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Neuer Präsident der DDG: Prof. Thomas Haak

aus: Diabetes-Journal Heft 5, 2007 Jahrgang 56

Prof. Thomas Haak
Prof. Thomas Haak

Prof. Dr. med. Thomas Haak (Bad Mergentheim) ist ab Mitte Mai für 2 Jahre Präsident der "Deutschen Diabetes-Gesellschaft" (DDG); rund 7.800 Diabetes-Experten sind in der DDG organisiert. Neben seinem Job als Klinik-Chef ist er leitender Notarzt der Großen Kreisstadt (22.300 Einwohner) im Main-Tauber Kreis und seit Jahren Diabetes-Journal-Autor. Wir sprachen mit ihm.

Diabetes-Journal (DJ):
Welches Problem werden Sie als DDG-Präsident zuerst angehen?
Prof. Dr. med. Thomas Haak:
Wir leben in einer medizinisch turbulenten Zeit, weil der Diabetes eine Volkskrankheit ist und im Rahmen dessen viele Dinge sich einfach um Geld und Finanzierbarkeit drehen. Da gibt es aus meiner Sicht momentan nicht ein großes Problem, sondern es ist eine kontinuierlich gute Arbeit erforderlich.
DJ:
Sehen Sie in Ihrer Präsidentschaft eine neue Chance, auf Diabetiker oder auf den Deutschen Diabetiker Bund (DDB) zuzugehen - und gemeinsam Dinge zu bewegen in der Diabetiker-Versorgung?
Haak:
Wir haben im Prinzip in Deutschland drei starke Kräfte, die die Diabetologie-Landschaft mitgestalten. Das ist für den wissenschaftlichen Part die Deutsche Diabetes-Gesellschaft. Das ist für den Part der Betroffenen der Deutsche Diabetiker Bund und das ist für die Kollegen auch die berufsständische Vertretung, sprich die Berufsverbände. Ich glaube, dass das Zusammenspiel der Kräfte optimal ist. Ich finde, dass der DDB auch in politisch schwierigen Zeiten eine sehr gute Arbeit macht. Ich glaube, dass es da weiterhin eine vertrauensvolle Zusammenarbeit geben wird, wie sie sie auch bis jetzt gibt, weil man sich persönlich gut kennt und schätzt.
DJ:
Welches ist eigentlich Ihr persönliches Fachgebiet, also das, was Sie in der Diabetologie oder in der Medizin am liebsten tun?
Haak:
Meine persönlichen Vorlieben sind die Arbeiten am Patienten, insbesondere die Insulin-Therapie. Das ist natürlich ein weites Feld: Eine erfolgreiche Insulin-Therapie ist immer nur ein Teil des Ganzen, denn man muss auch auf den Patienten eingehen, man muss ihn zum Spezialisten in eigener Sache machen. Und wenn dann auch noch das gesamte Konzept, was die Insulin-Behandlung anbelangt, stimmt, dann kann daraus langfristig eine sehr, sehr gute Einstellung werden. Was mir an der Diabetologie so wahnsinnig gut gefällt, ist, dass es so ähnlich ist wie Intensivmedizin - mein zweites Steckenpferd: Wenn Sie hier etwas falsch machen, kriegen Sie gleich die Quittung; in der Diabetologie ist das gerade beim Typ-1-Diabetes genauso: Sie haben im Prinzip bei der Erstmanifestation einen total kranken, schwachen Menschen vor sich. Innerhalb kurzer Zeit können Sie ihm wieder durch die richtigen Maßnahmen Lebensfreude zurückgeben, Lebensqualität! Und das macht die Sache einfach so spannend und schön.
DJ:
Apropos Insulin-Therapie: Glauben Sie, dass Sie durch Ihre Präsidentschaft auch mehr ins Licht gerückt werden, auch ins IQWiG-Licht, weil Sie vielleicht eine andere Position einnehmen, als das Ihr Vorgänger gemacht hat?
Haak:
