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Deutsche Diabetes-Gesellschaft kommentiert Vorbericht des IQWiG:

Vorteile der kurzwirksamen Insulinanaloga für Typ-1-Diabetiker nicht ausreichend berücksichtigt

Auch Patienten mit Diabetes Typ 1 müssen zukünftig möglicherweise auf eine Insulinoption verzichten: Nach der umstrittenen Regelung für Patienten mit Typ-2-Diabetes kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einem Vorbericht für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zum vorläufigen Ergebnis, dass kurzwirksame Insulinanaloga auch zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1 im Vergleich zu Humaninsulinen keinen Zusatznutzen haben. Der Pharmakotherapieausschuss der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) kritisiert in einer Stellungnahme das methodische Vorgehen des IQWiG. Wie sich die aktuellen politischen Entscheidungen auf Patienten mit Diabetes auswirken, ist ein Thema der Pressekonferenz anlässlich des AND-Symposiums/DDG-Herbsttagung am 2. November 2006 in Berlin.

Folgt der G-BA diesem vorläufigen Ergebnis und stimmt das Bundesgesundheitsministerium zu, könnte die Erstattung von kurzwirksamen Insulinanaloga bei Menschen mit Typ-1-Diabetes ebenso aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen herausfallen wie bereits für Typ-2-Diabetes geschehen. Problematisch ist aus Sicht der DDG die Bewertungsgrundlage des IQWiG. "Das Institut hat für den Vorbericht zu den kurzwirksamen Insuline nur wenige Studien berücksichtigt - lediglich neun von 1293 Veröffentlichungen. Das dem zugrunde liegende Auswahlverfahren ist im internationalen Vergleich unüblich restriktiv", kritisiert Professor Dr. med. Harald Klein, Vorsitzender des Pharmakotherapieausschusses der DDG. Nach Meinung des Experten-Ausschusses hätten klinische Studien Vorteile der kurzwirksamen Analoga für Typ-1-Diabetiker wissenschaftlich belegt.

In der Medizin gäbe es fast nie hundertprozentige Beweise wie in der Mathematik. Zur Absicherung seiner Vorgehensweisen sei man immer auf die Sammlung von verschiedensten Belegen in klinischen Studien, aber auch auf die persönliche Erfahrung von Arzt und Patient angewiesen. Einzelne klinische Studien wären dabei im Hinblick auf die Abbildung der Realität fast immer ein Kompromiss, da sie beispielsweise Rücksicht auf Auswahlkriterien und ethische Gesichtspunkte nehmen müssten. Somit seien sie in ihren Aussagen selten hundertprozentig unangreifbar. In ihrer Gesamtheit, und zusammen mit dem nötigen Maß klinischer Erfahrung sowie der Kenntnis grundlegender Krankheitsmechanismen ergäbe sich dann aber für den Arzt die bestmögliche Sicherheit, das Richtige zu tun. Durch unüblich strenge Studienauswahl könne man nahezu jede Verfahrensweise in der Medizin als unbelegt darstellen.

Ein Vorteil der kurzwirksamen Insulinanaloga ist der verminderte Abstand zwischen dem Spritzen und der unmittelbaren Möglichkeit zu essen. Davon profitieren alle Patienten - insbesondere auch Kinder und Jugendliche. Aufgrund der Studienauswahl des IQWiG findet diese letztgenannte Gruppe jedoch gar keine Berücksichtigung in dem Vergleich zwischen kurzwirksamen Insulinanaloga oder Humaninsulin. Damit ist eine Patientengruppe in der Prüfung des Instituts gar nicht berücksichtigt. "Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist es jedoch besonders wichtig, die Blutzuckerwerte möglichst genau denen von Nichtdiabetikern anzugleichen, um langfristige Folgeschäden und -erkrankungen zu vermeiden", betont Professor Dr. med. Wolfgang Kerner, Präsident der DDG. Stattdessen zieht das IQWiG eine Untersuchung an lediglich 15 Patienten heran, um die Bedeutungslosigkeit des Spritz-Ess-Abstandes zu belegen.

Der DDG Pharmakotherapieausschuss wirft dem Vorbericht des IQWiG eine inadäquate Methodik vor: "Unter geänderten Arbeitsvorgaben würden die Vorteile der kurzwirksamen Insulinanaloga in der Behandlung des Typ-1-Diabetes dann auch sichtbar", so der Pharmakotherapieausschuss der Deutschen Diabetes Gesellschaft.

Für Patienten mit Diabetes Typ 2 sind die Bewertungen des IQWiG und des darauf folgenden G-BA-Beschlusses bereits gesetzlich umgesetzt: Seit 29. September 2006 sollen Ärzte ihre Patienten mit Diabetes Typ 2 ausschließlich auf kostengünstigeres Humaninsulin einstellen. Kurzwirksame Insulinanaloga sind nicht verordnungsfähig, solange sie mit Mehrkosten für die Krankenkassen im Vergleich zu kurzwirksamen Humaninsulin verbunden sind.

PDF der Stellungnahme: www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de.

zuletzt bearbeitet: 31.10.2006 nach oben

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