Prinzipien der Health On the Net Foundation.
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Ulla Schmidt zieht positive Zwischenbilanz der Gesundheitsreform
Krankenkassen mit Überschuss von fast zweieinhalb Mrd. Euro
Anlässlich der Veröffentlichung der neuen Quartalszahlen
der gesetzlichen Krankenkassen zieht Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und Soziale
Sicherung, eine positive Zwischenbilanz der Gesundheitsreform: "Der Reformzug hat Fahrt
aufgenommen. Der Qualitätswettbewerb im Gesundheitswesen ist in Gang gekommen. Zudem haben wir das
Gesundheitssystem finanziell nachhaltig entlastet. Die gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten
Halbjahr 2004 einen Überschuss von rund zweieinhalb Milliarden Euro erzielt. Damit sind die
finanziellen Ziele der Gesundheitsreform für das erste Halbjahr erreicht."
Ulla Schmidt: "Nach jahrelangem Stillstand ist Bewegung ins Gesundheitswesen
gekommen. Der Qualitätswettbewerb ist in vollem Gange. Bonusprogramme und Hausarztmodelle werden
entwickelt, medizinische Versorgungszentren gegründet. Das Zusammenspiel von Hausärzten, Fachärzten
und Krankenhäusern wird verbessert. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit ist gegründet.
Das sind nur einige Beispiele, die für ein Mehr an Qualität in der medizinischen Versorgung stehen.
Zum anderen bleibt Gesundheit bezahlbar. Die Ausgaben sinken. Der Überschuss der gesetzlichen
Krankenkassen ist höher als erwartet. Und schon über 26 Millionen Versicherte profitieren von
gesunkenen Beiträgen. Nach einem halben Jahr Gesundheitsreform ist der Trend klar: Sie wirkt. Der
Reformzug hat Fahrt aufgenommen. Unser Gesundheitssystem bleibt bezahlbar und die Qualität in der
medizinischen Versorgung steigt. Das ist eine gute Zwischenbilanz, aber sie entbindet niemanden von
weiteren Anstrengungen, die Gesundheitsreform zum Erfolg zu führen. Wir können das Ziel in diesem
Jahr nur dann erreichen, wenn alle entsprechend ihrer Verantwortung konsequent den eingeschlagenen
Weg fortsetzen."
Angesichts der positiven Finanzentwicklung betonte die Ministerin, dass sie von den Kassen weitere
Beitragssatzsenkungen erwarte. Die positive Finanzentwicklung verdeutliche auch, dass die
vorhandenen Spielräume für Beitragssatzsenkungen bislang bei weitem nicht ausgeschöpft seien. Von
Januar bis August hätten viele Krankenkassen - darunter die meisten der großen bundesweiten
Ersatzkassen, zwei von 17 AOKen und die Bundesknappschaft ihre Beitragssätze gesenkt. Ein
Großteil der Krankenkassen habe hingegen angekündigt, das Thema Beitragssatzsenkung nach Vorliegen
der Halbjahresergebnisse erneut auf die Tagesordnung zu setzen und vorhandene Spielräume für
Beitragssatzsenkungen zugunsten der Versicherten und der Arbeitgeber auszuschöpfen.
Ulla Schmidt: "Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen. Ich erwarte, dass die
Krankenkassen jetzt alle Möglichkeiten nutzen. Da die Versicherten zu einem erheblichen Teil
zur guten finanziellen Situation der Krankenkassen beitragen, erwarte ich, dass Spielräume auch
zugunsten der Versicherten genutzt werden.
Die Gewerkschaften und Arbeitgeber in den Selbstverwaltungen sind konkret gefordert, ihre Zusagen
einzulösen, Beitragssatzsenkungen nicht weiter auf die lange Bank zu schieben und noch in diesem
Herbst umzusetzen. Viele Kassen haben die Spielräume bisher nicht genutzt und der schnelleren
Entschuldung und zum Teil auch einem Aufbau von Rücklagen - entgegen der Absicht des
Gesetzgebers - Vorrang vor Beitragssatzsenkungen eingeräumt.
