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Reform des Risikostrukturausgleichs in der Gesetzlichen Krankenversicherung

Pressemitteilung: Marburger Bund

100. Hauptversammlung des Marburger Bundes

Berlin, 02./03.11.2001 Beschluss Nr. 12

Der Marburger Bund fordert den Gesetzgeber auf, bei der Reform des Risikostrukturausgleichs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (Bundestags-Drucksache 14/6432) zu berücksichtigen, dass bei den beabsichtigten Disease-Management-Programmen die Festlegung von ärztlichen Behandlungsstandards und Kooperationsregeln sowie von Qualitätssicherungsmaßnahmen ohne Einbeziehung der ärztlichen Organisationen nicht möglich ist. Ebenso soll ärztlicher Sachverstand bei den Genehmigungsverfahren beachtet und an den bewährten Elementen der gemeinsamen Selbstverwaltung festgehalten werden.

Trotz grundsätzlicher Vorbehalte gegenüber dem Instrument Risikostrukturausgleich an sich, erkennt der Marburger Bund die im Gesetzentwurf festgelegte Zielsetzung an, durch eine grundsätzliche Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs die noch vorhandenen Anreize zur Risikoselektion weiter einzuengen und mittelfristig zu beseitigen sowie die Versorgungsqualität insbesondere der chronisch Kranken zu verbessern. Durch die Ausgleichszahlung der Krankenkassen untereinander für maximal sieben Disease-Management-Programme sollen die derzeitigen Regelungen zum Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen, die bislang nur auf die Kriterien Alter, Geschlecht, Invalidität und Einkommensunterschiede abgestellt waren, um die Morbidität der Versicherten erweitert werden. Dabei ist das Disease-Management eine medizinische Versorgungsform, mit der u. a. die Prävention und Behandlung einer Krankheit verbessert und die durch diese Krankheit bedingten Beeinträchtigungen reduziert werden können.

Völlig unverständlich sind jedoch die im Gesetzentwurf zur Ausgestaltung der Disease-Management-Programme für chronisch Kranke vorgesehenen Regelungen. Zunächst wird dem Koordinierungsausschuss, in dem alle Spitzenorganisationen vertreten sind, die Aufgabe übertragen, anhand genannter Kriterien zu überprüfen, für welche Krankheiten unter Berücksichtigung der jeweiligen Schweregrade die Disease-Management-Programme geeignet sind (§ 137f Abs.2 SGB V). Danach werden allein die Spitzenverbände der Krankenkassen beauftragt, dem Bundesministerium für Gesundheit auf der Grundlage der vom Koordinierungsausschuss empfohlenen Krankheiten Kriterien für die Ausgestaltung von Disease-Management-Programmen zu entwickeln, deren Erfüllung Voraussetzung für eine Berücksichtigung der Programme im Risikostrukturausgleich ist. So wird in diesem Gesetzentwurf den Spitzenverbänden der Krankenkassen eine alleinige Festlegungskompetenz eingeräumt. Dies lehnt der Marburger Bund entschieden ab.

Disease-Management-Programme sind klassische Elemente einer ambulant/stationären Kooperation. Deren medizinisches Versorgungsprogramm und die gestellten Qualitätsanforderungen können nur mit Zustimmung der Ärzteschaft erfolgen. Indem man den Spitzenverbänden der Krankenkassen den Auftrag erteilt, Kriterien für die Ausgestaltung von Disease-Management-Programmen zu entwickeln, greift man in die bewährte Kompetenz der gemeinsamen Selbstverwaltung ein, missachtet Vorschläge der Selbstverwaltung und berücksichtigt einseitig die Vorstellungen der Krankenkassen. Weiterhin ist zu beachten, dass Disease-Management-Programme zu zusätzlichen Geldflüssen bei den Krankenkassen führen. Die Festlegung von Anforderungen an das Behandlungsprogramm und die Behandlungsqualität von Disease-Management-Programmen ist somit verknüpft mit ökonomischen Interessen und darf deshalb nicht in der alleinigen Entscheidungskompetenz der Krankenkassen liegen.

Die hier beabsichtigten Regelungen führen dazu, dass den in einem Verdrängungswettbewerb stehenden Krankenkassen die Verantwortung für die Qualitätssicherung zugeschoben wird und man ihnen noch zusätzlich die Evaluation der Wirksamkeit und der Kosten überlässt. Dies ist ein eklatanter Widerspruch zu dem auch von der Bundesregierung propagierten Prinzip der gemeinsamen Selbstverwaltung.

zuletzt bearbeitet: 03.11.2001 nach oben

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