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Neue Erkenntnisse aus dem Gestationsdiabetesprojekt in Osnabrück

Zusammenfassung eines Vortrags vom 24.05.2001, DDG-Jahrestagung, Aachen

Dr. Jürgen Tamm
Dr. Jürgen Tamm

Dr. Jürgen Tamm, Diabetologe DDG, arbeitet seit 13 Jahren in einer eigenen Praxis. Mit seinem Freund und Kollegen Dr. Günter Sturm versucht er eine ambulante, wohnortnahe und unter Bedingungen des Alltags angewandte Diabetologie umzusetzen. Heute werden in dem anerkannten DDG-Zentrum für Typ-1- und Typ-2-Diabetiker weit über 1.000 Patienten pro Quartal betreut. In der diabetologischen Schwerpunktpraxis arbeitet ein Team von 14 Mitarbeitern nach den strengen Kriterien des Qualitätsmanagements. Als spezielles Praxisprojekt ist das "Suchprogramm auf Schwangerschaftsdiabetes für alle Frauen" in der Region und darüber hinaus seit vielen Jahren bekannt.

Seit 1997 können Gynäkologen in der Region Osnabrück kostenfrei ein Screening auf Gestations Diabetes Mellitus durchführen. Die notwendigen Materialien (Handmessgeräte, BZ-Teststreifen, 50 g Glucoseproben) werden durch LIFESCAN und NOVO NORDISK zur Verfügung gestellt. Die Schulung der Frauenärzte, die Erstellung und Verteilung von Aufklärungs-, Dokumentations- und Arbeitsmaterialien sowie die Informationen über die Ergebnisse des Projektes erfolgen seit 1996 ohne Fremdfinanzierung durch unsere Praxis.

Gleichartige Suchprogramme wurden ab 1998 in Wilhelmshaven, Leer, Lüneburg, Hannover, Goslar, Hildesheim, Vechta und Osterholz-Scharmbeck initiiert.

In den ersten vier Jahren erhielten über 12.000 Schwangere in der Region eine Untersuchung auf Diabetes mellitus durch die Gynäkologen. Nur jede 5. Frau musste wegen eines pathologischen Screening-Befundes zum Diabetologen überwiesen werden und (nüchtern!) einen 75-g-oGTT durchführen. Bei Diagnosestellung eines GDM (nach den Kriterien von Peter Weiss) erfolgten 1 - 2 Stunden Schulung in der diabetologischen Schwerpunktpraxis.

Zur Bewertung der geburtshilflichen "Ergebnisse" des Projektes wurden Daten der Niedersächsischen Perinatalerhebung (NPE, Qualitätssicherungsmaßnahme in der Geburtshilfe) hinzugezogen. Diese wurden mittels spezieller Sonderauswertungen durch das Zentrum für Qualitätsmanagement der Ärztekammer Niedersachsen gewonnen. Somit konnten regionale und landesweite Zahlen zum GDM bereitgestellt werden.

Die Häufigkeit des GDM hat von 1996 bis 1999 in der Region Osnabrück von 0.5 auf 2.4 % aller Geburten zugenommen. Gleichzeitig ist es zu einer deutlichen Rückbildung der Rate makrosomer, hypotropher bzw. vor der 37. Schwangerschaftswoche geborener Kinder von Frauen mit GDM gekommen - im eigenen Kollektiv werden Ergebnisse wie bei nicht-diabetischen Schwangeren erreicht. Auch die Sectio-Rate bei GDM ist in Osnabrück normalisiert, der Anteil primärer Sectionen hat sich in den letzten vier Jahren halbiert. Lediglich die Neugeborenen-Verlegungsrate (die Kinder müssen in eine Kinderklinik verlegt werden, Anm. d. Red.) liegt noch um etwa 40 % erhöht.

Ähnliche Zahlen finden sich in anderen Projekt-Regionen, allerdings zeigt sich in Großstädten oft ein entgegen gerichteter Trend. Hier sind bessere Kooperationen zwischen der ambulanten und stationären Behandlungsebene wünschenswert.

Das Osnabrücker Projekt demonstriert schon seit vier Jahren eine preiswerte und effektive Möglichkeit zur Diagnostik und Therapie des GDM:
Nur jede 5. Schwangere musste sich bei diesem zweizeitigen Screening einer 75-g-oGTT stellen. Maximal 2 Schulungsstunden wurden zur Einstellung der Schwangeren benötigt. Stationäre Therapie wegen des GDM war nicht erforderlich. Durch die dramatische Senkung der Sectiorate, Meidung von Geburts-Komplikationen (bei z.B. Makrosomie, Lungenreifungsstörung) und Senkung der Neugeborenen-Verlegungsrate werden unmittelbar Kosten eingespart, die deutlich die Behandlungskosten bei GDM übersteigen (maximal 350.- DM ohne / bis zu 1000.- DM bei GDM mit erforderlicher Insulintherapie).

Mit den genannten harten Endpunkten auf medizinischer und Kostenebene sollten sich alle laufenden GDM-Projekte in der Öffentlichkeit vorstellen, um das Screening so bald wie möglich in die Mutterschafts-Richtlinien aufnehmen zu können.

Die Forderung der Deklaration von St. Vincent ist für Schwangere mit Gestations Diabetes mellitus in Osnabrück erfüllt.

Dr. Jürgen Tamm, Osnabrück

Quellen

Text- Bildquelle: Dr. Jürgen Tamm

zuletzt bearbeitet: 07.06.2001 nach oben

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