Die Verantwortlichen in der Selbstverwaltung werden unglaubwürdig, wenn sie als Arbeitgebervertreter
ständig neue Entlastungen der Betriebe - etwa durch eine Ausgrenzung von Wegeunfällen aus der
gesetzlichen Unfallversicherung - fordern und es in der Krankenversicherung versäumen,
mögliche deutliche Entlastungen in ihrem eigenen Verantwortungsbereich zeitnah umzusetzen. Und auch
die Gewerkschaften können nicht auf der einen Seite Belastungen der Versicherten beklagen und auf
der anderen Seite in den Selbstverwaltungsgremien der Krankenkassen Spielräume zugunsten der
Versicherten unausgeschöpft lassen.
Deshalb stehen alle Verantwortlichen in der Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass von deutlich
sinkenden Krankenkassenbeiträgen jetzt unmittelbar spürbare und wichtige Impulse für Wachstum
und Arbeitsplätze ausgehen."
Anhang
Die gesetzliche Krankenversicherung hat im 1. Halbjahr
2004 einen Überschuss von fast zweieinhalb Mrd. Euro erzielt. Der Überschuss der Monate Januar bis
März (950 Mio. Euro) hat sich damit mehr als verdoppelt. Im 1. Halbjahr 2003 hatten
die Krankenkassen noch ein Defizit von 2 Mrd. Euro zu verkraften. In den alten Ländern betrug
das Plus ca. 1,80 Mrd. Euro, in den neuen Ländern ca. 620 Mio. Euro.
Die Daten der ersten 6 Monate nach Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes zeigen: Die
Gesundheitsreform wirkt und ihre Einsparungen sind höher als erwartet. Durch die Maßnahmen des
Gesetzes konnten die Leistungsausgaben und jetzt erstmals auch die Verwaltungskosten der
Krankenkassen wirksam begrenzt und die Einnahmesituation der GKV deutlich verbessert werden.
Die Leistungsausgaben der Krankenkassen gingen im Vergleich zum 1. Halbjahr 2003 je Mitglied um
3,5 v.H. zurück.
Die Krankenkassen haben die erste Tranche des pauschalen Bundeszuschusses zur Finanzierung der
versicherungsfremden Leistungen zum 1. Mai 2004 in Höhe von 500 Mio. Euro erhalten,
dem in diesem Jahr zum 1. November noch eine weitere Zahlung von 500 Mio. Euro folgen
wird. In 2005 wird dieser Zuschuss von 1 Mrd. Euro auf 2 bis zweieinhalb Mrd. Euro
erhöht, ab 2006 wird er jährlich 4,2 Mrd. Euro betragen.
Schuldenabbau schneller als gesetzlich vorgesehen
Die aktuelle Überschussentwicklung hat dazu geführt, dass die
Entschuldung der gesetzlichen Krankenkassen schneller erfolgt als gesetzlich vorgesehen. Das
GKV-Modernisierungsgesetz sieht eine Entschuldung der Krankenkassen in vier gleichen Schritten bis
Ende 2007 vor. Der Schuldenstand der GKV, der Ende 2003 bei knapp 6 Mrd. Euro lag, konnte
bereits bis Ende Juni 2004 auf rd. dreieinhalb Mrd. Euro zurückgeführt werden.
Mitgliederentwicklung bei Versorgerkassen stabilisiert
Es ist bewerkenswert, dass der Mitgliederrückgang der letzten
Jahre bei den großen Versorgerkassen gestoppt werden konnte. So hatten z.B. die Angestellten-Ersatzkassen,
die im letzten Jahr einen Mitgliederschwund von fast 700.000 hinnehmen mussten, von Januar 2004 bis
August 2004 faktisch keine Mitgliederverluste mehr aufzuweisen. Auch hier zeigt sich, dass es sich für
Krankenkassen auszahlt, Beitragssatzsenkungspotenziale nach Inkrafttreten des GMG rechtzeitig zu nutzen.
