Prinzipien der Health On the Net Foundation.
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Stellungnahme der Techniker Krankenkasse zum Entwurf der vierten Verordnung zur Änderung der
Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (4. RSAÄndV)
Hamburg, 14. Juni 2002
1. Vorbemerkung
1.1 Einführung von Disease-Management-Programmen positiv, Verknüpfung mit dem
Risikostrukturausgleich verfehlt
Die Techniker Krankenkasse begrüßt ausdrücklich Anstrengungen, mit Hilfe von
strukturierten Behandlungsprogrammen die Versorgung chronisch kranker Versicherter
in der gesetzlichen Krankenversicherung zu verbessern. Durch die Verknüpfung von
Disease-Management-Programmen mit dem Risikostrukturausgleich (RSA) entstehen
jedoch keine Anreize zur qualitativen Verbesserung der Versorgung, sondern vielmehr
Fehlanreize. Für eine Kasse steht nicht mehr die Verbesserung der Versorgung im
Vordergrund, sondern die Verbesserung der jeweiligen RSA-Position durch die
Einschreibung möglichst vieler Versicherter in ein möglichst kostengünstiges
Programm.
1.2 Repräsentative Prüfungen und
Sanktionsmöglichkeiten für die Aufsichtsbehörden müssen vorgesehen werden
Der Entwurf der RSA-Änderungsverordnung sieht weder Regelungen für die Prüfung
der Validität der Datengrundlagen im Risikostrukturausgleich noch
Sanktionsmöglichkeiten bei der Feststellung von Fehlern durch die prüfende Behörde
vor. Angesichts der finanziellen Auswirkungen des RSA, die durch die Berücksichtigung
von Disease-Management-Programmen noch verstärkt werden, sind jedoch repräsentative
Stichprobenerhebungen und wirksame Sanktionen bei festgestellten Fehlern
unverzichtbar.
Durch manipulationsresistente und geprüfte Meldeverfahren müssen die
Versichertengruppen der DMP-Teilnehmer eindeutig abgegrenzt sein. Es ist zu
verhindern, dass Versicherte, die zu Unrecht in die Programme eingeschrieben
wurden, in den entsprechenden RSA-Versichertengruppen geführt werden können. Die
Erfahrungen mit dem Meldeverfahren zur Familienversicherung und der Grundbereinigung
der Familienversichertenverzeichnisse haben deutlich werden lassen, dass die Daten
im Bereich der Versichertenstatistik nach wie vor nicht valide sind. Umso dringender
ist eine nähere Festschreibung bundesweit einheitlicher Prüfungen. Dabei muss auch
der Mindestumfang dieser Prüfungen vorgegeben werden.
Auch die Sanktionsmöglichkeiten bei der Feststellung von Fehlern müssen neu geregelt
werden. Die bisherige Vorschrift, die eine Korrektur lediglich der tatsächlich
festgestellten Fehler vorsieht, hat sich als nicht ausreichend erwiesen. Dieses
Vorgehen wäre nur bei einer lückenlosen Prüfung - im Zusammenhang mit DMP:
aller Disease-Management-Teilnehmer - akzeptabel. Eine lückenlose Prüfung
werden die Prüfdienste aber aus Kapazitätsgründen nicht leisten können. Daher ist
durch den Verordnungsgeber vorzugeben, dass die Prüfdienste repräsentative
Stichproben erheben und die so festgestellte Fehlerquote auf den Gesamtbestand -
hier : alle DMP-Teilnehmer - hochrechnen. Der ermittelte Korrekturbedarf ist
der jeweiligen Krankenkasse im RSA-Jahresausgleich in Abzug zu bringen. Nur so
kann erreicht werden, dass eine fehlerhafte Bestandsführung der Versicherten nicht
zu ungerechtfertigten finanziellen Vorteilen im RSA führt.
2. Zu den einzelnen Regelungen
2.1 Bei der Einschreibung ist Zweitmeinung durch einen weiteren Arzt
unverzichtbar.
