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"Diabetes Deutschland" - Was ist das?

Abstract zum Vortrag von Prof. Dr. med. Wolfgang Kerner im Rahmen der 42. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) in Hamburg.

Stärkere Lobby durch Zusammenschluss aller deutschen Diabetes-Organisationen

Prof. Dr. Wolfgang Kerner Die Landschaft der Diabetes-Organisationen in Deutschland ist vielfältig und auf den ersten Blick verwirrend. Die Situation ist nur zu verstehen, wenn man die historische Entwicklung berücksichtigt: Der "Deutsche Diabetiker Bund" (DDB), die Vereinigung der Betroffenen, wurde bereits 1951 gegründet, 1964 folgte die "Deutsche Diabetes-Gesellschaft" (DDG) als wissenschaftliche Gesellschaft, 1974 eine weitere Selbsthilfeorganisation, der "Bund diabetischer Kinder und Jugendlicher" (BdKJ) und schließlich 1992 der "Verband der Diabetesberater/innen in Deutschland" (VDBD). Gemessen an der Entwicklung der Mitgliederzahlen haben alle Organisationen ganz offensichtlich ihr Arbeitsfeld in der Diabetologie gefunden: Der DDB hat heute circa 40.000 Mitglieder, die DDG über 7.000, der BdKJ circa 6.000 und der VDBD circa 3.000 Mitglieder. Als eine Einrichtung zur Akquirierung von Spendengeldern wurde die "Deutsche Diabetes-Stiftung" (DDS) 1985 gemeinsam von DDB und DDG gegründet.

Man sollte meinen, dass derart viele Organisationen einen bedeutenden Einfluss auf die gesundheitspolitischen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Diabetes hätten. Ebenso könnte man erwarten, dass der durch diese Organisationen entstehende politische Druck groß genug ist, die zur Prävention und Behandlung einer Volkskrankheit erforderlichen öffentlichen Forschungsmittel zur Verfügung zu stellen, von der fast jeder zehnte Bürger betroffen ist. Sie wissen alle, dass dies nicht der Fall ist. Patienten und deren Angehörige sind ebenso wie diejenigen, die sich berufsmäßig mit dem Diabetes beschäftigen, die letzten, die bei politischen Entscheidungen um ihre Meinung gefragt werden. Die Regel ist, dass es gar nicht geplant ist, sie in irgendwelche Entscheidungen mit einzubeziehen.

Lässt sich dieser Zustand ändern? Ein Blick nach England und in die USA zeigt einen alternativen Weg auf. Dort sind Patienten, Forscher, Ärzte und Diabetesberater/innen in einer großen Organisation vereinigt (Diabetes UK bzw. ADA). Für die Situation in Deutschland würde dies bedeuten: BdKJ, DDB, DDG und VDBD schließen sich mit ihren circa 55.000 Mitgliedern in einer neuen Organisation zusammen, die z. B. "Diabetes Deutschland" heißen könnte. "Diabetes Deutschland" erhält eine gemeinsame Geschäftsführung und eine Struktur ähnlich der von ADA bzw. Diabetes UK, angepasst an die spezifischen deutschen Verhältnisse.

Was ist von diesem Zusammenschluss zu erwarten? Ich erwarte folgende Auswirkungen:

Ein extrem wichtiger Punkt bei der Gründung von "Diabetes Deutschland" muss sein, dass die spezifischen Aktivitäten der Einzelverbände erhalten bleiben. Dies lässt sich durch entsprechende Strukturen erreichen, über die zum jetzigen Zeitpunkt noch in keiner Weise entschieden ist. Für die Mitglieder der DDG, die befürchten, dass die Wissenschaft in "Diabetes Deutschland" nicht den notwendigen Stellenwert haben wird, sei auf ADA und Diabetes UK verwiesen. Die Ausgaben von Diabetes UK für wissenschaftliche Projekte liegen um den Faktor 10, die der ADA um den Faktor 100 über denen der DDG. Hinzu kommt, dass niemand an der Qualität der wissenschaftlichen Arbeit von ADA und von Diabetes UK zweifeln kann.

"Diabetes Deutschland" ist eine Idee, die Herr Prof. Kiess in seiner Amtszeit als Präsident der DDG initiiert hat und die ich in den letzten 2 Jahren versucht habe in Gesprächen mit den anderen Organisationen auf den Weg zu bringen. Dafür habe ich von der Mitgliederversammlung 2006 in Leipzig den Auftrag erhalten. In diesen nicht ganz einfachen Gesprächen hat sich herauskristallisiert, dass sich die Vorstände aller Einzelorganisationen grundsätzlich eine Vereinigung vorstellen können. Der nächste Schritt ist eine Umfrage bei allen Mitgliedern aller Einzelorganisationen. Diesen Fragebogen erhielten nicht nur alle Mitglieder der DDG, sondern ebenso alle Mitglieder des BdKJ, des DDB und des VDBD.

Wie es nach der Fragebogenaktion weitergehen wird, hängt natürlich vom Ergebnis der Umfrage ab: Wenn die Mehrheit der Mitglieder aller Organisationen ein positives Votum abgibt, kann das Stadium der konkreten Verhandlungen beginnen.

Bildunterschrift: Prof. Dr. med. Wolfgang Kerner, Präsident der DDG, Direktor der Klinik Diabetes und Stoffwechselkrankheiten des Klinikums Karlsburg.
Bildquelle: Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG)

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zuletzt bearbeitet: 18.05.2007 nach oben

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