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Zur Aussagekraft des IQWiG-Berichtes "Kurzwirksame Insulin-Analoga"

Pressekonferenz "Insuline für Diabetiker werden gestrichen"

Arbeitsweise und angewandte Methodik des IQWiG wissenschaftlich inkorrekt

Kurzfassung des Vortrags von Prof. Dr. med. Heinz Letzel, Arzt, Biometriker, Epidemiologe, Wissenschaftstheoretiker, zur Pressekonferenz "Insuline für Diabetiker werden gestrichen" am 23. Februar 2006 in Berlin

Prof. Dr. med. Heinz Letzel
  1. Ich habe seit Juli vergangenen Jahres im Interesse der betroffenen GKV-Patienten zahlreiche Publikationen über die wissenschaftlich ungenügenden und rein ideologisch ausgerichteten "Methoden, Version 1.0, 1. März 2005" (www.iqwig.de) publiziert und dabei den Beweis geführt, dass diese "Methoden" aus medizinischer, biometrischer sowie wissenschafts- und rechtstheoretischer Sicht als Basis für die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages nach § 139 a bis c untauglich sind.
  2. Der jetzt am 15. Februar 2006 im Internet publizierte Bericht zu den kurzwirksamen Insulin-Analoga hat alle meine vorher publizierten Bedenken leider noch übertroffen. Hierzu beispielhaft einige Gründe:
    • Das Institut ist zwar auf Unabhängigkeit und Transparenz sowie die Vergabe von Bewertungsaufgaben an externe Sachverständige verpflichtet, hat sich aber dennoch nicht gescheut, nachweislich voreingenommene Wissenschaftler, die zum Teil auch gemeinsam mit dem Institutsleiter Sawicki noch bis 2004 gegen die Insulin-Analoga publiziert haben, als Autoren für den erwähnten Bericht auszuwählen. Allein dadurch ist dieser Bericht keine wissenschaftlich tragfähige Grundlage für eine juristisch vertretbare Entscheidung durch den G-BA.
    • Das IQWiG hat einen Bericht vorgelegt, welcher nur 0.05% der relevanten Fachliteratur berücksichtigt, unbelegte Behauptungen aufstellt und schwerwiegende methodische und diabetologische Fehler enthält.
    • Der Bericht lässt ökonomische Details völlig außer Betracht. Dies macht auch die sowieso unzureichende Nutzenbewertung des IQWiG auf der Basis nicht vorgegebener Kriterien wertlos:
      • Die durchschnittliche Häufigkeit von Unterzuckerungs-Episoden liegt bei den Analoga bei im Durchschnitt drei Vorfällen pro Monat, beim Humaninsulin bei im Mittel vierzehn Vorfällen pro Monat.* Daraus lässt sich folgern, dass wahrscheinlich die unterschiedlichen monatlichen Arzneimittelkosten (ca. 24 Euro für Humaninsulin versus ca. 31,50 Euro für die Analoga) durch die fast fünfmal so teuren Kosten für die unterschiedlichen Häufigkeiten für Unterzuckerungs-Episoden bereits kurzfristig aufgefressen werden.
      • Langfristig herrscht noch eine viel dramatischere Situation: Die Behandlungskosten beim Diabetes mellitus Typ 2 betragen derzeit nur ca. 20% der Gesamtkosten. Die restlichen 80% werden für die Behandlung der Folgeerkrankungen verbraucht. Es gibt vom IQWiG ausgeklammerte Studien, welche zeigen, dass durch eine konsequentere Behandlung auch zusätzlicher Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen, diese 80% (entsprechen mehrere Milliarden Euro pro Jahr) zu halbieren, wenn man nicht an einer konsequenten Therapie spart, sondern hier die Möglichkeiten intensiv nutzt. Dann würden die direkten präventiven Therapiekosten vielleicht von 20 auf 30% steigen, die Kosten für die Behandlung der Folgeerkrankungen im Idealfall aber von 80 auf 40% sinken mit der Konsequenz einer ca. 30-prozentigen Nettoeinsparung - ein Argument, welches bisher weder vom IQWiG noch vom G-BA in seiner Tragweite auch nur näherungsweise verstanden wurde.
  3. Aus all diesen Argumenten folgt zwingend als Fazit:
    • Die Arbeitsweise des IQWiG und die angewandte Methodik bei der Bewertung der kurzwirksamen Insulin-Analoga ist als wissenschaftlich inkorrekt anzusehen.
    • Das Ergebnis des IQWiG-Berichts stellt tatsächlich keine Nutzenbewertung dar.
    • Der Vorwurf gegenüber den kurzwirksamen Insulin-Analoga, dass diese zu teuer seien, stimmt weder kurzfristig, bezogen auf zu erwartende Behandlungskosten im Monat (Unterzuckerungen!), noch langfristig, da die Problematik der Gesamtbehandlungskosten aufgrund der zu erwartenden Folgeerkrankungen völlig außer Acht gelassen wird.

Hinweis: Alle Zitate und zugrunde liegenden Studien liegen beim Autor vor.

Bildunterschrift: Prof. Dr. med. Heinz Letzel
Bildquelle: Presseagentur der Veranstaltung

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zuletzt bearbeitet: 27.02.2006 nach oben

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