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Zeitleiste gesundheitspolitischer Reformen

1988
Durch das Gesundheitsreformgesetz wird die "erste Stufe" der Gesundheitsreform eingeläutet. Es beinhaltet die Einführung von Festbeträgen für Arzneimittel (das heißt Höchstbeträgen, die von Krankenkassen für bestimmte Arzneimittel mit gleichem oder ähnlichem Wirkstoff übernommen werden) und die Erhöhung des Selbstkostenanteils für Arzneimittel (auch Zuzahlung oder Rezeptgebühr genannt).
1992
Die "zweite Stufe" der Gesundheitsreform stellt das vom damaligen Gesundheitsminister Horst Seehofer initiierte Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) dar. Es tritt 1993 in Kraft und bezweckt nach Ansicht des Gesetzgebers die Gleichstellung der unterschiedlichen Krankenkassen. Damit ist der Rahmen für die Einführung der Kassenwahlfreiheit und des Risikostrukturausgleichs gesteckt.
Im Krankenhausbereich werden die "Tagessätze" durch "Fallpauschalen" abgelöst. Die Bezahlung erfolgt nach Art der Erkrankung und nicht anhand der Aufenthaltsdauer des Patienten im Krankenhaus.
Für Patienten bedeutet das neue Gesetz neben einer Reihe neuer Zuzahlungspflichten insbesondere die Ablösung des Krankenscheins durch die Krankenversichertenkarte.
1994
Der Risikostrukturausgleich (RSA), ein gemeinsamer Topf, in den jede Krankenkasse für jedes Mitglied einen bestimmten Prozentsatz einzahlt. Er basiert auf den unveränderbaren Faktoren: Einkommen, Alter, Geschlecht und mitversicherte Familienangehörige. Dahinter steht die Idee, die unterschiedliche Verteilung von Risikopatienten, das sind aus Sicht der Krankenkassen vor allem ältere und chronisch Kranke, auszugleichen. Alle Kassen sind finanziell so zu stellen, als ob ihre Mitglieder die durchschnittliche Risikostruktur hätten, um damit gleiche Startchancen für den bevorstehenden Wettbewerb zu erreichen.
1996
Mit dem Recht auf freie Kassenwahl (jeder kann sich seine Krankenkasse selbst aussuchen) will der Gesetzgeber Anreize für die Kassen schaffen, besonders wirtschaftlich zu arbeiten, vor allem die Verwaltungskosten einzudämmen. Damit werde eine "solidarische Wettbewerbsordnung" geschaffen.
1997
Der Vollständigkeit halber sei die Verabschiedung des 1. und 2. Neuordnungsgesetzes als "dritte Stufe" der Gesundheitsreform erwähnt. Schwerpunkt ist die "Koppelung von Beitragssatzerhöhungen an Zuzahlungserhöhungen".
1999
Mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung in den neuen Ländern wird erstmals der Ausgleichsbedarfssatz (entscheidende Größe zur Ermittlung der Ausgleichszahlungen) in Ost- und Westdeutschland einheitlich berechnet.
Nach Meinung der Regierung ist damit ein wichtiger Schritt in Richtung eines gesamtdeutschen RSA gemacht.
Doch der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, eine Untersuchung über die Wirkung des Risikostrukturausgleichs in Auftrag zu geben. Zwei Forschergruppen kommen später in ihren Gutachten[1] unabhängig voneinander zu dem Ergebnis, dass der RSA ein wesentliches Ziel nicht erreicht habe: Die Angleichung der Risikostrukturen, also die gleichmäßige Verteilung von besonders teuren Kassenmitgliedern. Vor allem junge und gesunde Menschen gingen von den Allgemeinen Ortskrankenkassen und den Ersatzkassen zu den preiswerteren Betriebskrankenkassen. Der RSA müsse folglich reformiert und die Wettbewerbsverzerrung verhindert werden.
2001
Das "Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung" wird von Bundestag und Bundesrat auf den Weg gebracht. Es bezieht wesentliche Elemente aus beiden Gutachten ein, und beabsichtig die schrittweise Einführung von Disease-Management-Programmen, des Risikopools und des Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (siehe unten).
Aus Sicht des Gesetzgebers soll durch die Regelung (§§ 266 ff. ;SGB V) eine qualitativ hochwertige Versorgung chronisch Kranker für die Kassen attraktiv und finanzierbar werden. Denn in Deutschland würden vermutlich weniger als die Hälfte der Chroniker nach wissenschaftlich gesicherten Standards (Evidence-Based Medicine (EBM)) behandelt. Durch diese Strukturmängel im Gesundheitswesen komme es nicht selten zu der in den Gutachten konstatierten Über-, Unter- und Fehlversorgung.
2002
Herzstück der Reform ist die Einführung sogenannter Disease-Management-Programme zum 1. Juli 2002. Ziel ist es, damit einheitliche und qualitätsgesicherte Behandlungsprozesse unter besonderer Berücksichtigung der individuellen Patientensituation zu fördern.
2003
Ab Anfang 2003 erhalten die Kassen für besonders teure Versicherte zusätzlich einen Ausgleich aus dem Risikopool. Überdurchschnittlich hohe Aufwendungen für Versicherte werden dann unter Berücksichtigung der Ausgaben für die stationäre und Arzneimittelversorgung, für nichtärztliche Leistungen der ambulanten Dialyse sowie für Kranken- und Sterbegeld ausgeglichen.
Übersteigt die Summe der Kosten für einen einzelnen Versicherten 20.450 EUR im Jahr, trägt die Solidargemeinschaft aus allen gesetzlichen Krankenkassen 60 Prozent des den Schwellenwert übersteigenden Betrags. Der Ausgleich erfolgt über den Risikopool des Risikostrukturausgleichs.
2007
In einem dritten Schritt wird ab 2007 der Morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich eingeführt. Ein Ausgleich aus dem gemeinsamen Topf, der nicht nur Alter, Geschlecht und Einkommen, sondern auch Diagnose und Behandlungskosten der Patienten berücksichtigt. Voraussichtlich können die Krankenkassen dann weder Beitrags- noch Wettbewerbsvorteile durch die Bindung von gesunden Versicherten erzielen, da sie jeweils unterschiedlich berücksichtigt werden. Die Abhängigkeit von der Teilnahme der Chroniker an Disease-Management-Programmen entfällt.
Der Risikopool wird in einen Hochrisikopool überführt, der nur noch für sehr teure Krankheitsausgaben einen Ausgleich nach dem Solidaritätsprinzip vorsieht.

Gutachten:
- IGES / Prof. Cassel / Prof. Wasem, im Auftrag des Gesundheitsministeriums
- Prof. Lauterbach / Prof. Wille (Kurzfassung als PDF 30 kb), im Auftrag verschiedener Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen.

Autor: hu; zuletzt bearbeitet: 01.06.2002 nach oben

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