Ich muss persönlich sagen, dass ich sowohl Herrn Sawicki selbst als auch Herrn Dr. Hess kenne und dass ich mir wünsche, dass da ein sachlicher Dialog stattfinden wird. Denn nur mit Sachlichkeit kommt man an dieser Stelle weiter. Was mir überhaupt ein Graus ist, ist, dass viele Dinge eben als Medienspektakel ausgetragen werden. Stichwort Fernsehen wie Frontal 21; Stichwort Stern-Artikel wie bei den Antihypertensiva vor kurzem. Das sind Dinge, wo ich glaube, das ist nicht gut. Da würde ich mir wünschen, dass das abnimmt. Aber ich glaube, es wird bei dem Wunsch bleiben - und ich fürchte auch, dass man als Präsident mehr in die Schusslinie der Medien kommen wird.
DJ:
Könnten Sie sich vorstellen, Institutsleiter des IQWiG zu sein?
Haak:
Das könnte ich mir prinzipiell vorstellen - aber es wäre das Letzte, was ich machen würde: Denn es hat nichts mehr mit dem zu tun, weswegen ich eigentlich Arzt geworden bin. Da würde ich nicht wie hier jeden Tag mit Freude zur Arbeit gehen.
DJ:
Das sieht Herr Sawicki dann wohl anders...
Haak:
Ja, ich glaube schon, dass Herr Sawicki sehr viel Freude hat, bei dem, was er jetzt tut. Denn er war immer schon ein Querdenker und hat Dinge gerne aus anderen Perspektiven betrachtet, so daß er für diesen Job, glaube ich, bewusst von Regierungsseite auch ausgewählt wurde.
DJ:
Typ-2-Diabetes nimmt bei Kindern zu. Ist die DDG gewappnet?
Haak:
Ja, wobei: Man spricht, glaube ich, momentan noch mehr über Typ 2 bei Kindern, als er in der Realität vorhanden ist. Aber die DDG ist da schon gewappnet, und gerade die Pädiater in der DDG sind sich des Problems bewusst. Momentan haben wir aber die Situation, dass die Kinder einfach übergewichtig sind und aufgrund dieser Tatsache Probleme kriegen - und nicht gleich einen Diabetes! Die Frage ist, ob sich die Gesundheitspolitik der Frage bewusst ist und die Strategien auch bezahlen will. Denn bringen Sie heute mal ein Kind, das übergewichtig ist, zum Abnehmen: Da gibt es wenig Konzepte. Zumal: Was nützt es, ein Kind aufzunehmen und abzuspecken, was in 3 Wochen sowieso nicht gelingt? Und dann: Sie müssten die Mutter mit aufnehmen, und sie müssten den Lebensstil der ganzen Familie ändern.
  • Prof. Thomas Haak (48) ist Chefarzt der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim, ein Akutkrankenhaus für Diabetiker im Tal der Tauber/Baden-Württemberg. Vor dem Medizin-Studium (Frankfurt) machte Haak eine Bankkaufmann-Lehre sowie berufsbegleitend eine Rettungssanitäter-Ausbildung. Thomas Haak ist gebürtiger Wiesbadener. Er ist verheiratet, seine Tochter Nathalie Julie ist 5.
  • Geboren am 18. April 1959 in Wiesbaden.
  • Abitur: 1978 in Wiesbaden, Gymnasium am Mosbacher Berg.
  • Berufsausbildung: von 1977 bis 1980 Bankkaufmann, berufsbegleitend 1978 bis 1979 Rettungssanitäter.
  • Studium: 1980 bis 1981 Volkswirtschaftslehre an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 1981 bis 1987 Humanmedizin an der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt.
  • Seit 1. März 2000 Chefarzt der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim.
(Ende Einschub)
DJ:
Welches große Problem in der Diabetologie werden auch Sie nicht lösen können als DDG-Präsident?
Haak:
