Prinzipien der Health On the Net Foundation.
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Resolution des "Bündnis Gesundheit 2000" - Wachstumsmarkt Gesundheit
Bündnistag am 24. März 2004 in Berlin
Gesundheit ist das höchste Gut in unserer Gesellschaft. Gesund
zu sein und sich entsprechend zu verhalten, spielt für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes eine
immer größere Rolle in ihrer Lebensführung. Neben dem persönlichen Beitrag eines jeden Einzelnen zum
Erhalt und zur Wiederherstellung seines körperlichen und geistigen Wohlbefindens zählt dazu auch der
Anspruch auf individuelle und qualitativ hochwertige Gesundheitsleistungen. Unser Gesundheitswesen muss
diesen stetig steigenden Ansprüchen strukturell und finanziell angepasst werden.
Bisherige Reformen aber haben zu erheblichen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt und damit auch in der
Versorgung der Patienten geführt. Qualitätsverluste und Engpässe in der Versorgung waren die
unvermeidliche und bis heute spürbare Folge dieser Politik.
Wer im Gesundheitswesen aber ausschließlich einen Kostenfaktor sieht, ignoriert die volkswirtschaftliche
Bedeutung dieses Wachstumsmarktes. Während in der Industrie durch den Globalisierungsdruck
Arbeitsplätze verloren gehen, bieten Dienstleistungsbranchen wie das Gesundheitswesen immer noch
Chancen für mehr Beschäftigung. (Insgesamt sind derzeit etwa 4,1 Millionen Menschen direkt oder
indirekt im Gesundheitswesen beschäftigt. Dies entspricht rund 10,3 Prozent aller Beschäftigten
in Deutschland.)
Bei zukünftigen Reformen ist daher neben einer nachhaltigen Stabilisierung der GKV auch den enormen
Entwicklungspotenzialen und Beschäftigungschancen im Gesundheitswesen Rechnung zu tragen. Dazu
müssen die Attraktivität der Berufe im Gesundheitswesen erhöht und die Arbeitsbedingungen wesentlich
verbessert werden. Folgende Maßnahmen sind unverzichtbar:
- Ein zukunftsfähiges Gesundheitswesen braucht eine
stabile Finanzierungsgrundlage. Mit Rationalisierungen und Rationierungen kann der wachsende
Bedarf an notwendigen medizinischen und pflegerischen Leistungen nicht kompensiert werden. Vor dem
Hintergrund der erodierenden Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen müssen deshalb zusätzliche
Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet werden.
- Die Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten im
Gesundheitswesen müssen dauerhaft gesichert werden. Gerade das Gesundheitswesen ist vor dem
Hintergrund des medizinischen Fortschritts und der demografischen Entwicklung äußerst personalintensiv.
Wenn die Personalkapazitäten zur Prävention, Behandlung, Betreuung und Pflege nicht mit dem
exorbitant steigenden Leistungsbedarf wachsen, ist dauerhafte Rationierung die unvermeidliche Folge.
- Prävention muss zu einer eigenen Säule in der
Gesundheitsversorgung ausgebaut werden. Prävention beugt Krankheiten vor und kann
Pflegebedürftigkeit verhindern; sie verhilft damit gerade in einer Gesellschaft des langen Lebens
vielen Menschen im Alter zu höherer Lebensqualität.
- Eine Stärkung der Eigenverantwortung der Versicherten
ist notwendig, wenn die gesetzliche Krankenversicherung nicht überlastet werden soll.
Eigenverantwortung fördert das Gesundheitsverhalten und schärft das Kostenbewusstsein der Patienten,
wie beispielsweise eine gerechtere am Befund orientierte Zuschussregelung in der Zahnmedizin, und
stabilisiert dadurch die Solidarität.
- Ein radikaler Abbau von bürokratischen Reglementierungen
im Gesundheitswesen ist dringend erforderlich. Der zunehmende Verwaltungsaufwand lässt
Behandlungszeit zu Verwaltungszeit werden. Patienten werden aber nicht durch Verwaltung ihrer
Krankheiten geheilt, sondern durch eine individuelle, an Leitlinien orientierte qualitätsgerechte
Behandlung.
- Die Berufsflucht in einigen Sparten des Gesundheitswesens
muss gestoppt werden. Inhumane Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen führen oft bis an die
Belastungsgrenze. Wenn die Versorgung auch zukünftig qualitativ hochwertig bleiben soll, sind humane
Arbeitszeiten und -bedingungen sowie eine leistungsgerechte Bezahlung unerlässlich. Die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss dabei gewährleistet werden.
- Qualitätsoffensive im Gesundheitswesen darf kein
Lippenbekenntnis bleiben. Die vermehrte Einstellung von unterqualifizierten Billigkräften
sowie die zunehmende Leistungsverdichtung infolge von Budgetierung und Durchökonomisierung aber
fordern Quantität auf Kosten der Qualität. Fundierte Ausbildung und regelmäßige Fortbildung sind die
Grundlagen für eine hohe Versorgungsqualität. Dazu sind ausreichende Ausbildungskapazitäten in den
Fachberufen des Gesundheitswesens entsprechend dem gesellschaftlichen Bedarf zu sichern.
Versorgungsqualität aber kann nur dauerhaft gewährleistet werden, wenn der Patient individuell nach
den Möglichkeiten des Fortschritts und vor allen Dingen mit dem notwendigen Maß an Menschlichkeit
behandelt wird.
- Gesundheitspolitik muss Vertrauen schaffen, nicht
zerstören. Patienten erwarten zu Recht, dass sie eine individuelle und eben vertrauensvolle
Beziehung zu den Gesundheitsberufen aufbauen können. Nur bei einer gesicherten Vertrauensbasis in
die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Gesundheitsberufe werden die Menschen die
Möglichkeiten von Gesundheitsangeboten auch außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung nutzen.
- Die Politik muss aufhören, die Leistungserbringer im
Gesundheitswesen für den wachsenden Widerspruch zwischen Leistungsanstieg und wegbrechenden Einnahmen
der GKV verantwortlich zu machen. Wir brauchen stattdessen eine offene und ehrliche Diskussion
in unserer Gesellschaft des langen Lebens darüber, was noch solidarisch finanziert werden kann und
was einem Zweiten Gesundheitsmarkt überantwortet werden kann. Es gilt, das Gesundheitswesen
zukunftsfähig zu machen und nicht als Jobmaschine für die Wirtschaft abzuwürgen.
Pressemitteilung: Bundesärztekammer (BÄK).
24.03.2004
Archiv 2004
- Nachrichten zur Gesundheitspolitik
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