Umgekehrt hatten die BKKen, die von Januar 2003 bis Januar 2004 rd. 670.000 Mitglieder hinzugewonnen und
ihre Beitragssätze teilweise erhöht hatten, im Zeitraum Januar 2004 bis August 2004 erstmalig einen
Mitgliederrückgang von rd. 50.000.
Die Stabilisierung der Mitgliederentwicklung bei den Versorgerkassen ist aber sicherlich auch ein
Indiz dafür, dass es sich für die Krankenkassen lohnt, mit den neuen durch das GMG eingeführten
Wettbewerbsund Qualitätsinstrumenten - wie Bonusprogrammen für gesundheitsbewusstes Verhalten,
Hausarztmodellen und Modellen zur Verbesserung der integrierten Versorgung - um die Gunst der
Versicherten zu werben.
Entwicklung in einzelnen Leistungsbereichen
Sowohl die Ausgaben für ärztliche und zahnärztliche Behandlung
als auch für ärztlich verordnete Leistungen gingen nach Inkrafttreten der Gesundheitsreform deutlich
zurück. Deutliche Minusraten gab es insbesondere bei Arzneimitteln, Hilfsmitteln und Fahrkosten, also
in den Leistungsbereichen, die in den vergangenen Jahren durch hohe Zuwachsraten entscheidenden Anteil
an den Defizitproblemen der Krankenkassen hatten. Auf der anderen Seite zeigen nach wie vor hohe
Zuwachsraten im Bereich Prävention und Früherkennungsmaßnahmen, dass entgegen gelegentlichen
Behauptungen notwendige und gesundheitlich gebotene Arztbesuche zunehmen und keineswegs unterblieben.
Im Arzneimittelbereich lagen die Ausgaben mit einem Rückgang von 12,5 v.H. je Mitglied um
rd. 1,4 Mrd. Euro unter den Ausgaben des 1. Halbjahrs 2003. Die zweistelligen
Ausgabenrückgänge haben sich auch im Juli fortgesetzt. So sind nach den jetzt vorliegenden Monatsdaten
der ABDA zur Entwicklung des GKV-Arzneimittelumsatzes die Ausgaben im Vergleich zum Juli 2003 um
11,6 v.H. zurückgegangen. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres ergab sich sogar ein
Minus von 13,16 Prozent oder 1,67 Milliarden Euro. Entscheidenden Anteil an diesem
Rückgang haben der Herstellerabschlag für Arzneimittel ohne Festbetrag, deutliche Rückgänge bei
nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im GKV-Markt sowie ein Anstieg des Volumens der
Zuzahlungen zu Arzneimitteln.
Der hohe Rückgang bei Hilfsmitteln ist vor allem auf die Begrenzung der Leistungsansprüche bei
Sehhilfen zurückzuführen, deren Ausgaben um rd. 73 v.H. gesunken sind. Der Rückgang um
knapp 10 v.H. bei Fahrkosten ist auf die Leistungsbegrenzung bei den Fahrten mit Taxen und
Mietwagen zurückzuführen.
Rückgänge von 10,3 v.H. gab es auch beim Krankengeld, dessen Aufwendungen bereits in den beiden
vergangenen Jahren deutlich gesunken waren. Hier spiegelt sich der erneut gesunkene Krankenstand
wider, der in den ersten acht Monaten des Jahres 2004 den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung
erreichte.
