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Diabetes - Möglichkeiten der Heilung

Abstract zum Vortrag von Prof. Dr. med. Jochen Seißler im Rahmen der Pressekonferenz zur 41. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) in Leipzig.

Heilung durch Zellersatztherapie mittelfristig denkbar

Prof. Dr. med. Jochen  Seißler In Deutschland ist momentan bei etwa 5-6% der Bevölkerung ein Diabetes mellitus bekannt. Nach aktuellen Daten einer Studie in Süddeutschland ist bei den über 55-jährigen in mehr als 40% eine Störung des Blutzuckerstoffwechsels zu beobachten. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass in den nächsten Jahren die Häufigkeit des Diabetes epidemieartig zunehmen wird (es wird eine Verdopplung der Patientenzahlen in den nächsten 20 Jahren erwartet). Diabetiker haben trotz der Einführung moderner Therapiekonzepte ein deutlich erhöhtes Risiko makrovaskuläre (Herzinfarkt, Schlaganfall) und mikrovaskuläre Erkrankungen (Auge, Niere, Nervensystem) zu entwickeln. Dies führt zu einer erheblichen Verminderung der Lebensqualität und zu einer deutlichen Erhöhung der Mortalität. Aufgrund der hohen Diabetesprävalenz sind auch enorme Belastungen für unser Gesundheitssystem zu verzeichnen, so dass dringend bessere Behandlungsformen benötigt werden.

Der Einsatz von Zellersatztherapien hat in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen der Medizin enorme Fortschritte gemacht. Jüngste Erfolge auf dem Gebiet der Stammzellforschung haben auch neue Perspektiven für den Diabetes mellitus eröffnet.

Schematische Darstellung der Herstellung von Betazellen aus adulten Stammzellen Von mehreren Arbeitsgruppen wurde berichtet, dass im Pankreasgewebe auch noch im Erwachsenenalter adulte Stammzellen nachweisbar sind, die sich in der Zellkultur vermehren lassen. Unter definierten Bedingungen können diese Zellen zu insulinproduzierenden Zellen ausreifen und nach der Transplantation den Blutzucker diabetischer Mäuse reduzieren bzw. normalisieren. Der Nachweis der Existenz dieser Stammzellen ist von herausragender Bedeutung für die Diabetologie, da hiermit erstmals ethisch unbedenkliche Spenderzellen in großer Masse für die Transplantation zur Verfügung stehen könnten. Die Möglichkeit diese Stammzellen von den betroffenen Patienten selbst zu isolieren hätte darüber hinaus den Vorteil auf die nebenwirkungsreiche Immunsuppression verzichten zu können (insulinpflichtiger Typ 2 Diabetes) oder eine deutlich reduzierte Dosis verwenden zu können (Verhinderung der Reaktivierung des Autoimmunprozesses beim Typ 1 Diabetes).

Bisher ist noch unklar, wie die Ergebnisse bei Mäusen auf humane Pankreaszellen zu übertragen sind. Vor dem Einsatz beim Menschen muss sichergestellt sein, dass die Stammzellen zu voll funktionsfähigen insulinproduzierenden Beta-Zellen ausreifen. Hier sind aufwendige Forschungsarbeiten notwendig, um die Biologie der Stammzellen besser als heute zu verstehen und die Faktoren, welche die Entwicklungswege regulieren und in Richtung Betazelle vorantreiben genau zu charakterisieren. Ziel der Forschung ist die Entwicklung verlässlicher Protokolle, die es erlauben, die Differenzierung von Betazellen in der Kulturschale präzise zu steuern und transplantationsfähige Zellen in sehr hoher Reinheit herzustellen.

Aus heutiger Sicht stellt die Transplantation von Betazellen im Prinzip die optimale Therapie des insulinpflichtigen Diabetes mellitus dar. Die Daten der tierexperimentellen Untersuchungen machen berechtigte Hoffnung, dass das Prinzip der Herstellung von Betazellen aus Stammzellen durch intensive Forschungsarbeit mittelfristig erreicht werden kann. Mit dieser neuen Therapieoption könnte es erstmals gelingen den Diabetes mellitus bei einer großen Zahl von Patienten zu heilen und das Auftreten schwerer Folgeerkrankungen komplett zu verhindern.

Bildunterschriften: Prof. Dr. med. Jochen Seißler, Schwerpunktleiter der Diabetologie an der Medizinischen Klinik - Innenstadt der Ludwig-Maximilians-Universität München (Bild 1); Zellersatztherapie (Bild 2).
Bildquellen: Deutsche Diabetes-Gesellschaft und Referent.

zuletzt bearbeitet: 26.05.2006 nach oben

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