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Diabetes, Herz und Hirn

Straffe Lipideinstellung bleibt weiterhin Ziel

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe Während europäische Mediziner an Lipidwerten festhalten, haben amerikanische Kollegen die Ziele aufgehoben. Das war Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ein Thema, das von Gefäß- und Stoffwechselexperten bei der Session "Diabetes, Herz und Hirn" im Rahmen der MEDICA diskutiert wurde. Der Kurs unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe und Prof. Dr. med. Thomas Meinertz wurde von Ärzten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz besucht.

Unstrittig ist, dass die LDL-Cholesterinsenkung zur Risikoreduktion beiträgt und zu den wichtigsten Faktoren zählt, um Gefäßereignisse zu verhindern. "Bei der für Diabetes charakteristischen Dyslipidämie ist problematisch, dass kleine, dichte LDL-Partikel direkt in den Prozess der Läsionsentstehung an der Gefäßwand eingreifen", erklärte Kardiologe Prof. Dr. Nikolaus Marx aus Aachen. Was die Lipideinstellung betrifft, habe die Auswertung von Versorgungsstudien wie Dyslipidemia International Study oder DiaRegis (Diabetes Registry) ergeben, dass zwei Drittel der Patienten trotz Statintherapie das LDL-Ziel unter 100 mg/dl nicht erreichen, sagte Dr. Anselm K. Gitt aus Ludwigshafen. Nur 60 bis 70 Prozent der vaskulär erkrankten Typ-2-Diabetiker erhielten eine angemessene Therapie, unter anderem mit Statinen, kritisierte der Kardiologe.

Lipidwerte in Europa

Die im Juni 2013 vorgestellte Leitlinien-Neufassung von ESC (European Society of Cardiology) und EASD (European Association for the Study of Diabetes) beinhaltet Modifikationen bei den Zielwerten für die Blutdruck- und Lipideinstellung. Beim Blutdruck wird für Patienten mit Diabetes ein Ziel von unter 140/85 mmHg favorisiert. Bei der Lipideinstellung fordern die europäischen Fachgesellschaften für Patienten ohne Risikofaktor ein LDL-Ziel unter 100 mg/dl und bei Hochrisikopatienten ein LDL-Ziel unter 70 mg/dl. Zur Hochrisikogruppe gehören Patienten mit dokumentiertem Gefäßereignis, vorliegender Hirnerkrankung oder weiterem Risikofaktor. Den "zusätzlichen Risikofaktor" erfüllt im Regelfall der Diabetiker.

Feste Statindosis in Amerika

Lebt der Patient in den USA, kann es sein, dass er unabhängig von seinem LDL-Wert mit einer festen Standarddosis von Statinen, differenziert in "moderat intensive" und "hochintensive" Therapie, behandelt wird. Die amerikanischen Fachgesellschaften AHA (American Heart Association) und ACA (American College of Cardiology) haben im November 2013 ihre neuen Guidelines präsentiert, in denen die zielwertorientierte ("treat-to-target") Strategie aufgehoben wurde. Statt therapeutischer Ausrichtung an definierten Lipidzielen wird nun eine Risiko-Stratifizierung vorgenommen.

Von der "hochintensiven" Therapie verspricht man sich eine LDL-Reduktion um mindestens 50 Prozent. Mit der "moderat intensiven" Therapie soll der LDL-Spiegel um 30 bis 50 Prozent sinken. AHA und ACA argumentieren, dass bislang in keiner randomisierten, kontrollierten Studie verglichen wurde, welche Auswirkungen die Einstellung der Patienten auf verschiedene Lipidzielwerte hat. Es gebe nur Studien zur Wirkstärke unterschiedlicher Statindosierungen und den Hinweis, dass niedrigere LDL-Werte klinisch vorteilhaft sind.

Ziele für individuelle Therapie

Der Vorschlag von AHA/ACA sorgt aktuell für Zündstoff und Spaltung in der medizinischen Fachwelt. "Und dass nicht nur in Europa", betonte Prof. Meinertz. Das Vorgehen sei selbst unter Kardiologen beim AHA-Kongress in Dallas heftig diskutiert worden. Das Prinzip "fire and forget" (Gib ein Statin und miss es nicht mehr) könne nicht zielführend sein, erklärten Prof. Thomas Meinertz aus Hamburg und Prof. Diethelm Tschöpe aus Bad Oeynhausen. Fest steht, dass für Patienten individualisierte Therapiekonzepte gefordert sind, um das Risiko für Ereignisse zu reduzieren.

Mit definierten Zielwerten ließe sich das besser realisieren, für den Arzt und für den Patienten, was Konsens in Deutschland und Europa ist, so Kardiologe Meinertz und Endokrinologe Tschöpe beim MEDICA-Kurs "Diabetes, Herz und Hirn". Eine stringente Lipideinstellung bleibe deshalb weiter Bestandteil der Behandlung, ebenso die zielorientierte Therapie bei Blutdruck- und Glukosewerten.

Bildunterschrift: Prof. Dr. med. Thomas Meinertz (li.) und Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe (re.)
Bildquelle: Stiftung DHD
Foto: Katrin Hertrampf

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zuletzt bearbeitet: 03.02.2014 nach oben

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