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Vernetzte Forschung

Abstract zum Vortrag von Professor Dr. Dr. h.c. Martin Hrabĕ de Angelis , Direktor des Instituts für Experimentelle Genetik am Helmholtz Zentrum München Lehrstuhl für Experimentelle Genetik, Technische Universität München und Vorstand des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung DZD, im Rahmen der Pressekonferenz zur 51. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) am 05. Mai 2016 in Berlin.

Wie uns die gebündelte Erforschung von Diabetes voranbringt

Professor Dr. Dr. h.c. Martin Hrabĕ "Eine Zukunft ohne Diabetes" - mit dieser Vision ging das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) 2009 an den Start, um vorhandene Kapazitäten, Kompetenzen und Infrastrukturen zu bündeln und so die translationale Diabetesforschung in Deutschland auf neue Beine zu stellen. Die Ausrichtung und Qualität des Programms und der Ergebnisse des DZDs wurden Ende 2014 von einem hochkarätigen internationalen Gutachtergremium exzellent beurteilt.

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung verzahnt Grundlagenforschung und klinische Forschung zur Entwicklung neuartiger personalisierter Präventionsstrategien und Therapien. Die enge Zusammenarbeit der Wissenschaftler von den Partnerinstituten mit verschiedenen Forschungsschwerpunkten ist dabei Garant für innovative Forschungsansätze wie zum Beispiel die epigenetische Vererbung der Folgen des Lebensstils oder die Rolle des Gehirns im Stoffwechsel. Besonderes Augenmerk legt das DZD auf einen zeitnahen Transfer der Ergebnisse aus dem Labor in die medizinische Versorgung. Das umfangreiche Forschungsprogramm des DZD deckt sowohl Typ-1-, Typ-2, als auch Schwangerschaftsdiabetes ab. Exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben Zugang zu modernsten DZD Infrastrukturen und bilden damit das Rückgrat der Forschungserfolge des DZDs. Ausgewählte Forschungshighlights des DZDs werden auf dem aktuellen Diabeteskongress in zwei Symposien vorgestellt.

Diabetes - angeboren? Erworben? Oder beides?

Sie sind, was Ihre Eltern gegessen haben! Experimentelle Arbeiten der DZD-Forschergruppen von Prof. Martin Hrabĕ de Angelis und Prof. Johannes Beckers zeigen, dass eine fettreiche Ernährung zu einer molekularen Veränderung der Keimzellen (Spermien und Eizellen) führt[1]. Diese erworbene Eigenschaft wird epigenetisch vererbt und erhöht so unter anderem bei dem Nachwuchs das Risiko für einen Typ-2-Diabetes. In enger Zusammenarbeit mit der DZD-Forschergruppe um Prof. Hans-Ulrich Häring wird nun untersucht, inwieweit diese wichtige Erkenntnis auf den Menschen übertragen werden kann. Aber auch der genetische Code selbst spielt eine Rolle: Im Rahmen des europäischen Konsortiums EUMODIC identifizierten DZD-Wissenschaftler in mutierten Mäusen 69 stoffwechselrelevante Gene[2]. Deren Erforschung liefert uns neue Erkenntnisse zu den molekularen Ursachen des Diabetes und könnte so neue therapeutische Ansätze gegen Diabetes eröffnen.

Forschungsressource Betazellen

Die einzigartige DZD-Sammlung von humanem Pankreasgewebe, die "Human Islet Biobank" unter der Koordination von Prof. Michele Solimena, ist eine besonders wertvolle Grundlage zur Erforschung der Biologie der Betazellen. Zum Beispiel bietet sie erstmals die Möglichkeit, Gewebeproben von verschieden Diabetestypen (Typ-2, Typ-3c) beziehungsweise Diabetesvorstufen (IGT) mit denen von Gesunden zu vergleichen.

Verhängnisvolles Duo: Fettleber und Typ-2-Diabetes

Ein Drittel aller deutschen Erwachsenen hat eine nichtalkoholische Fettleber und somit ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sind diese Patienten stark übergewichtig, besteht ein hohes Risiko für eine spätere gefährliche Fettleberentzündung (NASH). Prof. Michael Roden und seine DZD-Kollegen beschrieben kürzlich einen Zusammenhang der Abnahme der Mitochondrienaktivität in den Leberzellen mit dem Fortschreiten der Erkrankung[3]. Unter der Leitung von Prof. Norbert Stefan testete das DZD in einer Kooperationsstudie mit Hoffmann-La Roche erfolgreich eine Substanz zur medikamentösen Therapie der Fettleber, welche den dramatischen Folgen entgegenwirken könnte[4].

