Home > Aktuelles > Diabetes-Nachrichten > Archive > 2006 > 061102e
Akutkomplikationen des Diabetes mellitus
Abstract zum Vortrag von Dr. med. Thea Schirop, Vorsitzende der Berliner Diabetes-Gesellschaft und Vorsitzende der Norddeutschen Diabetes-Gesellschaft, im Rahmen der Pressekonferenz zur Veranstaltung: AND-Symposium für Praktische Diabetologie/Herbsttagung-DDG am 2. November 2006 in Berlin.Die Behandlung von Diabetikern mit Über-/Unterzuckerungen
Mit dem Manifestwerden des Diabetes mellitus bestehen für den Patienten zwei Akutkomplikationen:
- das Koma diabetikum
a) ketoacidotisch beim Diabetes Typ 1
b) hyperosmolar - nicht ketoacidotisch beim Diabetes Typ 2 - die hypoglykämische Reaktion bzw. der hypoglykämische Schock. In der Schulung müssen der Patient und ggf. seine Angehörigen in ausreichenden Umfang über diese Komplikationen informiert werden.
Das Koma diabetikum
Ursachen
Infektionen, Stresssituationen zum Beispiel Arbeitsplatzverlust, Partnerkonflikte, Geldprobleme; Vergessen der Insulingaben; jede Erkrankung. Grund: der Insulinbedarf steigt, lässt der Patient dann die Insulingabe weg, Gefahr des Koma.
Klinik
Übelkeit, Erbrechen, starker Durst, Anstieg der Körpertemperatur, unter Umständen abdominelle Schmerzen (Symptom eines Reizdarms), zu Beginn vermehrter Harnfluss später Anurie. Blutdruckabfall, schneller Puls. Wird der Flüssigkeitsverlust nicht ersetzt Folge: Koma.
Bei Patienten mit einem Diabetes mellitus Typ 1 Entwicklung einer gesteigerten Lipolyse mit Anfall von Ketosäuren = Azeton im Harn.
Die metabolische Azidose führt dann zur Entwicklung der Kussmaul Atmung. Der Patient durchläuft drei Stadien der Bewusstlosigkeit:
- Somnolenz, sprich Schläfrigkeit, aber der Patient ist noch erweckbar.
- Sopor, sprich, der Patient ist nur auf Schmerzreize erweckbar.
- Koma, sprich, der Patient ist nicht mehr erweckbar.
Was ist zu tun?
Der Patient sollte in ärztlicher Begleitung in eine Aufnahmestation transportiert werden; dort Sicherung der Diagnose durch Laboruntersuchungen: Bestimmung des Kalium / Natrium; Retentionswerte; Blutgasanalyse und Messung der Blutzuckerkonzentration.
Ist die Diagnose als sicher anzunehmen, Verlegung des Patienten auf eine Intensivstation wegen der Störung im Kaliumhaushalt / Gefahr der Herzrhythmusstörungen. Ferner Gabe von Insulin intravenös in kleinen Dosen zum Beispiel 4-6 Einheiten lnsulin kontinuierlich über Perfusor und Gabe von physiologischer Kochsalzlösung. Das Flüssigkeitsdefizit kann zwischen 12-18 Litern liegen. Überwachung von Atmung / Kreislauf und Harnausscheidung.
Die Letalität (Sterberate, Anm. d. Red.) auf der Intensivstation liegt zwischen 1 und 3 %, hier der Grund Infektionen.
Hyperosmolares, nicht keto-acidotisches Koma diabetikum (Typ 2)
Hervorzuheben ist die hohe Letalität mit zunehmendem Alter. Gefahren durch den Flüssigkeitsverlust: Embolien, Myocardinfarkt, cerebrale Insulte (Anfälle im Gehirn, Anm. d. Red.). Tod häufig in der akuten Linksherzdekompensation, da die Pumpfunktion des Herzens eine höhere Flüssigkeitszufuhr nicht toleriert.
Labor: Natrium extrem hoch, ebenfalls höhere Blutzuckerkonzentrationen > 800 mg/dl (= 44,4 mmol/l).
Hypoglykämien
Auftreten
Inadäquate körperliche Belastung; zu hohe Insulindosen, fehlende Nahrungsaufnahme, Alkoholeinfluss, cave: orale Antidiabetika vom Sulfonylharnstoff-Typ (Ältere Diabetiker vom Typ 2) wegen der langen Halbwertszeit der Medikamente.
Klinik
Schwitzen, Zittern, Sehstörungen, Tachycardie, Blässe der Haut - in wenigen Minuten Entwicklung von cerebralen Symptomen, generalisierten Krämpfen, bei älteren Patienten Bild eine Hemiplegie (halbseitige Lähmung, Anm. d. Red.). Der Patient entwickelt in sehr kurzer Zeit einen Schock/Koma.
Therapie
Gabe von Glukose (Patient noch ansprechbar: Traubenzucker oder Coca Cola); bei Bewusstseinsstörungen: Gabe der Glukose intravenöse; bei Kindern auch Gabe von Glukagon möglich mit anschließender Gabe von Glukose per os (über den Mund, Anm. d. Red.).
Bei jeder Bewusstlosigkeit muss an erster Stelle die Hypoglykämie ausgeschlossen werden.
(Es gilt das gesprochene Wort!)
Bildunterschrift: Dr. med. Thea Schirop
Bildquelle: Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG)