Prinzipien der Health On the Net Foundation.
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WIdO-Studie belegt: Prävention bei der AOK Schleswig-Holstein zeigt beachtlichen Erfolg
Wie sich die Lebensqualität von erkrankten Menschen verbessern
und gleichzeitig Krankheitskosten senken lassen, zeigt ein Programm der Sekundär-/Tertiärpävention der
AOK Schleswig-Holstein. Das Konzept wurde durch das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) evaluiert.
Im Ergebnis, das nun der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird, zeigen sich beachtliche Erfolge
und zwar sowohl im Hinblick auf Qualitätsziele als auch unter ökonomischen Gesichtpunkten.
Sekundär- und Tertiärprävention als besondere Herausforderung
"Präventionsangebote für Menschen mit chronischen
Erkrankungen stellen eine besondere Herausforderung dar", so Angelika Forster, Leiterin der
Abteilung Gesundheitsmanagement der AOK Schleswig-Holstein. Für die Teilnehmer solcher Angebote sei
eine völlige Genesung meist unerreichbar.
Mit zunehmender Krankheitsdauer drohe vielmehr eine Verschlechterung des Gesundheitszustands und ein
hohes Risiko für Folgeschäden. Häufig haben die Patienten eine intensive Krankheits- und auch
Behandlungsgeschichte hinter sich.
Forster: "Hier setzen sekundär- und tertiärpräventive Angebote an. Deren Ziel heißt: Den
richtigen Zugangsweg für die betroffenen Versicherten finden und sie individuell bedarfsgerecht
zu begleiten und zu unterstützen.
Durch die aktive Einbindung der chronisch Kranken soll die Fähigkeit, mit der Erkrankung
eigenverantwortlich umzugehen, gestärkt werden. Krankheitsbedingte Beeinträchtigungen sollen abgemildert,
ein Fortschreiten der Erkrankung aufgehalten und Folgekrankheiten vermieden werden".
Maßgeschneiderte Beratung
Nach Streichung des so genannten Präventionsparagraphen im
Sozialgesetzbuch entwickelte die AOK Schleswig-Holstein 1996 ein behandlungsunterstützendes
Betreuungskonzept für Kranke. Die einjährige Beratung in Form von Kursen und Einzelgesprächen
wendete sich in erster Linie an Patienten mit Rücken-, Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Krankheiten.
Das sind Krankheiten mit hoher epidemiologischer Bedeutung was Häufigkeit, Behandlungskosten und
krankheitsbedingte Fehlzeiten am Arbeitsplatz betrifft.
Am Beginn der Beratung wurden mit den Teilnehmern aktuelle Beschwerden und Erkrankungen besprochen.
Wie und von wem wurde behandelt? Auch die familiäre Disposition wurde geklärt. Dann wurden
geeignete Angebote ausgewählt und individuelle Ziele verabredet, die mit der Teilnahme erreicht
werden sollten. Zum Programm gehörten auf spezifische Erkrankungen ausgerichtete Kurse, zum
Beispiel zur Ernährung, Rückenschule oder zum Stressmanagement.
Das Beraterteam bestand aus Ökotrophologen, Sportwissenschaftlern und -lehrern, (Sozial-) Pädagogen
und Diätassistenten. Am Abschluss der Beratung standen Empfehlungen zur weiteren Stabilisierung
der Lebens- und Gesundheitssituation. Bei Bedarf wurden Kontakte zu Sportvereinen und
Selbsthilfegruppen hergestellt.
Aufwendige Evaluation
Das Konzept wurde ab 1997 umgesetzt und vom WIdO evaluiert.
Die Kosten-Effektivitäts-Analyse bewertet die Maßnahmen hinsichtlich gesundheitlicher und
ökonomischer Effekte mittelfristig (am Ende der Beratung) und langfristig (zwei Jahre nach der Beratung).
Weiterhin wurde die Prozess- und Servicequalität des Präventionsprogramms untersucht. Durch
wiederholte schriftliche Befragungen der Versicherten wurden Indikatoren zur gesundheitsbezogenen
Lebensqualität und der Einstellung zu gesundheitsfördernden Maßnahmen der Teilnehmenden ermittelt.
Für die gesundheits-ökonomische Analyse war ein Großteil der Leistungsdaten zugänglich. Die Effekte
der Präventionsmaßnahmen wurden in einer randomisierten Fall-Kontroll-Studie durch einen mehrjährigen
Vergleich von Teilnehmer- und Kontrollgruppen bewertet. Schließlich wurden die erzielten finanziellen
Effekte den Kosten des sekundär-/tertiärpräventiven Angebots gegenüberstellt.
Beratungsangebot empfehlenswert
Die Teilnahmegründe an den Maßnahmen waren geprägt von
hoher Eigenmotivation. Bei den Erwartungen wurden insbesondere Empfehlungen zu sinnvollen
Eigenaktivitäten bei der Bewältigung der jeweiligen Erkrankung genannt. Die Qualität des
Erstgesprächs wurde insgesamt positiv beurteilt.
