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Marburger Computersimulationen für die Pharma- und Medikamentenentwicklung

Das Verfahren soll unter anderem die Entwicklung neuer Diabetes-Medikamente unterstützen

Das europaweite Forschungsprojekt BIOSIMULATION for Drug Research, das moderne Verfahren der Computersimulation für eine effektivere und kostensparende Entwicklung von Medikamenten nutzen will, fördert die EU mit insgesamt 10,7 Millionen Euro. Marburger Wissenschaftler nehmen in dem Gesamtprojekt eine herausragende Stellung ein, da sie die Hauptlast der Untersuchungen zu dem Projektbereich Neurologisch/Psychiatrische Störungen tragen.

Im BIOSIM-Projekt sollen die wesentlichen Funktionen bestimmter Organsysteme mittels mathematischer Formeln in dem Computer nachgebildet werden, um die mögliche Wirkungsweise von Medikamenten, aber auch eventuelle schädliche Nebenwirkungen schon im Vorfeld experimenteller und klinischer Untersuchungen abzuschätzen. Das menschliche Vorstellungsvermögen ist in diesem Fall, angesichts der vielfältigen, meist "nichtlinearen" Wechselwirkungen zwischen den verschiedensten biologischen Funktionen, nachweislich überfordert. Deshalb werden viele Tierversuche und klinische Studien unternommen, die sich aber häufig im Nachhinein als wertlos erweisen.

In dem Projekt soll nun die Voraussagekraft wissenschaftlich fundierter Computersimulationen erhöht werden, um so die Anzahl der Tierversuche wie auch die Zahl der klinischen Studien mit all den Risiken für die Patienten deutlich zu verringern. Abgesehen von den ethischen Gesichtspunkten könnten so auch die horrenden Kosten der Medikamentenentwicklung drastisch gesenkt werden, was wiederum der Konkurrenzfähigkeit der europäischen Pharmaindustrie zugute kommt.

Das Netzwerk untersucht grundlegende methodische Fragen solcher Computersimulationen und setzt inhaltliche Schwerpunkte auf ausgesuchte Krankheitsbilder. Dies sind Diabetes (Zuckerkrankheit), Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, speziell Bluthochdruck, neurologisch/psychiatrische Erkrankungen, insbesondere Depressionen und Schlafstörungen sowie Tumorerkrankungen (Krebs).

Die EU fördert das Projekt als ein Network of Excellence über eine Laufzeit von fünf Jahren. Dieses Netzwerk besteht aus etwa 20 meist universitären Forschungsgruppen, die auf exzellente Forschungsarbeiten auf dem Gebiet von Computersimulationen verweisen können. Hierzu gehört auch ein Marburger Forschungsverbund, der sich aus Wissenschaftlern des Physiologischen Instituts (Dr. Hans Braun, Dr. Horst Schneider, Professor Karlheinz Voigt), der Klinik für Psychiatrie (PD Dr. Martin Huber, Professor Christian Krieg) und dem Schlaflabor der Inneren Medizin (Professor Thomas Penzel und Professor Heinrich Becker) zusammensetzt.

Um die Forschungsergebnisse möglichst unmittelbar verwertbar zu machen, sind in das Netzwerk außerdem eine Reihe von Privatfirmen aus der Pharmaindustrie und naheliegender Bereiche eingebunden. Hierzu gehören Großfirmen wie Novo Nordisk, Weltmarktführer bei Diabetes-Präparaten, aber auch mittelständische Unternehmen wie die Marburger Firma interActive Systems, die sich mit neuartigen Informationssystemen unter anderem im Bereich der Parkinson-Forschung einen Namen gemacht hat.

Verantwortlicher Koordinator des Gesamtprojekts ist Professor Erik Mosekilde von der Dänischen Technischen Universität in Lyngby. Die weiteren am Projekt beteiligten Universitäten reichen von Oxford im nördlichen bis zu den Balearen im südlichen Europa. Die Marburger Universität nimmt in dem Gesamtprojekt eine herausragende Stellung ein, da ihre Wissenschaftler die Hauptlast der Untersuchungen zu dem Projektbereich "Neurologisch/Psychiatrische Störungen" tragen. Dr. Hans Braun vom Physiologischen Institut ist Leiter dieses Bereichs und Mitglied des für die Gesamtplanung verantwortlichen Gremiums ("steering group").

Diese besondere Stellung der Marburger Gruppe beruht darauf, dass es in Marburg gelungen ist, eine interdisziplinäre Forschergruppe zusammenzustellen, die schon seit vielen Jahren auf sehr erfolgreiche Arbeiten aus der Verbindung von experimenteller und systemtheoretischer Grundlagenforschung mit klinisch angewandter Forschung verweisen kann. So führte die Verknüpfung experimenteller Daten mit modernen systemtheoretischen Analysen am Physiologischen Institut zu einem neuen Modell von Nervenzellen.

In Zusammenarbeit von Physiologie und Psychiatrie wurde in Marburg auch das erste mathematisch fundierte Computermodell zum Zeitverlauf manisch-depressiver Störungen vorgestellt. Außerdem haben sich die Marburger Forscher schon früher durch hochwertige Computersimulationen für die Lehre (z. B. MacFrog/SimNerv) einen weltweit anerkannten Namen gemacht. Wesentlichen Anteil hierbei hatte Dr. Martin Hirsch, Gründer der Marburger Multimedia Firma interActive Systems, die auch wieder an diesem EU-Projekt mitarbeiten wird.

zuletzt bearbeitet: 13.12.2004 nach oben

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