Die Verknüpfung von Disease-Management-Programmen und RSA führt zu einer erheblichen
Umleitung von Finanzströmen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Nicht nur
die Krankenkassen, sondern auch die behandelnden Vertragsärzte profitieren
unmittelbar von der Einschreibung eines Versicherten in ein Disease-Management-Programm.
Deshalb muss das Einschreibungsverfahren durch eine möglichst neutrale Instanz
kontrolliert werden. Dies gilt insbesondere, da bei der nachträglichen Prüfung der
RSA-Meldungen durch die Prüfdienste eine Kontrolle des Gesundheitszustandes der
Versicherten zum Zeitpunkt der Einschreibung nicht mehr erfolgen kann. Voraussetzung
für die Einschreibung eines Versicherten in ein Disease-Management-Programm und die
damit verbundene Berücksichtigung im RSA sollte deshalb nicht nur die schriftliche
Bestätigung der Diagnose durch den behandelnden Arzt sein. Es ist aus Gründen der
Verfahrenssicherheit unerlässlich, obligatorisch die Bestätigung der Diagnose durch
einen medizinischen Zweitgutachter - zum Beispiel durch einen Arzt des MDK -
einzuholen und zu dokumentieren. Dieses Vorgehen verursacht zwar Mehrkosten für
die Krankenkassen. In Anbetracht der enormen Umverteilungswirkung im
Risikostrukturausgleich ist jedoch jegliche Anstrengung zu unternehmen, die
Manipulationsanreize möglichst gering zu halten. Eine medizinische Zweitmeinung bei
der Einschreibung einzuholen ist daher unerlässlich.
§ 28 d sollte daher wie folgt gefasst werden:
" (1) Voraussetzung für die Zulassung eines strukturierten Behandlungsprogramms
ist, dass im Programm vorgesehen ist, dass
1. die Einschreibung eines Versicherten in das Programm auf Grund der schriftlichen
Bestätigung einer gesicherten Diagnose durch den behandelnden Arzt nach Ziffer 3
in Verbindung mit Ziffer 1.2 der Anlagen 1 und 3, der schriftlichen
Bestätigung der Diagnose durch einen weiteren Arzt, der Dokumentation der
Einschreibekriterien und der Erstdokumentation nach Anlage 2a, 2b, 4a oder 4b
erfolgt,
2. ...
3. ..."
In der zugehörigen Begründung sind die Sätze 3 bis 5 wie folgt zu ersetzen:
"Die Bestätigung der Diagnose durch einen weiteren Arzt (Zweitmeinungsverfahren)
dient zur Validierung der Diagnose und ist zur Absicherung der Datengrundlagen für
den RSA erforderlich."
2.2 Zusätzlich im Risikostrukturausgleich
berücksichtigungsfähige Ausgaben müssen klar abgegrenzt werden.
Im vorliegenden Referentenentwurf werden die für DMP-Teilnehmer im RSA
berücksichtigungsfähigen Leistungsausgaben definiert. Grundsätzlich sind Leistungen,
deren Gewährung im Ermessen der Krankenkasse steht, im RSA nicht berücksichtigungsfähig.
Strukturierte Behandlungsprogramme können jedoch dazu führen, dass für eingeschriebene
Versicherte unter bestimmten Voraussetzungen ein Ermessen bei der Leistungsgewährung
einzelner Leistungen nicht mehr besteht. Solche Leistungen können künftig im RSA
berücksichtigt werden.
Medizinische Vorsorgeleistungen nach § 23 Abs. 2 und 4 SGB V
sollen laut Entwurf auch für DMP-Teilnehmer nur dann im RSA berücksichtigungsfähig
sein, wenn die Leistungen aufgrund der Diagnose erbracht werden, die Basis für die
DMP-Einschreibung war. Diese Einschränkung ist im vorliegenden Referentenentwurf für
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 40 Abs. 1 und 2
SGB V sowie für ergänzende Leistungen zur Rehabilitation nach § 43
SGB V nicht vorgesehen.
