveranstaltung zum Weltdiabetestag 2006.

Erblinden ist mehr als nicht mehr sehen können

Wenn Diabetes und Sehprobleme zusammenkommen, vervielfachen sich die Schwierigkeiten, die zu überwinden sind, um ein selbständiges und weitgehend "normales" Leben führen zu können. Das beginnt bereits, wenn Medikamente ohne ausreichende visuelle Kontrolle sortiert, gekennzeichnet und richtig dosiert eingenommen werden müssen.

Der Betroffene steht oft hilflos vor einem Berg von Alltagsproblemen, die ihm Angst machen, ihn entmutigen können, wenn ihm niemand hilft, die großen und kleinen Berge zu "versetzen". Nicht selten "kapitulieren" Menschen in jedem Lebensalter, weil sie nicht wissen, wie das Leben weiter geht.

In meinem Vortrag spreche ich darüber, wie Diabetiker mit Sehproblemen ihr Leben möglichst unabhängig und selbst bestimmt gestalten können. Geeignete Hilfsmittel, praktische Tipps und Erfahrungswerte, Ansprechpartner und Hinweise auf weiterführende Informationen, die nicht nur für Diabetiker mit Sehproblemen und ihre Angehörigen, sondern auch für Fachkräfte in Beratungsstellen nützlich sind, werden angesprochen.

Erblinden ist für einen Diabetiker mehr als nicht mehr sehen zu können. Zum Nachlassen der Sehkraft kommt das Gefühl, während der Behandlung selbst nicht genug getan zu haben. Die Ungewissheit, ob und in welchem Maße die anderen Organe betroffen sind, wird zusätzlich zu einer seelischen Belastung. Selbsthilfegruppen sind eine gute Hilfe, doch der Gang zu ihnen fällt oft schwer. Man will ja (noch) nicht zu den Blinden gehören.

Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung stellen sich ein, wenn das Sehvermögen nicht mehr ausreicht, um lesen und schreiben zu können. Den eigenen Sehverlust will man sich selbst und anderen nicht eingestehen: nur keine Schwäche zeigen! Hilfsmöglichkeiten und Unterstützung werden nicht angenommen. Wenn sich die Seheinschränkung nicht mehr verbergen lässt, folgt oft die Krankschreibung als Weg aus dem Dilemma. Doch das ist kein Ausweg, denn berufliche und soziale Ausgrenzung drohen. Deshalb tut kein Arzt dem Betroffenen einen Gefallen damit, dass er ihn monatelang - manchmal bis zur Aussteuerung - krankschreibt. Denn was ist die Folge?

Allein in seinen "vier Wänden" hocken - von allen gewohnten Informationen abgeschnitten, kein Fernsehen, keine Zeitung lesen, kein in Büchern rumstöbern, keine Bankauszüge kontrollieren, kein selbständiges Einkaufen...

Wie soll man den Blutzucker testen, im Tagebuch protokollieren und Insulin dosieren?

Durch die beginnende Einschränkung der Mobilität und die zunehmende Unselbständigkeit ziehen sich viele erblindende Diabetiker noch stärker zurück, meiden die Gesellschaft und kapseln sich ab. Nicht selten bestimmen Depressionen und Tränen den Alltag.

Die Geduld, das Verständnis und die Liebe des Partners und der Familie können auf eine harte Probe gestellt werden, bis es einem gelingt, sein Schicksal anzunehmen und diesen schweren Lebensabschnitt zu meistern. Folgeschäden wie Blindheit fehlen im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Blinde Diabetiker scheint es nicht zu geben. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Hier einige Fakten.

Folgeschäden wie Blindheit, bekommt man nicht, weil man selber oder der betreuende Arzt versagt. Diabetiker leben länger, Diabetiker werden älter! 1970 habe ich im "ABC für Zuckerkranke" gelesen, dass die Lebenserwartung eines Diabetikers (also meine) bei zehn Jahren liegt. Heute lebe ich in meinem 37ten Diabetes-Jahr. (Ralph Droßel 2006)

Menschen mit Diabetes

An der Stoffwechselstörung Diabetes mellitus sind in Deutschland etwa 10 Prozent der Bevölkerung erkrankt, (ca. 8 Mio. Menschen), Tendenz steigend. Das größte Problem ist, dass viele Betroffene von ihrer Erkrankung keine Kenntnis haben, denn Diabetes mellitus kündigt sich nicht an. Hinzu kommt, dass zwischen der Entdeckung und dem Entschluss zum Beginn der Therapie für viele Betroffene noch Jahre vergehen. (DDB: "Der Bundesverband stellt sich vor", Mai 2006, Seite 7)

Bei unzureichender Blutzuckereinstellung ist nach 10 Jahren mit einer Schädigung an den Augen zu rechnen.

Die diabetische Retinopathie ist direkt proportional zu Blutzucker und Blutdruck. Durch eine gute Einstellung kann die Retinopathie verzögert werden. Wenn dies nicht geschieht, ist nach 10 Jahren eine Schädigung zu erwarten. Deshalb ist eine frühzeitige enge Kooperation von Patient, Hausarzt, Internist und Augenarzt nötig, um die Retinopathie zu vermeiden beziehungsweise möglichst früh zu bekämpfen. Drei Prozent der Diabetiker erblinden. Die Erblindungsrate lässt sich durch konsequente Frühbehandlung um ein Drittel senken. Damit beugt man großem Leid vor und spart zudem Kosten, so Prof. Dr. Peter Wiedemann, Universitätsklinik und -poliklinik für Augenheilkunde Leipzig auf der 41. Jahrestagung (2006) der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) in Leipzig (Pressemitteilung DDG)

Fazit:

Diabetes wird zu spät erkannt, dadurch verzögert sich der Therapiebeginn, Diabetiker leben länger und nur unter Eintreffen aller geforderten med. Voraussetzungen könnte man es schaffen, die Erblindungsrate um ein Drittel zu senken.

Hinweis der Redaktion:
Leider konnte Diana Droßel ihren Vortrag zum Weltdiabetestag nicht halten. Ihre Zusammenfassung erscheint uns jedoch so interessant, dass wir sie Ihnen nicht vorenthalten wollen.

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zuletzt bearbeitet: 14.11.2006 nach oben

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