Insulin-Wirkung im Gehirn

Zahlreiche Studien des DZD-Teams von Prof. Hans-Ulrich Häring belegen die zentrale Rolle des Insulins im Gehirn bei der Steuerung des Stoffwechsels. Die intranasale Gabe von Insulin erhöht in gesunden Menschen unter anderem die Insulinsensitivität im gesamten Körper und wirkt einer Speicherung von Leberfett entgegen. Im Gegensatz dazu konnten DZD-Forscher diese Effekte in übergewichtigen Menschen nicht feststellen, was für eine Insulinresistenz des Gehirns spricht[5]. Die Behandlung dieser Insulinresistenz könnte einen vielversprechenden Ansatz für die Prävention und Behandlung von Übergewicht und Typ-2-Diabetes sein.

Diabetesrisiko frühzeitig erkennen

Basierend auf den epidemiologischen Daten der EPIC-Potsdam- und der KORA-Studie optimiert das DZD unter der Leitung von Prof. Matthias Schulze vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) den DIfE - DEUTSCHER DIABETES-RISIKO-TEST® beständig weiter. Der Test erlaubt eine wissenschaftlich fundierte Einschätzung des persönlichen Risikos, in den kommenden fünf Jahren an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken. Sowohl die Fragebogen- als auch die Online-Version des Tests sind unter www.dzd-ev.de abrufbar.

Gleichzeitig entwickelt das DZD-Team von Prof. Jurek Adamski und Dr. Rui Wang-Sattler aber auch einen diagnostischen Test zur vereinfachten Befundung eines Prädiabetes beruhend auf kürzlich von DZD-Epidemiologen identifizieren Biomarkern, der den aufwendigen und für den Patienten unangenehmen OGTT ersetzen soll.

Den Patienten im Fokus

Dank der engen Zusammenarbeit der DZD-Partner konnten bislang bereits mehr als 2.000 Personen mit Prädiabetes, Diabetes, beziehungsweise Schwangerschaftsdiabetes in die umfangreichen Studien aufgenommen werden. Eine maßgeschneiderte Prävention des Typ-2-Diabetes sowie Behandlungsstrategien gegen das Auftreten von Folgeerkrankungen stehen im Fokus dieser klinischen Studien des DZD. So belegte kürzlich eine Studie von Prof. Michael Roden und seinem Team, dass Hochintensitätstraining (HIT) zu einer signifikanten Verbesserung der Insulinsensitivität und der Herzfunktion in Typ-2-Diabetes-Patienten führt.

Dank der Bündelung und der engen Zusammenarbeit führender deutscher Diabetesforschungseinrichtungen ist es dem DZD gelungen, die translationale Diabetesforschung mit einer Vielzahl von erfolgreichen, innovativen Forschungsansätzen und vielversprechenden Ergebnissen in Deutschland gezielt voranzutreiben für "Eine Zukunft ohne Diabetes".

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Literatur

  1. Epigenetic germline inheritance of diet-induced obesity and insulin resistance. Huypens et al. (2016) Nature Genetics. doi: 10.1038/ng.3527

  2. Analysis of mammalian gene function through broad-based phenotypic screens across a consortium of mouse clinics. Hrabĕ de Angelis, M. et al. (2015) Nature Genetics. doi: 10.1038/ng.3360

  3. Adaptation of Hepatic Mitochondrial Function in Humans with Non-Alcoholic Fatty Liver is Lost in Steatohepatitis. Koliaki et al. (2015) Cell Metabolism. doi: 10.1016/j.cmet.2015.04.004

  4. Inhibition of 11β-HSD1 with RO5093151 for non-alcoholic fatty liver disease: a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Stefan et al. (2014) Lancet Diabetes Endocrinol. doi: 10.1016/S2213-8587(13)70170-0

  5. Effects of intranasal insulin on hepatic fat accumulation and energy metabolism in humans. Gancheva et al. (2015) Diabetes. doi: 10.2337/db14-0892

  6. European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition

  7. Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg

  8. Oraler Glucose-Toleranz-Test

Bildunterschrift: Professor Dr. Dr. h.c. Martin Hrabĕ de Angelis
Bildquelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)

zuletzt bearbeitet: 19.05.2016 nach oben

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