Das unabhängige Diabetes-Portal DiabSite

Home > Aktuelles > Diabetes-Nachrichten > Archive > 2004 > 040302

Klaus Theo Schröder: Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung 2003 geringer als erwartet

Vorzieheffekte beeinflussen Finanzergebnisse

Zur Veröffentlichung der vorläufigen Finanzergebnisse der Krankenkassen im Jahr 2003 erklärt der Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, Dr. Klaus Theo Schröder:

"Die gesetzliche Krankenversicherung hat das Jahr 2003 bei einem Ausgabenvolumen von knapp 145 Mrd. Euro mit einem Defizit von rund 2,9 Mrd. Euro abgeschlossen. Das ist besser als erwartet. Ohne die Vorzieheffekte im 4. Quartal - insbesondere bei Arzneimitteln sowie bei Brillen und Zahnersatz - hätten die Krankenkassen rund 0,8 Mrd. Euro weniger ausgegeben und das Defizit wäre entsprechend niedriger ausgefallen.

Alle Erfahrungen vor und nach Inkrafttreten größerer Reformvorhaben mit Auswirkungen auf das Leistungsrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung zeigen, dass solche Vorzieheffekte zum größten Teil in den Folgemonaten wieder ausgeglichen werden. Insofern haben sich die Voraussetzungen für eine schrittweise finanzielle Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung und für spürbare Beitragssatzsenkungen durch die Krankenkassen, die wir mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen haben, nicht geändert.

Mit der Gesundheitsreform werden die gesetzlichen Krankenkassen bereits im Jahr 2004 in einer Größenordnung zwischen 9 und 10 Mrd. Euro entlastet. Krankenkassen mit knapp 13 Mio. Versicherten haben ihre Beitragssätze bereits zum 1. Januar 2004 gesenkt. Weitere Kassen mit ca. 13 bis 14 Mio. Versicherten haben Beitragssatzsenkungen zum 1. April bzw. zum 1. Mai beschlossen. Auch die übrigen Krankenkassen und die zuständigen Aufsichtsbehörden müssen jetzt dafür sorgen, dass vorhandene Spielräume für Beitragssatzsenkungen genutzt und zeitnah Versicherte und Arbeitgeber entlastet werden."

Einnahmen- und Ausgabenentwicklung

Die Daten des 1. bis 4. Quartals zeigen, dass die Grundlöhne der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung mit einer Veränderungsrate von -0,26 v. H. gegenüber dem Jahr 2002 weiter rückläufig waren. Der Zuwachs bei den Leistungsausgaben betrug ca. 1,7 v. H.. Ohne Vorzieheffekte hätte er lediglich bei gut 1 % gelegen.

Entwicklung in einzelnen Leistungsbereichen:

Im Arzneimittelbereich gab es nach einer weitgehend moderaten Entwicklung in den ersten drei Quartalen im 4. Quartal einen enormen Ausgabenschub von + 11 v. H., das waren fast 0,6 Mrd. Euro mehr als im 4. Quartal 2002. Allein im Dezember 2003 lagen die Arzneimittelausgaben nach Erkenntnissen des Deutschen Apothekerverbandes um rund 0,6 Mrd. Euro über den Ausgaben von Dezember 2002. Von einer wirtschaftlichen Verordnungsweise der Ärzte kann bezogen auf diesen Vorzieheffekt (Arzneimittel auf Vorrat) in keiner Weise ausgegangen werden. Für das gesamte Jahr 2003 führte die Beschleunigung der Ausgabenentwicklung zu einem Ausgabenzuwachs von ca. 2,0 % im gesamten Jahr 2003, nachdem es im 1.-3. Quartal noch einen Rückgang von -0,9 v. H. gegeben hat. Ohne die Rabattregelungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes, die die Apotheken, den pharmazeutischen Großhandel und die Pharmaindustrie im Jahr 2003 be- und die gesetzliche Krankenversicherung entlasteten, hätte der Anstieg bei den Arzneimittelausgaben in 2003 sogar knapp 10 v. H. betragen.

Im vergangenen Jahr setzte sich der starke Trend zur Verordnung teurer Arzneimittel unvermindert fort. Die jetzt von den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen beschlossene Einführung von weiteren Festbeträgen, die künftige Einbeziehung von Analogpräparaten in die Festbeträge sowie die künftig erfolgende Nutzenbewertung von Arzneimitteln durch das unabhängige Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sind somit zentrale Schlüssel zur notwendigen Begrenzung der Arzneimittelausgaben. Erste Erkenntnisse des Deutschen Apothekerverbandes für den Monat Januar 2004 aus dem Bereich süddeutscher Apotheken deuten auf einen Ausgabenrückgang von rund 30 v. H. gegenüber dem Januar 2003 hin. Dieser Rückgang dürfte auch aus einem Ausgleich von Vorzieheffekten aus dem letzten Quartal des vergangenen Jahres resultieren.

Im Krankenhausbereich verlief die Ausgabenentwicklung mit einer Zuwachsrate von 1,8 v. H. sehr moderat. Die wahlweise Einführung der Fallpauschalen im Jahr 2003 hat somit nicht zu der von einigen befürchteten Expansion der Ausgaben im stationären Sektor geführt. Im Gegenteil: Wir haben allen Anlass, davon auszugehen, dass die in rund der Hälfte der deutschen Krankenhäuser bereits erfolgte Einführung von Fallpauschalen einen wichtigen Beitrag zu einer verbesserten Effizienz der Krankenhausversorgung leistet. Zu nennen sind insbesondere verkürzte Verweildauern und eine Verbesserung der Ablauforganisation, die in vielen Krankenhäusern in Angriff genommen wird.