Die Zufriedenheit mit dem Kursangebot war hoch, teilweise wurden Schwierigkeiten beim Umsetzen von
Maßnahmen im Alltag genannt. Christian Günster vom WIdO betont: "Es besteht in hohem Maß
Interesse an sekundär-/tertiärpräventiven Maßnahmen. Dies gilt insbesondere für Personen, die
ihren Gesundheitszustand subjektiv als schlecht einstufen."
Sowohl unmittelbar nach der Maßnahme, als auch zwei Jahre danach fällt die Gesamtbeurteilung des
Angebotes durch die Teilnehmer durchweg positiv aus. Günster: "Die Teilnehmer ziehen konkreten
individuellen Nutzen aus den AOK-Angeboten, insbesondere was die Vorbeugung und den Umgang mit
Beschwerden betrifft. So wurde denn auch die Beratung von fast allen Befragten als ein
empfehlenswertes Angebot der Krankenkasse angesehen".
Interessant ist auch: In dem Beratungskonzept gelingt es, die traditionell schwer für
Päventionsangebote erreichbaren berufstätigen Männer für die Teilnahme zu gewinnen. Mehr als die
Hälfte der Teilnehmer (56 Prozent) sind Männer.
Mehr Lebensqualität bei den Teilnehmern
Die Teilnahme an den Angeboten bewirkt insbesondere in der
Phase nach der Beratung eine Verbesserung von wahrgenommenem Gesundheitszustand, Lebenszufriedenheit,
Schmerzbeeinträchtigung und körperlicher Funktionsfähigkeit (siehe Grafikanhang, Download unten).
Langfristig relativieren sich allerdings die positiven Effekte. Auch die Risikosituation - dazu
zählen Faktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck, Stress und Rauchen - verbessert sich nach der
Teilnahme. Die Nettoeffekte sind jedoch geringer und in den krankheitsspezifischen Teilgruppen
uneinheitlich.
Die Beratung, so Andrea Waltersbacher vom WIdO, verändere das Verhalten der Teilnehmer: "Die
tägliche Ernährung wird gesünder, die körperliche Aktivität gesteigert. Die Beratungsteilnehmer
fühlen sich durch die Maßnahme bei ihrem Umgang mit der Erkrankung und in ihrem Bemühen um einen
gesünderen Lebensstil stark unterstützt. Auch noch zwei Jahre nach der Beratung berichten die
ehemaligen Teilnehmer von diesen Verhaltensänderungen."
Einsparungen bei Leistungsausgaben
In zwei zeitlich gestaffelten Untersuchungsgruppen wurden
die Leistungsausgaben der AOK Schleswig-Holstein gesenkt: in der ersten Gruppe drei Jahre nach
Beratungsstart um 985 Euro je Teilnehmer, in der zweiten Gruppe nach zwei Jahren um 856 Euro
je Teilnehmer.
Einsparungen ergeben sich insbesondere in den Bereichen Krankenhaus und Krankengeld. Dabei sind
allerdings nach Aussagen der Wissenschaftler bei den Krankenhausausgaben starke Schwankungen
festzustellen, sodass dieser Effekt nicht statistisch abgesichert werden konnte.
Neben den AOK-Ausgaben wurden die krankheitsbedingten Fehlzeiten am Arbeitsplatz reduziert. Nach
drei Jahren konnten 23,1 Fehltage je Versicherten vermieden werden, in der zweiten Gruppe nach
zwei Jahren immerhin noch 6,9 Tage.
Kompensation der Beratungskosten
Stellt man den Einsparungen die Gesamtkosten für das
AOK-Beratungsangebot gegenüber, so zeigt sich nach Beendigung der Anlaufphase eine Überkompensierung
der Beratungskosten. Ob sich die Beratungskosten je Versicherten zukünftig weiter senken lassen,
ist nach Meinung von Joachim Klose vom WIdO offen. Einer Senkung der Beratungskosten beim Übergang
in die Routine stehen mögliche Mehrkosten durch sinnvolle ergänzende Interventionsschritte im Rahmen
des Angebots gegenüber.
Klose: "Denn dass bei den nichtmonetären Effekten wie Lebensqualität die stärksten Veränderungen
in die Phase unmittelbar nach den Beratungsmaßnahmen fallen und dann abnehmen oder ganz verschwinden,
weist auf zusätzlichen Bedarf für eine nachgelagerte Beratung hin, um Ermüdungseffekten
entgegenzuwirken.
Qualitäts- und Kostenziele erreicht
Insgesamt zeigt das Beratungskonzept der AOK Schleswig-Holstein
beachtliche Erfolge. Es werden sowohl Qualitäts- als auch Kostenziele erreicht. Die AOK Schleswig-Holstein
plant nun, die therapieunterstützenden Angebote in Disease-Management-Programme zu integrieren. Dabei
werden die Ergebnisse der Evaluation intensiv genutzt. (WIdO-Presseinformation vom 16.04.04)
(WIdO bedeutet: Wissenschaftliches Institut der AOK, Anm. d. Red.)
Grafik-Anhang zur WIdO-Presseinfo.
Pressemitteilung: AOK-Bundesverband (AOK).
16.04.2004
Archiv 2004
- Nachrichten zur Gesundheitspolitik
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