Die Berücksichtigung dieser Aufwendungen im RSA ist jedoch nur dann sachgerecht,
wenn sie aufgrund der Diagnose nach § 2 Abs. 1 Satz 3 und im
Rahmen des DMP erbracht wurde, denn nur dann ist das Ermessen der Krankenkasse
hinsichtlich der Leistungsgewährung eingeschränkt. Eine Berücksichtigung dieser
Aufwendungen unabhängig von der der Leistung zugrundeliegenden Indikation ist
dagegen nicht sachgerecht.
§ 4 Absatz 1 Nummer 11 sollte daher wie folgt gefasst werden:
"11. medizinische Vorsorgeleistungen nach § 23 Abs. 2 und 4 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch, zur medizinischen Rehabilitation nach
§ 40 Abs. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und ergänzende
Leistungen zur Rehabilitation nach § 43 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
wenn die genannten Leistungen für Versicherte nach § 2 Abs. 1
Satz 3 aufgrund der Diagnosen nach § 2 Abs. 1 Satz 3
erbracht werden."
Entsprechend sind Folgeänderungen in § 4 Abs. 2 erforderlich.
2.3 Eindeutige Regelungen für Beginn und
Ende der Programmteilnahme erforderlich.
Die Vorschrift regelt die Voraussetzung für die Beendigung der Programmteilnahme
eines Versicherten durch die Kasse. Im vorliegenden Referentenentwurf ist vorgesehen,
die Teilnahme mit dem Tag des letzten dokumentierten Leistungserbringerkontakts zu
beenden. Diese Vorgabe ist allerdings nicht eindeutig. Daher sollte zur Klarstellung
festgelegt werden, dass sich die Dokumentation auch in diesem Fall auf die
Anlagen 2a oder 2b bzw. 4a oder 4b bezieht. Eine schriftliche Bestätigung über
das Datum des letzten Leistungserbringerkontakts durch den Arzt kann hier nicht
genügen, da diese Bestätigung nachträglich erstellt werden kann und höchst
manipulationsanfällig ist. Im übrigen ist die Dokumentation nach Anlage 2a oder
2b bzw. 4a oder 4b ohnehin regelmäßig zu erstellen und von der Krankenkasse
vorzuhalten, so dass insbesondere Kosten- und Effizienzgründe dafür sprechen, die
Programmteilnahme mit dem Datum der letzten, bereits vorliegenden Dokumentation zu
beenden.
§ 3 Abs. 3 Satz 6 Nr. 3 sollte daher wie folgt gefasst werden:
"3. mit dem Tag des letzten nach Anlage 2a, 2b, 4a oder 4b dokumentierten
Leistungserbringerkontakts, wenn die Krankenkasse die Teilnahme des Versicherten
an dem Programm nach § 28 d Abs. 2 Nr. 2 beendet."
2.4 Eine Einschreibung in ein DMP kann
erst nach Akkreditierung des Programms erfolgen.
Der vorliegende Entwurf der Verordnungsänderung sieht vor, dass auch Einschreibungen
in Programme anerkannt werden können, die zum Zeitpunkt der Einschreibung noch nicht
durch das Bundesversicherungsamt akkreditiert waren. Dies ist jedoch nicht sinnvoll.
Der Versicherte muss vor der Einschreibung in das DMP über dessen Inhalt informiert
werden, eine vollständige und abschließende Information kann aber erst nach der
Akkreditierung erfolgen. Daher sollte klargestellt werden, dass RSA-relevante
Einschreibungen erst nach der Akkreditierung eines Programms vorgenommen werden
können.
In der Begründung zu § 3 Absatz 3 sollte daher Satz 3 wie folgt
geändert werden:
"Eine Einschreibung des Versicherten in das strukturierte Behandlungsprogramm
ist vor der Akkreditierung des Programms nicht möglich."
Weitere Informationen der TK finden Sie im Internet unter:
www.tk-online.de.
14.06.2002
Archiv 2002
- Nachrichten zur Gesundheitspolitik
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