Die überproportionale Zuwachsrate von 4,5 v. H. im Bereich der Hilfsmittel ist im wesentlichen auf Vorzieheffekte bei Brillen zurückzuführen, die im gesamten Jahr 2003 um rund 21 v. H. und im isolierten 4. Quartal sogar um rund 67 v. H. angestiegen sind.

Bei Heilmitteln (4,8 v. H.) und Fahrkosten (4,9 v. H.) hat es zwar keine Vorzieheffekte gegeben. Hier sind die Steigerungsraten, die schon auf starke überproportionale Zuwächse in den vergangenen Jahren aufsetzen, deutlich zu hoch. Durch die Begrenzung bei den Leistungen für ambulante Fahrkosten unter Berücksichtigung der neuen Krankentransportrichtlinien ist in diesem Bereich seit Jahresanfang mit deutlichen Einsparungen zu rechnen, ohne dass die medizinisch notwendige Versorgung der Patientinnen und Patienten eingeschränkt wird. Die Neufassung der Heilmittelrichtlinien, die zum 01.04.2004 in Kraft tritt, wird die Voraussetzungen für eine qualitätsgesicherte und wirtschaftlichere Heilmittelversorgung entscheidend verbessern.

Auch im Bereich des Zahnersatzes hat sich die Ausgabenentwicklung im 4. Quartal deutlich beschleunigt. Die Zuwachsrate von rund 7,5 v. H. im gesamten Jahr 2003 ist durch einen Zuwachs von 16,1 v. H. im isolierten 4. Quartal 2003 geprägt. Hier ist es offensichtlich zu einer völlig überflüssigen Verunsicherung der Versicherten gekommen, obwohl sich weder beim Leistungskatalog noch bei der Finanzierung im Jahr 2004 etwas ändert.

Der Anstieg bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen hat sich im 4. Quartal nicht abgeflacht und ist mit einer Veränderungsrate von 3 v. H. weiterhin zu hoch, auch wenn die einzelnen Kassen und Kassenarten hier höchst unterschiedliche Zuwachsraten aufweisen. Die mit der Gesundheitsreform eingeführte strikte Anbindung der Verwaltungskosten an die beitragspflichtigen Einnahmen in den Jahren 2004 bis 2007 ist deshalb zwingend erforderlich und wird zu einer deutlichen Ausgabenbegrenzung führen.

Positiv zu bewerten ist die Zuwachsrate von 12,7 v. H. bei den Ausgaben für soziale Dienste/Prävention. Dieser Anstieg ist insbesondere auf hohe Veränderungsraten bei der Selbsthilfeförderung von +19,5 v. H., bei der Primärprävention/betriebliche Gesundheitsförderung von 38,2 v. H. sowie bei Schutzimpfungen von 12,4 v. H. zurückzuführen, auch wenn die Krankenkassen im Jahr 2003 die gesetzlich vorgesehenen Ausgaben bei Selbsthilfegruppen sowie im Bereich der Primärprävention immer noch nicht vollständig ausgeschöpft haben. Mit der Gesundheitsreform haben wir die Prävention und Gesundheitsförderung weiter gestärkt.

Der deutliche Rückgang der Ausgaben für Krankengeld um -7,4 v. H. ist auch ein Spiegelbild des im letzten Jahr in Deutschland außergewöhnlich niedrigen Krankenstands.

In den einzelnen Ausgabenbereichen gab es im 1. bis 4. Quartal 2004 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum folgende Veränderungsraten:

  West Ost Bund Ost-West-Quote
je Versicherten
Ärztliche Behandlung 2,2 3,6 2,7 82,1
Behandlung durch Zahnärzte ohne Zahnersatz 0,9 - 0,9 0,6 97,2
Zahnersatz 7,0 10,0 7,5 100,1
Arzneimittel 1,9 2,2 2,0 118,4
Hilfsmittel 3,8 7,7 4,5 105,7
Heilmittel 4,5 6,4 4,8 84,5
Krankenhausbehandlung 1,2 4,7 1,8 109,7
Krankengeld - 7,8 - 5,5 - 7,4 87,8
Fahrkosten 4,9 4,9 4,9 124,7
Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen - 3,9 0,5 - 3,3 89,2
Soziale Dienste/Prävention 14,1 6,2 12,7 97,1
Schwangerschaft/Mutterschaft 3,6 11,0 4,6 74,1
Häusliche Krankenpflege 0,5 5,6 1,5 128,6
Sterbegeld - 45,1 - 43,9 - 44,8 122,3
Ausgaben für Leistungen insgesamt 1,4 3,3 1,7 101,9
Verwaltungskosten 3,4 0,9 3,0 96,8

Anlage (PDF-Datei, 130 kb): Ausgabenanteile 1.-4. Quartal 2003.

zuletzt bearbeitet: 02.03.2004 nach oben

Unterstützer der DiabSite:

Birgit Ruben

Birgit Ruben

Weitere Angebote:

Spendenaufruf Ukraine

Hilfeaufruf Ukraine

Diabetes-Portal DiabSite startet Spendenaufruf für Menschen in der Ukraine.