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Stammzellen normalisieren Blutzuckerspiegel bei Mäusen

50.000 Euro für Grundlagenforschung mit Anwendungsbezug - langjährige exzellente Forschung mit Stammzellen gewürdigt

Leibniz-Forscherin Anna Wobus erhält den Wissenschaftspreis des Stifterverbandes

Dr. Anna Wobus Dr. Anna Wobus erhält den Wissenschaftspreis des Stifterverbandes in der Kategorie "Gesellschaft braucht Wissenschaft". Der Preis wurde in Zusammenarbeit mit der Leibniz-Gemeinschaft entwickelt und geht jeweils an einen Forscher aus ihren Reihen. Stifterverbands-Präsident Arend Oetker überreicht die Auszeichnung am 19. November auf der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft.

Wobus forscht seit 23 Jahren an embryonalen Stammzellen von Mäusen. Das sind Zellen, die noch nicht auf ihre spätere Aufgabe im Körper festgelegt sind und sich zu unterschiedlichen Gewebezellen wie Leber- oder Muskelzellen entwickeln können. Die am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung im sachsen-anhaltinischen Gatersleben tätige Privatdozentin ist eine der angesehensten deutschen Expertinnen auf diesem Gebiet.

"Anna Wobus ist nicht nur eine hervorragende Wissenschaftlerin, sondern hat für ihr Forschungsgebiet stets engagiert öffentlich Position bezogen. Deswegen haben wir sie dem Stifterverband als Preisträgerin vorgeschlagen", begründete Hans-Olaf Henkel, der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, die Auswahl von Wobus. "Die Jury hat eine sehr überzeugende Wahl getroffen, denn Frau Wobus ist nicht nur eine hervorragende Wissenschaftlerin, sondern sie arbeitet zugleich auf einem gesellschaftlich sensiblen Feld", sagte Dr. Arend Oetker, Präsident des Stifterverbandes, anlässlich der Auswahl von Anna Wobus durch die Jury.

Der Preis steht in einer Reihe mit den Wissenschaftspreisen, die der Stifterverband auf Vorschlag der großen Wissenschaftsorganisationen in unterschiedlichen Kategorien verleiht. Der Stifterverband hat den Wissenschaftspreis vor sechs Jahren initiiert, um Forscher öffentlich auszuzeichnen, die über ihre exzellente Forschung hinaus besonders zukunftsweisende Arbeitsweisen anwenden oder Wirkungen erzielen. Wobus ist die zweite Preisträgerin der Leibniz-Gemeinschaft.

Maus-Stammzellen produzieren Insulin

Maßgeblich für die Entscheidung der Jury war eine Veröffentlichung in der US-amerikanischen Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS, Blyszczuk et al., 100:998-1003, 2003). Darin berichtet Wobus über einen bedeutenden Fortschritt auf dem Weg zur Behandlung der Zuckerkrankheit (Diabetes) mit Stammzellen. Gemeinsam mit Mitarbeitern der Firma DeveloGen in Göttingen gelang es der Arbeitsgruppe von Anna Wobus, embryonale Stammzellen der Maus so zu programmieren, dass sie Insulin, das Blutzucker regulierende Hormon, produzieren. Nach Übertragung der Zellen in Versuchstiere normalisierte sich der Blutzuckerspiegel der zuckerkranken Mäuse.

Wobus warnt allerdings vor übertriebenen Hoffnungen auf eine baldige Behandlung menschlicher Leiden mit Stammzellen. "Um mit Stammzellen heilen zu können, muss man wissen, wie man die Stammzellen in reiner Form gewinnt, wie man sie effektiv vermehrt und daraus den gewünschten Zelltyp entwickelt, und wie man verhindert, dass sie später in krankhafter Form wuchern." All diese Fragen seien heute noch weitgehend offen, so Wobus.

Die im Vogtland geborene und in der DDR aufgewachsene Forscherin arbeitet seit 23 Jahren in Gatersleben. Der kleine Ort ist vor allem durch das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung bekannt. Hier gibt es eine berühmte Kulturpflanzenbank mit mehr als 150.000 Pflanzenmustern, und mittlerweile entwickelt sich rund um die Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft ein Standort der grünen Biotechnologie. Die Forschung der Arbeitsgruppe von Anna Wobus ist in diesem Rahmen ein wenig exotisch, aber sehr erfolgreich.

Nach dem Studium in Greifswald kam sie 1969 als wissenschaftliche Mitarbeiterin nach Gatersleben in die Abteilung für Zytogenetik, der Wissenschaft, die sich mit den Strukturen der Vererbung in den Zellen befasst. Sie begann an kultivierten Säugerzellen zu erforschen, welche genetischen Veränderungen chemische Mutagene in Zellen auslösen, und entwickelte zytogenetische Testsysteme für die Mutationsforschung.

Aus diesen Arbeiten entstand Ende der siebziger Jahre eine neue Forschungsrichtung am Institut, die Entwicklungsbiologie. Verwendet wurden dabei embryonale Stammzellen, die damals noch aus Tumoren von Keimzellen isoliert wurden. Der nächste Schritt war dann in den frühen achtziger Jahren die direkte Gewinnung von embryonalen Stammzellen aus Mäuseembryonen. In dieser Zeit interessierte sich kaum jemand für Zellen, die in Kultur zu spezialisierten Zellen heranwuchsen. Gerade für den Menschen gab es damals keine Visionen. "Ein Nischenthema - so habe ich es bis 1998 empfunden," erklärt Anna Wobus. 1998 wurden in den USA die ersten embryonalen Stammzellen aus menschlichen Embryonen in Kultur etabliert. Damit wurde das Thema hochinteressant.

Neben ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit koordiniert Anna Wobus das Schwerpunktprogramm 1109 der Deutschen Forschungsgemeinschaft zum Thema "Embryonale und somatische Stammzellen" und ist Mitglied verschiedener Ethikkommissionen. Sie hat sich klar gegen das reproduktive Klonen ausgesprochen, befürwortet jedoch die kontrollierte Forschung an embryonalen Stammzellen des Menschen.

Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft entwickelt Förderprogramme und unterstützt Initiativen, die exemplarisch zur Lösung von strukturellen Problemen in Hochschule und Wissenschaft beitragen. Näheres unter www.stifterverband.org.

Der Leibniz-Gemeinschaft gehören das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung und 79 weitere außeruniversitäre Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung mit 12.400 Mitarbeitern und einem Gesamtetat von 950 Millionen Euro an.

Bildunterschrift: Dr. Anna Wobus
Bildquelle: Leibniz-Gemeinschaft

zuletzt bearbeitet: 14.11.2003 nach oben

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