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Hyperbare Sauerstofftherapie bei diabetischem Fußsyndrom

Wunden schließen damit besser

IQWiG bittet um Stellungnahmen

Ob Menschen mit einem sogenannten diabetischen Fußsyndrom einen Vorteil davon haben, wenn sie zusätzlich zur konventionellen Behandlung eine Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) erhalten, ist derzeit Gegenstand einer Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Am 29. Dezember 2015 hat das IQWiG seine vorläufigen Ergebnisse publiziert.

Demnach gibt es einen Beleg, dass Wunden mit einer HBO besser schließen. Für andere patientenrelevante Endpunkte zeigt sich jedoch kein Zusatznutzen: Entweder es fehlen Daten oder sie zeigen keine relevanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen. Bis zum 28. Januar 2016 nimmt das IQWiG Stellungnahmen zu diesem Vorbericht entgegen.

Diabetischer Fuß kann Amputation erfordern

Ist bei Menschen mit Diabetes mellitus der Blutzuckerspiegel über viele Jahre zu hoch, kann dies die Blutgefäße schädigen. Dadurch werden die Extremitäten, also Arme und Beine, nicht mehr ausreichend durchblutet und das Schmerzempfinden ist vermindert (Polyneuropathie). Kleinere Wunden, die bei Menschen mit Diabetes ohnehin schlecht heilen, werden deshalb häufig erst spät bemerkt. Das gilt vor allem dann, wenn sie, wie an den Füßen schlecht sichtbar sind.

Kommt eine Infektion hinzu oder das Gewebe stirbt ab (Nekrose), kann es beim sogenannten diabetischen Fußsyndrom (DFS) im schlimmsten Fall sein, dass der Fuß ganz oder teilweise amputiert werden muss.

Zusätzlicher Sauerstoff soll Durchblutung des Gewebes verbessern

Eine HBO wird zusätzlich zur herkömmlichen Wundversorgung empfohlen, wenn alle Möglichkeiten, das Gewebe zu revaskularisieren, also wieder ausreichend mit Blut zu versorgen, gescheitert sind und eine Amputation droht.

Bei der hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) sitzen die Patientinnen oder Patienten in einer speziellen Kammer und atmen dort unter erhöhtem Luftdruck meist reinen Sauerstoff ein. Dies soll das Blut mit Sauerstoff anreichern und eine bessere Durchblutung auch des Wundgebiets fördern.

Ergebnissicherheit der meisten Studien gering

Insgesamt konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler acht randomisierte kontrollierte Studien in ihre Bewertung einbeziehen. Allerdings ist darunter nur eine Studie, die ein niedriges Verzerrungspotenzial hat und deren Ergebnisse deshalb mit größerer Sicherheit interpretiert werden können. Bei den übrigen blieb häufig unklar, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den jeweiligen Gruppen zugeteilt wurden und die Studien waren meist nicht verblindet.

Studien schließen unterschiedliche Patienten ein

Hinzu kommt, dass die Studien sehr unterschiedliche Patientinnen und Patienten eingeschlossen hatten. Das betraf unter anderem die Schwere der Erkrankung. Aber auch in Hinblick auf den Auswertungszeitpunkt, gibt es zwischen den Studien zum Teil große Abweichungen. Dies könnten wesentliche Gründe dafür sein, dass die Ergebnisse der Studien bei einzelnen Therapieaspekten sehr heterogen waren - andere Ursachen lassen sich aber nicht ausschließen.

Wundverschluss: Beleg für Zusatznutzen

Mit ausreichender Sicherheit interpretierbar und - mit Ausnahme einer Studie - in die gleiche Richtung weisend sind die Ergebnisse zum Endpunkt Wundverschluss. Hier zeigt die Zusammenfassung der Daten einen deutlichen Vorteil der HBO gegenüber der Kontrollgruppe. Denn im HBO-Arm war die Chance auf einen Wundverschluss fast 3-mal so hoch wie im Vergleichsarm. Das IQWiG sieht deshalb hier einen Beleg für einen Zusatznutzen der HBO.

Entweder keine Daten oder keine relevanten Gruppenunterschiede

Dagegen gibt es für keinen der übrigen patientenrelevanten Endpunkte einen Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen. Dafür gibt es zwei Gründe: Entweder die Studien enthielten keine Daten. Das gilt für die Zielkriterien Schmerz, dem Auftreten von Herzkreislauferkrankungen sowie die Abhängigkeit von Fremdhilfe oder Pflegebedürftigkeit.

Oder die einbezogenen Studien enthielten zwar verwertbare Daten, diese zeigen aber keine relevanten Unterschiede zwischen der herkömmlichen Therapie und der ergänzenden HBO. Das trifft zu auf die Zielkriterien Sterblichkeit, Amputation, gesundheitsbezogene Lebensqualität sowie Dauer des Klinikaufenthalts.

Kein Anhaltspunkt für größeren Schaden

Zugleich gibt es aber auch keinen Anhaltspunkt für einen größeren Schaden in Form von unerwünschten Wirkungen. Insgesamt liegt die Rate von Nebenwirkungen (u. a. Platzen des Trommelfells) bei unter zwei Prozent, weshalb die Therapie als sicher gilt.

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Den vorläufigen Berichtsplan für dieses Projekt hatte das IQWiG im Mai 2015 vorgelegt und um Stellungnahmen gebeten. Diese wurden zusammen mit einer Würdigung und dem überarbeiteten Berichtsplan im Juli 2015 publiziert. Stellungnahmen zu dem jetzt veröffentlichten Vorbericht werden nach Ablauf der Frist gesichtet. Sofern sie Fragen offen lassen, werden die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen.

Weiterführende Informationen: zum Vorbericht

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zuletzt bearbeitet: 30.12.2015 nach oben

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