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Deutscher Diabetiker Bund klagt gegen G-BA

Patientenvertreter werden einfach übergangen

DDB-Bundesvorsitzender Dieter Möhler bei Demo An der Behandlung von Menschen mit Diabetes wird weiter rigoros gespart. In nur einem Jahr hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) drei Beschlüsse gefasst, die Verordnungseinschränkungen bzw. -ausschlüsse für Typ-2-Diabetiker zur Folge hatten: Analoginsuline, Glitazone und Harn- sowie Blutzuckerteststreifen werden von den Kassen nicht mehr oder nur noch in Ausnahmen bezahlt. Bei allen drei G-BA-Entscheidungen sieht sich der Bundesvorsitzende des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB), Rechtsanwalt Dieter Möhler, massiv übergangen: In den einzelnen Verfahren hatte er sich für ergänzende Therapiehinweise eingesetzt, die nicht berücksichtigt wurden. Jetzt ist er vor das zuständige Landessozialgericht gezogen.

Als themenbezogener Vertreter für den Deutschen Behindertenrat im Gemeinsamen Bundesausschuss hat er im September Klage gegen das Gremium vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingereicht. Möhler sieht in den drei G-BA-Verfahren nicht nur sein Antragsrecht verletzt (Paragraph 140 f SGB V), er wurde auch als Patientenvertreter nicht angehört (Paragraph 92, Absatz 1, SGB V).

Das Gericht soll nun feststellen, ob die betreffenden G-BA-Beschlüsse (Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse von lang wirkenden Insulinanaloga bei Typ-2-Diabetes vom 18. März 2010, von Glitazonen bei Typ-2-Diabetes vom 17. Juni 2010 und von Harn  und Blutzuckertestreifen bei Typ-2-Diabetes ohne Insulin vom 17. März 2011) nichtig sind.

Rechtsanwalt Möhler führt in seiner Klageschrift an, dass z.  B. die Unterlagen, die er im Verfahren zu den Analoginsulinen eingereicht hat - er hatte u. a. einen Therapiehinweis gefordert -, nicht an die Mitglieder des G-BA-Unterausschusses Arzneimittel weitergegeben worden waren. "Das ist rechtwidrig", betont er. "Die Argumente, die den Antrag gestützt haben, wurden mangels Vorlage nicht umfassend gewürdigt und insbesondere andere Möglichkeiten statt eines Verordnungsausschlusses überhaupt nicht in Erwägung gezogen."

Anträge vom Tisch gewischt

Ähnlich der Verlauf bei den anderen beiden G-BA-Verfahren: Möhlers Anträge wurden vom Tisch gewischt. Für die Glitazone hatte er dem Plenum empfohlen, das Verfahren zu Rosiglitazon, das inzwischen vom europäischen Markt genommen wurde, einzustellen und für die Pioglitazone einen Therapiehinweis aufzunehmen. Bei den Teststreifen für oral eingestellte Typ-2-Diabetiker setzte er sich ebenfalls für einen Therapiehinweis ein - auch hier wurden seine Einwendungen nicht erörtert.

Schon im März 2010 hatte der DDB-Bundesvorsitzende eine Änderung der Geschäfts- und Verfahrensordnung des Bundesausschusses beantragt: Es müsse ein isoliertes Antragsrecht für jeden themenbezogenen Vertreter geben, nicht nur für die anerkannten Patientenorganisationen insgesamt. "Die Vertreter dieser Organisationen haben keinen - mit dem DDB im Vorfeld abgestimmten - Antrag ausreichend unterstützt", gibt er zu bedenken.

"Solche Patientenvertreter, die in das gleiche Horn blasen wie der Bundesausschuss, handeln wider die Interessen der Patienten." Darf der themenbezogene Vertreter nur Anträge in Abstimmung mit den anderen stellen, bedeutet dies "faktisch eine Gleichschaltung", so Möhler. "Das mag im Interesse der Politik sein, nicht aber im Interesse der Patienten." Diese Vorgehensweise sei "weder demokratisch noch rechtsstaatlich", kritisiert er.

Beim aktuellen Rechtsstreit geht Möhler davon aus, dass dieser die Entscheidungen des Bundesausschusses zu Fall bringen könnte: "Die Klage hat hinreichend Aussicht auf Erfolg", erklärt er.

Bildunterschrift: DDB Bundesvorsitzender Dieter Möhler, bei einer Demonstration.
Bildquelle: Deutscher Diabetiker Bund (DDB)

zuletzt bearbeitet: 17.09.2011 nach oben

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