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Variante des KCNJ11-Gens erhöht das Risiko für Alterszucker auch in deutscher Bevölkerung

DIfE-Wissenschaftler werten Studiendaten aus

Eine Variante des Gens KCNJ11 erhöht bei Menschen der Region Berlin/Brandenburg das Risiko für Alterszucker (Typ-2-Diabetes) um bis zu 25 Prozent. Dies ist ein Ergebnis einer großen Bevölkerungsstudie, die Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) durchführten. Ferner wiesen die Forscher nach, dass die mit KCNJ11 23K bezeichnete Genvariante sowohl die Insulinausschüttung als auch die Insulinempfindlichkeit negativ beeinflusst.

"Möglicherweise könnte man unsere Ergebnisse in Zukunft dazu nutzen, die Vorhersagekraft von Diabetes-Risikotests zu erhöhen. Zudem helfen die von uns gefundenen funktionellen Daten, die Mechanismen der Diabetesentstehung aufzuklären", erklärt Joachim Spranger, Leiter der wissenschaftlichen Untersuchung. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Januarausgabe der renommierten Fachzeitschrift Diabetes Care (Fischer et al. 2008, 31:87-89).

Grundlage der vorliegenden Untersuchung sind die Daten von 2.945 Teilnehmern der Potsdamer EPIC-Studie sowie von 1.891 Teilnehmern der MeSyBePo-Studie. Die Teilnehmer beider Studien stammen aus der Region Berlin/Brandenburg.

Untersuchungen an europäischen und amerikanischen Bevölkerungsgruppen hatten bereits einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der 23K-Genvariante und dem Typ-2-Diabetes nachgewiesen. Die Daten der DIfE-Wissenschaftler belegen nun erstmals, dass die 23K-Variante auch innerhalb der deutschen Bevölkerung mit einem erhöhten Typ-2-Diabetes-Risiko verbunden ist.

Der zugrunde liegende funktionelle Zusammenhang zwischen der Genveränderung und dem Erkrankungsrisiko ist jedoch unklar. Das KCNJ11-Gen enthält den Bauplan für einen Kalium-Kanal, der in der Membran der insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse vorhanden ist. Wissenschaftler vermuten daher seit längerer Zeit, dass die 23K-Genveränderung zu einer gestörten Insulinausschüttung führt, die wiederum das Diabetesrisiko erhöht.

Die im Rahmen der MeSyBePo-Studie durchgeführten Stoffwechseltests liefern nun neue Beweise dafür, dass das erhöhte Diabetesrisiko neben einer Störung der Insulinausschüttung auch auf eine veränderte Insulinempfindlichkeit zurückzuführen ist.

Hintergrundinformation:

Insulinunempfindlichkeit (Insulinresistenz): Bereits im Vorstadium zu einer Typ-2-Diabetes-Erkrankung verlieren die Körperzellen zunehmend die Fähigkeit auf Insulin zu reagieren. Sie werden "insulinresistent" und können keinen Traubenzucker mehr aufnehmen. In der Folge steigt der Blutzuckerspiegel an, wobei die Körperzellen immer schlechter mit Energie versorgt werden. Zu Beginn der Erkrankung versucht der Körper die mangelnde Insulinempfindlichkeit der Zellen durch eine erhöhte Insulinproduktion auszugleichen. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung, versagen aber auch die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse, die Insulinausschüttung nimmt ab. Zur Energiegewinnung baut der Körper nun verstärkt Fettgewebe ab, wodurch vermehrt Ketonkörper gebildet werden, die schwere Stoffwechselentgleisungen auslösen können, beispielsweise das diabetische Koma.

EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)-Studie: eine prospektive, 1992 begonnene Studie, die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Krebs und anderen chronischen Erkrankungen aufdeckt. 23 administrative Zentren in zehn europäischen Ländern mit 519.000 Studienteilnehmern sind an der Studie beteiligt. Die EPIC-Studie wird von Dr. Elio Riboli (International Agency on Research of Cancer, Lyon, Frankreich) koordiniert. Die Potsdamer EPIC-Studie, an der 27.548 Frauen und Männer im Alter zwischen 35 und 65 Jahren teilnehmen, leitet Professor Dr. Heiner Boeing.

Die Studie "Metabolisches Syndrom Berlin Potsdam" (MeSyBePo) ist eine am DIfE laufende Stoffwechselstudie mit etwa 2000 Teilnehmern. Näheres erfahren Sie unter: http://www.dife.de/de/aktuelles/mesy-bepo.php.

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören 82 außeruniversitäre Forschungsinstitute und forschungsnahe Serviceeinrichtungen. Diese beschäftigen etwa 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Stand 12/2006). Davon sind ca. 5.400 Wissenschaftler (inkl. 2.000 Nachwuchswissenschaftler). Leibniz-Institute arbeiten interdisziplinär und verbinden Grundlagenforschung mit Anwendungsnähe. Sie sind von überregionaler Bedeutung und werden von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,1 Milliarden Euro pro Jahr. Die Drittmittel betragen etwa 225 Millionen Euro pro Jahr. Näheres unter www.leibniz-gemeinschaft.de.

zuletzt bearbeitet: 14.02.2008 nach oben

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