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Wenn der Patient zum "Kunden" wird

Abstract zum Vortrag Professor Dr. med. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Kiel, im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM), und der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) am 14. Juli 2016 in Berlin.

Ökonomisierung und Kostendruck beschädigen die Medizin

Professor Dr. med. Dr. h. c. Ulrich R. Fölsch Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin DGIM) sieht als eine der größten wissenschaftlichen Fachgesellschaften Europas mit größter Sorge die Entwicklung der Medizin in Krankenhäusern und Kliniken: Dort findet eine zunehmende Ökonomisierung der stationären Patientenversorgung statt. Ökonomisierung bedeutet in diesem Zusammenhang: Es wächst der Druck auf die ärztlichen Berufsgruppen, ihr ärztlich-professionelles Handeln einer betriebswirtschaftlichen Nutzenoptimierung bzw. Gewinnmaximierung des Krankenhauses unterzuordnen. Ökonomisierung wird insbesondere dann sichtbar, wenn die aus der gewinnmaximierenden Logik resultierenden Managementmotive höheres Gewicht bekommen als medizinethische professionelle Qualitätsstandards.

Für diese Entwicklung sind verschiedene Faktoren verantwortlich:

a) Schwierigkeiten vieler Kommunen und Länder bei der Finanzierung und Unterhaltung der Krankenhäuser

b) Einführung des DRG-Systems bei der Abrechnung stationärer Krankheitsfälle

c) Fehlende Bereitschaft der Länder, ihren Investitionsverpflichtungen in den Kliniken nachzukommen

Insbesondere die Fehlanreize im DRG-System sind bedrohlich, da die Indikationsstellung für eine diagnostische oder therapeutische Maßnahme sich nicht selten am betriebswirtschaftlichen Vergütungssystem der Fallpauschalen, den DRGs, orientiert. Es besteht der Anreiz, der Bevölkerung vor allem die medizinischen Leistungen anzubieten, mit denen ein Gewinn erwirtschaftet werden kann. Die Folge ist: Gut honorierte, insbesondere chirurgische und interventionelle medizinische Maßnahmen werden ausgeweitet, hingegen nichtinvasive Gebiete und die "sprechende" Medizin in den Kliniken "ausgedünnt".

Die DGIM sieht daher dringenden Handlungsbedarf und fordert die Umsetzung folgender Punkte mit dem Ziel, sowohl die Patientenversorgung als auch die in diesem Zusammenhang essenziell notwendige Weiterbildung von Ärzten in allen Teilgebieten der Inneren Medizin weiterhin adäquat zu gewährleisten:

a) Regeln des ökonomischen Wettbewerbs dürfen das medizinische Handeln zu keinem Zeitpunkt dominieren.

b) Die Einengung von Tätigkeitsfeldern in der Inneren Medizin und damit die Einengung der Weiterbildung auf wirtschaftlich ertragreiche Schwerpunkte in Krankenhäusern ist nicht akzeptabel und muss verhindert werden.

c) Die Weiterbildung der Ärzte zum Facharzt für Innere Medizin und aller entsprechenden internistischen Schwerpunkte gehört zur Dienstaufgabe leitender Krankenhausärzte und muss unabhängig vom DRG-System personell und finanziell gewährleistet werden.

d) Unternehmerische Krankenhausentscheidungen müssen im ausgewogenen Verhältnis zwischen leitenden Ärzten, kaufmännischen Direktoren und Pflegeleitung getroffen werden, insbesondere wenn hiervon die medizinischen Belange der Patienten, die ihrer verantwortlichen Ärzte sowie die medizinische Weiterbildung betroffen sein könnten.

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Bildunterschrift: Professor Dr. med. Dr. h. c. Ulrich R. Fölsch
Bildquelle: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM)

zuletzt bearbeitet: 03.08.2016 nach oben

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