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Zusage für Adipositas-Sonderforschungsbereich

Pressemitteilung: Universität Leipzig

Der Fettleibigkeit und ihren Folgen wie Typ-2-Diabetes auf der Spur

Mit Jahresbeginn 2013 kann an der Universität Leipzig ein neuer Sonderforschungsbereich (SFB) zu "Mechanismen der Adipositas" an den Start gehen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet ihn als einen von bundesweit elf neuen SFBs ein. Für die auf zunächst 4 Jahre angelegte erste Förderperiode werden der Initiative aus der Leipziger Universitätsmedizin insgesamt 12 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Ziel des neuen SFB ist es, ursächliche Mechanismen von Fettleibigkeit (Adipositas) sowie Folgeerkrankungen zu erforschen und neue Therapien zu entwickeln. Dahinter steht ein stark interdisziplinär ausgerichteter Ansatz, an dem sich zahlreiche universitäre Einrichtungen ebenso beteiligen wie externe Forschergruppen. Langfristig sollen Präventions- und Heilungsmöglichkeit ausgelotet werden.

Bei der Adipositas handelt es sich um eine äußerst komplexe Erkrankung, bei der zahlreiche Faktoren wie Gene, Nervensystem, Verhalten und Lebensstil hineinspielen. Dabei ist bislang nur unzureichend verstanden, wie die unterschiedlichen Faktoren untereinander wirken. So sind die wesentlichen Adipositas-Gene zwar identifiziert, aber in ihrer Funktion noch weitgehend unbekannt. Adipositas gehört zu den folgenreichen Zivilisationserkrankungen. Mit ihr nehmen die Risiken für weitere Erkrankungen wie Fettleber, Bluthochdruck oder Diabetes zu. Aktuell sind etwa 20 % der westlichen Bevölkerung betroffen, Tendenz steigend.

Drei Schwerpunkte und Nachwuchsförderung

Im Leipziger SFB werden sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf drei zentrale Fragenkomplexe konzentrieren:

  1. Überernährung: Warum nehmen stark übergewichtige Menschen mehr Kalorien auf, als sie verbrauchen können? Welche Regulationsmechanismen sind an dieser Stelle gestört?
  2. Fettverteilung: Warum lagert sich bei einem Teil der Menschen mit positiver Energiebilanz das Fett als gefährliches inneres Bauchfett ab? Welche (genetischen) Unterschiede bestehen zu Menschen mit wahrscheinlich ungefährlicherem Unterhautfett?
  3. Signalwege: Welche Signale sendet das kranke Fettgewebe an andere Organe aus und welche davon sind für Begleit- und Folgeerkrankungen verantwortlich? Bei den Folgeerkrankungen interessieren insbesondere die Fettleber, Fettstoffwechselstörungen, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und entzündliche Hauterkrankungen.

Beim dritten Fragenkomplex ist eine spezielle Interventionsstudie mit Kindern geplant. Durch kombinierte Ernährungs- und Bewegungsprogramme sollen die Zusammenhänge zwischen Überessen, Fettanlagerung und Folgeerkrankungen frühzeitig durchbrochen werden. Auch die Nachwuchsförderung ist zentrales Ziel des SFB. Leipzig will deutschlandweit den wissenschaftlichen Nachwuchs für das Thema Adipositas gewinnen und ausbilden. Deshalb wurde ein integriertes Graduiertenkolleg beantragt und von der DFG bewilligt.

Erste Reaktionen

Sprecher des SFB "Mechanismen der Adipositas" ist der Uni-Mediziner Prof. Matthias Blüher, Forschungslaborleiter an der Klinik und Poliklinik für Endokrinologie und Nephrologie. "Der Zuschlag durch die DFG ist der Lohn für jahrelange, systematische Vorbereitungen sowie für viel Überzeugungs- und Vernetzungsarbeit. Es ist ein Vertrauensvorschuss, hat zum anderen aber auch ein verpflichtendes Element, Ideen in Taten umzusetzen."

Für den Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Joachim Thiery, ist die DFG-Bewilligung ein wichtiger Meilenstein in der lebenswissenschaftlichen Forschung: "Mit diesem Großprojekt geht Leipzig konsequent den eingeschlagenen Weg weiter. Der neu eingeworbene SFB ist eine exzellente Ergänzung zu bestehenden Adipositas-Forschungskompetenzen."