Erstmals mit - 1,1 v.H. rückläufig sind die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen, auch wenn dieser
Rückgang deutlich unter dem Rückgang bei den Leistungsausgaben blieb. Im 1. Quartal hatte es
hier noch einen Anstieg von 2,9 v.H. gegeben. Diese positive Entwicklung ist maßgeblich auf
einen deutlichen Rückgang der Verwaltungskosten bei den Angestellten-Ersatzkassen zurückzuführen
Insgesamt scheint sich auch in der Kassenlandschaft die Erkenntnis durchzusetzen, dass man bei
den notwendigen Einsparungen zur Konsolidierung der GKV auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen
muss. Allerdings zeigen die unterschiedlichen Veränderungsraten bei den einzelnen Kassen und
Kassenarten dass hier längst noch nicht alle Versicherungsträger die mit der Gesundheitsreform
eingeführte Begrenzung der Verwaltungskosten, die den Kassen im gesamten Jahr 2004 nur einen Zuwachs
von 0,17 v.H. ermöglichen, beachten. Auf die strikte Einhaltung dieser Begrenzung müssen auch
die Aufsichtsbehörden achten.
Durchweg positiv zu bewerten sind die hohen zweistelligen Zuwachsraten bei den Präventions- und
Früherkennungsleistungen. Der Zuwachs von 12 v.H. bei den Ausgaben für soziale
Dienste/Prävention ist insbesondere auf hohe Veränderungsraten bei der Selbsthilfeförderung von
19 v.H., bei Primärprävention/betrieblicher Gesundheitsförderung von 36 v.H., sowie bei
Schutzimpfungen von rd. 10 v.H. zurückzuführen, auch wenn die Krankenkassen im Jahr 2003
die gesetzlich vorgesehenen Ausgaben bei Selbsthilfegruppen sowie im Bereich der Primärprävention
noch nicht vollständig ausgeschöpft haben.
Die Ausgaben für ärztliche Früherkennungsuntersuchungen sind sogar um fast
25 v.H. gestiegen. Für sie ist ebenso wie für Schutzimpfungen und Arztbesuche von Kindern und
Jugendlichen keine Praxisgebühr zu zahlen. Dies ist auch ein Beleg dafür, dass gesundheitspolitisch
gebotene Arztbesuche nach der Gesundheitsreform offensichtlich nicht unterbleiben, sondern im
Gegenteil sogar zunehmen.
In den wichtigsten Leistungsbereichen gab es im 1. Halbjahr folgende Veränderungsraten:
|
West |
Ost |
Bund |
Ost/West-Quote
je Versicherten |
Ärztliche Behandlung |
- 4,5 |
- 3,5 |
- 4,3 |
82,2 |
Behandlung durch Zahnärzte ohne Zahnersatz |
- 2,2 |
- 2,6 |
- 2,2 |
97,2 |
Zahnersatz |
1,0 |
8,1 |
2,2 |
107,5 |
Arzneimittel |
- 11,9 |
- 15,2 |
- 12,5 |
115,3 |
Hilfsmittel |
- 13,7 |
- 12,4 |
- 13,5 |
103,4 |
Heilmittel |
- 0,3 |
- 13,3 |
- 2,2 |
75,9 |
Krankenhausbehandlung |
1,0 |
2,7 |
1,3 |
111,8 |
Krankengeld |
- 10,4 |
- 9,7 |
- 10,3 |
89,5 |
Fahrkosten |
- 8,8 |
- 11,7 |
- 9,4 |
122,4 |
Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen |
- 7,2 |
- 4,0 |
- 6,7 |
94,6 |
Soziale Dienste / Prävention |
13,2 |
6,7 |
12,1 |
93,6 |
Früherkennungsmaßnahmen |
23,2 |
35,7 |
24,9 |
82,8 |
Schwangerschaft / Mutterschaft |
5,4 |
18,0 |
7,0 |
80,3 |
Häusliche Krankenpflege |
5,6 |
0,8 |
4,6 |
122,5 |
Sterbegeld |
- 90,0 |
- 91,4 |
- 90,2 |
110,0 |
Ausgaben für Leistungen insgesamt |
- 3,5 |
- 3,5 |
- 3,5 |
101,5 |
Verwaltungskosten |
- 1,0 |
- 2,0 |
- 1,1 |
93,2 |
Pressemitteilung:
Bundesministerium für Gesundheit
und Soziale Sicherung (BMGS).
02.09.2004
Archiv 2004
- Nachrichten zur Gesundheitspolitik
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