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Bundesausschuss entscheidet gegen Patienten

BPI: Diabeteskranke zahlen für Finanzprobleme der Kassen mit ihrer Gesundheit

"Mit seinem heutigen Beschluss kurzwirksame Insulinanaloga für den Großteil der Typ-2-Diabetiker aus dem Leistungskatalog der GKV auszugrenzen, zementiert der G-BA die Zwei-Klassen-Medizin für Diabetiker", erklärte heute Dr. Bernd Wegener, Vorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie.

Er sei sehr enttäuscht und verärgert über diese Entscheidung, da der Ansatz der Nutzenbewertung offenbar gegen besseres Wissen dazu missbraucht würde, um zu Lasten der GKV-Patienten Leistungsausgrenzungen vorzunehmen. Die zusätzliche Verschärfung des Beschlusses durch die Aufhebung des Bestandsschutzes für 400.000 heute mit modernen Insulinen behandelte Patienten zeige, dass allein finanzielle Motive für die Entscheidung maßgeblich waren, da alle fachlichen, medizinischen Argumente systematisch ignoriert worden sind. Dies sei, so Wegener, vor dem Hintergrund der weltweit zunehmenden Zuckerkrankheit ein "Rückfall in das medizinische Mittelalter", obwohl in Deutschland der Anteil der Diabetiker an der Bevölkerung bei sieben bis acht Prozent liegt, mit steigender Tendenz.

Wer es sich leisten könne oder privat versichert sei, werde weiterhin eine am internationalen wissenschaftlichen Standard ausgerichtete Diabetes-Therapie erhalten. Den Kürzen würden diejenigen ziehen, die nicht über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügten, sagte der BPI-Vorsitzende. "Wieder einmal sollen die niedergelassenen Ärzte als Erfüllungsgehilfen der Politik Rationierungen gegenüber den Patienten vertreten müssen während gleichzeitig ihre Therapiefreiheit in Frage gestellt wird."

Zudem kritisierte Wegener die Begründung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), nach der kurzwirksame Insulinanaloga therapeutisch gleichwertig, nur teurer als Humaninsulin seien. "Hier irrt der Bundesausschuss. Die vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) angewandte Methodik der Nutzenbewertung weist, wie in den Stellungnahmen von Expertenseite aufgezeigt, gravierende Versäumnisse auf und führt dadurch zu einem falschen Ergebnis. Darüber hinaus ist die Bewertung der Therapiekosten durch den G-BA auf Basis des Apothekenverkaufspreises sachlich falsch, da die Dosiseinsparungen unter einer Therapie mit modernen Insulinen nicht berücksichtigt werden. Für einen Vergleich der Gesamtkosten müssten vielmehr die tatsächlichen Erstattungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) herangezogen werden. Die Entscheidung ist daher sowohl medizinisch als auch ökonomisch falsch", so Wegener.

Durch die Fixierung auf die Reduktion von Medikamentenkosten würde außerdem das eigentliche Ziel - nämlich die Verhinderung von Begleiterkrankungen und Folgekomplikationen wie zum Beispiel Polyneuropathien und Durchblutungsstörungen - aus den Augen verloren. Diese jedoch seien mit einem Anteil von über 50 Prozent die eigentlich kostenintensiven Faktoren des Diabetes. Durch eine dem gegenwärtigen medizinischen Stand entsprechende medizinisch-therapeutische Versorgung könnte hier das größte Einsparpotenzial erschlossen werden. Außerdem fänden weitere Vorteile einer Behandlung mit kurzwirksamen Insulinanaloga wie, zum Beispiel eine leichtere Gewichtskontrolle und eine höhere Lebensqualität der Patienten, in der Bewertung des G-BA keine Berücksichtigung.

Mit seiner Entscheidung öffne der G-BA das Tor für weitere GKV-Leistungsausgrenzungen. "Die Nutzenbewertung durch ein interessengeleitetes Institut scheint die Lösung für eine systematische Leistungsausgrenzung zu sein, wobei die Vertreter der Krankenkassen und der Ärzte offensichtlich bereit sind, aus Kostengründen jegliche Verantwortung für die Versorgung der Patienten von sich zu weisen. Trotzdem werden wir nicht tatenlos zusehen, wie Patienten zum Sündenbock einer verfehlten Gesundheitspolitik gemacht werden", kündigte Wegener an.

zuletzt bearbeitet: 18.07.2006 nach oben

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