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Vorhandene und neue Strukturen

Tatsächlich gründet der aktuelle Erfolg auf über Jahre gewachsene Strukturen am Standort Leipzig. Eine wesentliche Säule ist das vom Bund geförderte Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrums AdipositasErkrankungen (IFB), das seit 2010 als Gemeinschaftsprojekt von Medizinischer Fakultät und Universitätsklinikum unter Leitung von Prof. Michael Stumvoll besteht und die verschiedensten Adipositasexperten zusammenführt. Viele strukturelle Voraussetzungen wie Nachwuchsforschergruppen, Professuren oder Labore sind durch das IFB bereits vorhanden und waren mit ausschlaggebend für den Zuschlag. Die dazugehörige Ambulanz verzeichnet einen enormen Patientenzulauf. Aus ihr und der LIFE-Gesundheitsstudie wird der SFB interessierte Probanden für seine speziellen Fragestallungen gewinnen.

Eine weitere Forschungsbasis bietet die aus über 1.000 menschlichen Fettgewebeproben bestehende Fettgewebebank, eine in ihrem Umfang in Deutschland bislang einmalige Einrichtung. Neben aktiven klinischen, neurologischen wie biochemischen Forschergruppen ist der bei den Naturwissenschaften bestehende SFB 610 unter Leitung von Prof. Annette Beck-Sickinger zu "Proteinzustände mit zellbiologischer und medizinischer Relevanz" eine weitere Säule im Erfolgskonzept, fasst Matthias Blüher die fachlichen Querverbindungen zusammen. "Wir sind im Kompetenznetz Adipositas aktiv und waren im nationalen Genomforschungsnetz zum Thema Adipositas vertreten. Alle Strukturen haben sich immer stärker aufeinander zu bewegt, um an Schlagkraft zu gewinnen.

Für den Adipositas-SFB haben wir nun zusätzlich außeruniversitäre Kooperationspartner gesucht." Die Leipziger Max-Planck-Institute werden eigene Aspekte aus den Neurowissenschaften und der evolutionären Anthropologie beisteuern. Die Israelischen Uni-Kollegen schließlich liefern interessante Vergleichsdaten über Menschen mit anderen Ernährungs" und Bewegungsgewohnheiten als in unseren Breitengraden.

"Auf ideale Weise können wir hervorragende Grundlagenforschungen mit klinischen Erfahrungen verknüpfen. In Deutschland gibt es keine vergleichbare Initiative zum Thema. Wir wollen mehr denn je molekulare Mechanismen aufklären und im günstigsten Fall pharmakologische Therapien entwickeln," so Blüher. Konservative Methoden sind bis heute häufig gescheitert. Beim einzelnen Patienten zeigen psychologische Maßnahmen, Ernährungs- und Bewegungsinterventionen oder Medikamente zwar Erfolge, bislang gibt es bei Adipositas jedoch keine generell geeignete Therapiestrategie.

Weitreichender Expertenzusammenschluss

Im Einzelnen sind folgende Einrichtungen am neuen SFB beteiligt:

Universität Leipzig:

Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum AdipositasErkrankungen Leipzig (IFB)

Universitätsklinikum:
Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik,
Klinik und Poliklinik für Endokrinologie und Nephrologie,
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin,
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Tagesklinik für kognitive Neurologie

Als externe Partner haben sich angeschlossen:

Organisatorisches

Die erste Förderperiode ist auf 4 Jahre bis 2016 angelegt. Nach einer Begutachtung durch die DFG können sich weitere Förderphasen anschließen. Die Leipziger Forschungsvision ist auf die maximale Förderdauer von 12 Jahren ausgerichtet. Aktuell sind gut 50 Personen aktiv am Thema beteiligt, mindestens 30 davon sind Doktoranden aus der Medizin und den Naturwissenschaften.

Die DFG fördert mit den Sonderforschungsbereichen längerfristige und innovative Forschungseinrichtungen an Hochschulen mit dem Ziel der Schwerpunktbildung. Zudem unterstützt sie die langfristige Förderung von Nachwuchswissenschaftlern und die wissenschaftliche und fächerübergreifende Zusammenarbeit.

International wird das Thema Adipositas sehr intensiv bearbeitet. Große und finanzkräftig geförderte Zentren bestehen in den USA, Kopenhagen, Paris, Oxford und Cambridge. Mit dem SFB will Leipzig sich zunächst im europäischen Rahmen als deutsches Exzellenzzentrum einreihen.

zuletzt bearbeitet: 23.11.2012 nach oben

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