Prinzipien der Health On the Net Foundation.
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Medizinische Versorgungszentren - Die ambulante fachübergreifende Medizin der Zukunft?
Im Zuge der grundlegenden Umstrukturierung des deutschen
Gesundheitswesens rücken seit Inkrafttreten der Gesundheitsreform zunehmend Medizinische Versorgungszentren
als Teil der integrierten Versorgung mit zahlreichen Gestaltungsvarianten und Vertragsarchitekturen in
den Vordergrund der Patientenbetreuung. Für die Umsetzung eines Medizinischen Versorgungszentrums sind
zahlreiche rechtliche, wirtschaftliche und steuerliche Entscheidungen zu treffen. Die notwendigen
Entscheidungsgrundlagen hat nun erstmals ein hochkarätiges fachübergreifendes Autorenteam in einem Werk
zusammengestellt.
Medizinische Versorgungszentren werden als "fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in
denen Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind" definiert. Diese Zentren bedürfen der
Zulassung durch den Zulassungsausschuss und können sich aller zulässigen Organisationsformen bedienen,
z.B. der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
oder der Partnerschaftsgesellschaft. Neben Ärzten sieht das Gesetz auch Krankenhäuser oder andere medizinische
Dienstleister als Gesellschafter vor, sofern sie als Leistungserbringer in der Gesetzlichen Krankenversicherung
zugelassen sind. Alternativ zur Beteiligung als Gesellschafter besteht für junge Ärzte die Möglichkeit, im
Angestelltenverhältnis und ohne eigene Zulassung tätig zu sein. Sie haben die Möglichkeit, nach frühestens
fünf Jahren auch dann in die Niederlassung zu wechseln, wenn der Planungsbereich wegen Überversorgung
gesperrt ist. Gleichzeitig darf das Medizinische Versorgungszentrum die dadurch frei werdende Arztstelle
nachbesetzen.
Die Bildung eines Medizinischen Versorgungszentrums wird auch im gesperrten Bezirk möglich sein. Um
die Schaffung neuer Zulassungen zu verhindern, können sich in diesen Fällen jedoch nur Ärzte
zusammenschließen, die bereits über eine Zulassung im Planungsbereich verfügen. Denkbar ist aber auch,
dass ein niedergelassener Arzt unter Aufgabe des Zulassungsstatus seine Praxis verkauft, um frei von
unternehmerischen Risiken als angestellter Arzt in ein Versorgungszentrum zu wechseln.
Diese vom Gesetzgeber vorgezeichnete Entwicklung dürfte vielen Ärzten interessante und bislang ungeahnte
Perspektiven und Möglichkeiten bieten. Medizinische Versorgungszentren werden in der Lage sein,
interdisziplinär, hochspezialisiert und ausgestattet mit dem erforderlichen personellen und technischen
Equipment den Patienten eine breite und qualitativ hochwertige Versorgung anzubieten. Pulmonologen können
beispielsweise zukünftig Kooperationen mit Ärzten anderer Fachrichtungen wie etwa Dermatologen oder
Radiologen, aber auch mit Apotheken, Sanitätshäusern oder sonstigen an der Versorgung der Versicherten
beteiligten Personen und Institutionen eingehen. Die gemeinsame Anschaffung und effiziente Nutzung
teuerer Geräte, der schnelle und unkomplizierte Austausch zwischen den Fachrichtungen, der wirtschaftlich
gezielte Einsatz von Arbeitskräften, der Datentransfer via Intranet oder eine professionelle Verwaltung
und zentrale Organisation sind weitere Pluspunkte dieser Zentren. Der Trend zur "Medizinboutique",
in der dem Patienten neben der ärztlichen Behandlung ein umfassendes Gesundheitsangebot einschließlich
Beratungsleistung zur Verfügung steht, zeichnet sich ab. Größe und Ausweitung der Versorgungszentren werden
selbstverständlich von unterschiedlichen Faktoren wie Standort, Versorgungsbedarf oder finanziellen
Ressourcen abhängen.
Medizinische Versorgungszentren kommen selbstverständlich nicht nur dem Patienten zugute. Die
Krankenkassen können mit den Zentren Verträge zur Integrierten Versorgung schließen. Herausgelöst vom
einheitlichen Vertragsarztsystem dürfte sich die Verhandlungsposition der Zentren beim Abschluss
von Direktverträgen erhöhen. Durch das Angebot verschiedener ärztlicher und nichtärztlicher
Dienstleistungen und die ökonomische Konzentrierung und Koordinierung von Behandlungen "unter
einem Dach" eignen sie sich daher besonders als Vertragspartner für die vom Gesetzgeber
erwünschte und subventionierte Integrierte Versorgung.
Im vorgelegten Gesetzeswerk sind bisweilen nur die Rahmenbedingungen der neuen Versorgungsstrukturen
vorgegeben. Die inhaltliche und detaillierte Ausfüllung dieses Gerüsts wird in erster Linie den
Kassenärztlichen Vereinigungen und Landesärztekammern obliegen. Für die ambulanten Leistungserbringer,
insbesondere die Ärzte steht hingegen die Aufgabe an, sich frühzeitig mit den absehbaren Veränderungen
und Umstrukturierungen auseinander zu setzen und hierfür die Weichen zu stellen. Trotz so mancher
Ungewissheit und politischer Unwägbarkeit steht eines aber bereits heute fest: Auch nach der Reform
werden qualifizierte, engagierte und innovative Ärzte die tragende Säule eines erneuerten
Gesundheitssystems sein.
Zu diesem Thema ist soeben erschienen:
Das Medizinische Versorgungszentrum - Rechtliche, wirtschaftliche und steuerliche Grundlagen,
MedizinRecht.de Verlag, Frankfurt, August 2004, 100 Seiten, Brosch., 24.80 Euro,
ISBN 3-936844-14-3.
Pressemitteilung: MedizinRecht.de.
25.08.2004
Archiv 2004
- Nachrichten zur Gesundheitspolitik
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