Prinzipien der Health On the Net Foundation.
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Die Zukunft ist chronisch: Das Institut für Allgemeinmedizin veranstaltet Kongress zur Betreuung
chronisch Kranker
Experten diskutieren Strategien mit wichtiger Rolle für Hausärzte
Der Altersdurchschnitt in der Bevölkerung steigt stetig und immer
mehr Menschen leiden unter chronischen Erkrankungen. Besonders häufig sind Diabetes, Bluthochdruck,
Herzkrankheiten, Asthma oder Depression. Lag die Zahl der chronisch Kranken weltweit im Jahr 2000 noch
bei 46 Prozent, so rechnet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis 2020 mit einem Anteil von
60 Prozent.
Um Strategien zur optimalen Betreuung dieser Patientengruppe zu diskutieren, lädt das Institut für
Allgemeinmedizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main am 17. Oktober 2005 zum
Kongress "Die Zukunft ist chronisch. Das Chronic Care Model in der
Primärmedizin" ein. Die Schirmherrschaft der Veranstaltung hat das Bundesministerium für Gesundheit
und Soziale Sicherung übernommen. Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland sowie Vertretern der
Ärzteschaft und der Krankenkassen bietet der Kongress ein Forum zum Austausch über Herausforderungen
und Möglichkeiten im Umgang mit chronisch kranken Patienten. Ziel des Kongresses ist es, die
Übertragung des so genannten "Chronic Care Models" auf das deutsche
Gesundheitssystem zu prüfen und ein deutschsprachiges Netzwerk zu etablieren.
Gesundheitssystem stärker auf die Bedürfnisse chronisch Kranker ausrichten
"Unser Gesundheitssystem ist noch nicht optimal auf die
Langzeitbetreuung chronisch Kranker ausgerichtet - der Fokus liegt bisher eher auf der Versorgung
akut erkrankter Menschen", so Professor Dr. Ferdinand Gerlach, Direktor des Instituts für
Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt. "Unser Ziel ist es, Strategien zur optimalen
Betreuung zu finden, um langfristige Verbesserungen zu erzielen."
Derzeit werden 80 Prozent der Kosten in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland von
20 Prozent der Versicherten mit einer oder mehreren chronischen Erkrankungen verursacht. Eine
Verbesserung in der Aufwand-Nutzen-Relation durch eine langfristig angelegte Patientenbetreuung für
und mit den Erkrankten ist nicht nur dringend erforderlich, sondern soll nachhaltig den
Krankheitsverlauf der Patienten positiv beeinflussen.
Chronisch Kranke sollen vorausschauend und vorbeugend begleitet werden
Hauptthemen der Konferenz sind Verbesserungsmöglichkeiten im
Zusammenspiel von Ärzten und Patienten in der Langzeittherapie chronischer Krankheiten. Eine zentrale
Rolle übernehmen dabei die Hausärzte, denn chronisch Kranke werden in erster Linie durch sie betreut.
Aber auch die Patienten selbst sollen in Zukunft stärker gefordert werden: Um die eigene Erkrankung
besser zu verstehen und positiv zu beeinflussen, sollen Patienten mehr als bisher eingebunden werden.
Je nach Erkrankung können sie erweiterte Selbstkontroll-funktionen übernehmen und durch konsequentere
Umsetzung der Maßnahmen den Therapieerfolg fördern. Beispiele hierfür sind die Selbstmessung des
Blutzuckers oder Blutdrucks, die selbstständige Durchführung von Bewegungsübungen oder die Umstellung
der Ernährung. Durch Schulungen und Informationsmaterialien sollen Patienten hierbei gezielt unterstützt
werden.
Vor allem die Hausarztpraxen sollen in Zukunft vermehrt auch diese Anleitungs- und
Coaching-Funktionen übernehmen und ihre Rolle als lokale Kompetenzzentren zur
Versorgung chronisch Kranker ausfüllen. Hier ist das gesamte Praxisteam gefordert. Neben der
medizinischen Betreuung durch den Arzt können zukünftig auch Arzthelferinnen unterstützende Funktionen
in der langfristigen Organisation der Patientenführung übernehmen. Sie sollen unter anderem die
Umsetzung der ärztlich verordneten Therapien unterstützen und an notwendige Kontrolluntersuchungen
aktiv erinnern. Das Praxisteam soll dabei nicht nur wie bisher reagieren und warten bis Patienten
mit einem akuten Problem zum Arzt kommen. Chronisch Kranke sollen vielmehr vorausschauend und
vorbeugend begleitet werden. Hierzu soll auch die Kooperation zwischen Hausärzten, Fachspezialisten
sowie Kliniken durch eine intensivere Vernetzung weiter verbessert werden.
Die hierzulande bereits etablierten "Chronikerprogramme" für Patienten mit Diabetes und
Koronarer Herzkrankheit sollen zudem weiterentwickelt werden und der häufigen Multimorbidität, also
dem gleichzeitigen Vorliegen mehrerer Erkrankungen, stärker Rechnung getragen werden.
Das "Chronic Care Model" als Vorbild für eine langfristige
Patientenversorgung
Dr. Ed Wagner, Direktor des renommierten MacColl
Institute in Seattle und Leiter des amerikanischen Programms zur Versorgung
chronisch Kranker, stellt auf der Konferenz das von ihm entwickelte "Chronic Care
Model" vor. Das wissenschaftlich fundierte Konzept zielt auf die optimale Zusammenarbeit
von besser informierten und aktivierten Patienten auf der einen Seite und einem besser vorbereiteten,
vorausschauend handelnden Praxisteam auf der anderen Seite ab. "Das Modell wird bereits in
verschiedenen Ländern der Welt erfolgreich umgesetzt und von der WHO zur allgemeinen Anwendung empfohlen",
erklärt Dr. Rafael Bengoa, Direktor des Programms "Management Chronischer Erkrankungen" der
WHO. Ein Ziel des Kongresses ist es, eine Übertragung dieser neuen Strategien des Chronic
Care Models auf das deutsche Gesundheitssystem zu prüfen. "Entscheidend wird sein, ob es
Ärzten und ihren Patienten gelingt, gemeinsam für die notwendige Kontinuität in der Behandlung zu
sorgen", so Dr. med., Dipl.-Päd. Jochen Gensichen, Leiter des Arbeitsbereichs
Chronic Care und Versorgungsforschung am Frankfurter Institut für Allgemeinmedizin.
Auf Initiative von Dr. Gensichen wird im Rahmen der Tagung ein Netzwerk von Wissenschaftlern und
Praktikern für den deutschsprachigen Raum gegründet. Es soll die bessere Zusammenarbeit sowie den
Wissenstransfer auf dem Gebiet der Versorgung chronisch Kranker in der hausärztlichen Versorgung weiter
vorantreiben.
Pressemitteilung: Klinikum der Johann Wolfgang
Goethe-Universität, Frankfurt a.M.
17.10.2005
Archiv 2005
- Nachrichten zur Gesundheitspolitik
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