In der Kürze der Zeit wird es nicht möglich sein, dass die Diabetologie vollständig auf hohem Niveau finanzierbar bleibt. Also ich persönlich bin der Meinung, dass das gesamte Gesundheitswesen anders finanziert gehört. Ich hoffe, dass ich in der Zeit einige Überlegungen anstoßen kann, auch bei Gesundheitspolitikern. Unser Gesundheitssystem ist gemacht für Leute, die viel Nachwuchs haben - viele Jüngere, die hinter einem kommen; die alle gesund arbeiten bis 65 und einzahlen und danach relativ zügig sterben... Heute ist ein längeres Überleben möglich. Und immer weniger müssen für mehr, die länger leben, bezahlen. Das müßte man einfach fair ansprechen. Ich denke an eine Basisversorgung, die für alle gilt und die das Überleben sichert - sozial verträglich gestaltet. Und Zusatzrisiken muss man zusätzlich versichern und dafür extra zahlen.
DJ:
Was wollen Sie gemeinsam mit dem DDB und den Betroffenen in Deutschland verbessern?
Haak:
Ich denke, ein großes Gebiet, was noch nicht sehr beackert ist, ist das Thema Prävention. Ich denke, es wird auf dem Thema Prävention viel zu wenig geforscht momentan und viel zu wenig gemacht. Es gibt viele gute Ideen im Ansatz, aber die sind noch nicht schlagkräftig umgesetzt. Und warum muss der DDB nur Leute aufnehmen oder für jene eintreten, die jetzt schon Diabetes haben? Er könnte auch die Fachgesellschaft werden oder die Patientenvereinigung für diejenigen, die ein Risiko haben, Diabetes zu bekommen. Da gibt es viele Anknüpfungspunkte. Prävention ist ein Thema, das viele Menschen nicht wollen, weil es mit der Einschränkung der Lebensführung verbunden ist.
DJ:
Was sagen Sie zu Vorwürfen wie "Mietmäuler der Pharmaindustrie", die gegenüber Ärzten und auch Interessenvertretern der Diabetiker immer mal in den Medien auftauchen?
Haak:
Die Verantwortlichen äußern sich in einer so komplizierten Geschichte wie teuren Pharmaka eben nicht nur auf dem wissenschaftlichen Sektor, sondern es wird immer von Medienkampagnen begleitet. Was ist geeigneter, Leute in Verruf zu bringen, als zu behaupten: Die sind gemietet! Die sind gekauft! Die sind unterwandert, und sie machen bestimmte Dinge nur, weil sie dafür Geld bekommen! Das ist aus meiner Sicht so nicht in Ordnung. Das ist eine böswillige Unterstellung.
DJ:
Was denken Sie: Welche Eigenschaften werden Ihnen Ihre Klinikmitarbeiter zuschreiben?
Haak:
Ich glaube, sie haben verstanden, dass ich versuche, ihnen die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sie gerne zur Arbeit kommen. Das ist für mich das allerwichtigste. Und ich denke, dass sie glauben, daß ich gerecht bin als Vorgesetzter. Ich glaube auch, dass sie denken, dass ich, was Diabetes anbelangt, die Sache gut kann.
DJ:
Treiben Sie Sport?
Haak:
Ja, ich treibe jeden Tag eine halbe Stunde Sport. Ich fahre jeden Tag eine halbe Stunde Ergometer morgens zwischen Viertel vor sechs und Viertel nach sechs. Am Wochenende fahre ich draußen Mountainbike. Das mache ich, seit ich vor 3 Jahren festgestellt hatte, dass ich 13 Kilo Übergewicht habe und nicht sehr authentisch als Arzt wirke.
DJ:
Was ist aus den 13 Kilo geworden?
Haak:
Die habe ich abgenommen - und das Gewicht nun zu halten, ist heavy business!
DJ:
Wohin fahren Sie in Urlaub?
Haak:
Im Sommer nach Niederösterreich. Einfach nur ausspannen und etwas mit unserer 5jährigen Tochter unternehmen.
DJ:
Welche Zeitschrift lesen Sie?
Haak:
Natürlich das "Diabetes-Journal"!
DJ:
Von wem hätten Sie gerne ein Autogramm?
Haak:
Vielleicht von unserer Bundeskanzlerin? Und dann noch mit Widmung? Das fände ich gut!

Interview: M. Heinz, G. Nuber

Quellen

Wort- und Bildquelle: Kirchheim-Verlag

zuletzt bearbeitet: 18.05.2007 nach oben

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