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Volkskrankheit Diabetes mellitus

Der Nutzen gezielter Ernährungsmaßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung des Diabetes mellitus ist bewiesen

Editorial von Dr. med. Alexander Mauckner in der aktuellen Ausgabe von diaita - Zeitschrift für Diätetik: Der Nutzen gezielter Ernährungsmaßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung des Diabetes mellitus und seiner chronischen Komplikationen ist bewiesen. Die Ernährungsberatung des Diabetikers steht aber immer im Spannungsfeld verschiedener Interessen, betont der medizinische Leiter der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V. Doktor Alexander Mauckner, Ernährungsmediziner aus Aachen, im Editorial der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift diaita - Zeitschrift für Diätetik, die sich dem Schwerpunktthema Diabetes mellitus widmet.

Speziell in Deutschland bedienen viele Firmen das Bedürfnis nach fragwürdiger "Diabetiker-Kost". Zwangsweise etablierte standardisierte Beratungsprogramme, sogenannte "Chroniker Programme" liefern nur minimale Inhalte, erschöpfen aber den Beratungselan der Betroffenen. Der Diabetiker wird zudem als normaler Verbraucher und meist sogar kochender Familienvorstand wie alle Bürger gebeutelt von den Schreckensmeldungen der Freveltaten der Nahrungsmittelindustrie von Gammelfleisch bis Gentechnik. Wo steht hier der Arzt und Ernährungswissenschaftler oder Diätassistent?

Wichtig ist, dass die Ernährungsempfehlungen für Menschen mit Diabetes auch der Allgemeinbevölkerung zur Erhaltung der Gesundheit empfohlen werden. Deshalb sollte sich die Nahrung für Diabetiker nicht wesentlich von der unterscheiden, die für die ganze Familie empfehlenswert ist. Komplettes Stillen während der ersten Lebensmonate kann das Risiko der Kinder für die Entstehung eines Typ 1 Diabetes verringern. Es ist erwiesen, dass die Vermeidung von Übergewicht das Risiko zur Entwicklung eines Typ 2 Diabetes vermindert.

Diabetiker, die bereits normgewichtig sind, benötigen keine spezielle Empfehlung für ihre Kalorienzufuhr. Übergewichtige Diabetiker benötigen jedoch besondere Beratung, wie sie eine fettärmere und ballaststoffreichere Kost im täglichen Leben realisieren können. Die besagten Standardschulungen reichen hier keineswegs aus. Wunderdiäten für Diabetiker gibt es nicht und spezielle, industriell designte "Lebensmittel für Diabetiker" braucht niemand. Statt dessen benötigen sie eine persönliche Beratung durch Ernährungsprofis nach vorangegangener Erhebung einer strukturierten Ernährungsanamnese, orientiert nach genauer Festlegung der Diagnosen an den therapeutischen Möglichkeiten und den speziellen Vorlieben des Diabetikers. Dies kann nur durch geschulte Ärzte, spezielle Ernährungsfachkräfte und Diabetesteams erfolgen.

Zu den einzelnen Bestandteilen der Nahrung ist viel geforscht und publiziert worden. So muss zum Schutz der Nieren mit tierischen Eiweißlieferanten sparsam umgegangen werden und durch Bevorzugung pflanzlicher Eiweißquellen gleichzeitig gesättigte Fette reduziert werden. Der Zuckergehalt in vielen Nahrungsmitteln ist für die Stoffwechseleinstellung des Diabetikers oft das viel geringere Problem als der zumeist gleichzeitig enthaltene hohe ungünstige Fettanteil. Öle, wie zum Beispiel Rapsöl, Leinöl, Erdnussöl und Haselnussöl, haben einen hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren, die ohne Nachteil großzügig genutzt werden können. Fetthaltige Nahrungsmittel mit günstigem Fettsäuremuster (Erdnussbutter, Macadamianüsse, Mandeln, Avocados und Oliven, Hering, Lachs, Makrelen und Thunfisch sowie grünblättrige Gemüse) helfen, eine angemessene Aufnahme der gefäßschützenden günstigen Omega-3-Fettsäuren sicherzustellen.

Natürlich muss die Beratung dann auch die Fragen ökologischer Produktion und Fangmethoden, Bestandschutz und Nachhaltigkeit erfassen. Angesichts der erwiesenen Qualitätsunterschiede ein bisher sträflich vernachlässigter Bereich! Eine höhere Ballaststoffaufnahme ist bei Diabetikern mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen verbunden, wovon sowohl Blutzucker- und HbA1c-Werte sowie Blutfette profitieren. Mikronährstoffe spielen beim Schutz vor oxidativem Stress, der durch die Reaktion freier Radikale entsteht, eine wichtige Rolle. Den Vitaminen E (α-Tocopherol), Vitamin C (Ascorbinsäure) und dem Pro-Vitamin A (β-Carotin) kommen hierbei besondere Bedeutung zu.

Fünfmal pro Tag eine Portion Gemüse und/oder frisches Obst, gelegentlich ein paar Nüsse und die Zubereitung von Speisen unter der Verwendung von pflanzlichen Ölen, sind ein wichtiger Schritt zur ausreichenden Vitaminversorgung des Diabetikers. Regelmäßige Aufnahme von Lebensmitteln mit rasch bioverfügbaren Folaten hilft, einen angemessenen Folatstatus sowie ausreichende Homocysteinspiegel im Blut sicherzustellen, um das Risiko für Herzgefäßerkrankungen zu mindern. Weiter kontrovers ist die Rolle des Alkohols. Der angebliche Nutzen kleiner, erwünschter Mengen pro Tag steht erwiesenen Schäden und speziellen diabetologischen Risiken gegenüber. Kein Diabetiker muss Alkohol aus Gründen der Gesundheit zu sich nehmen.

Eine zeitgemäße Ernährungsberatung für Diabetiker muss ganzheitlich und individuell sein und darf sich nicht im "Absingen" vorgefertigter Schaubildchen und Schulungsprogramme erschöpfen. Diese mögen eine minimale Grundversorgung garantieren, werden jedoch den Fragen der Betroffenen und der Komplexität der Ernährungswelt nicht gerecht.

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zuletzt bearbeitet: 29.03.2006 nach oben

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